Ab sofort gültig

F: Erste Muslimin droht mit Klage gegen Burka-Verbot

Ausland
11.04.2011 11:56
Seit Montag gilt in Frankreich das Burka-Verbot - und schon droht eine erste Muslimin mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. "Dieses Gesetz ist ein Verstoß gegen meine europäischen Rechte", sagte Kenza Drider (Bild) aus der südfranzösischen Stadt Avignon. Die 32-Jährige kam - bis auf einen Augenschlitz verhüllt - am Montagvormittag mit dem Zug in der Hauptstadt Paris an, wo sie zu einer Fernsehsendung eingeladen ist. Schon am Bahnhof wurde sie von zahlreichen Journalisten umringt.

Es sei ihr Recht, sich frei zu bewegen, ihre Meinung zu äußern und ihre Religion auszuüben, erklärte Drider. "Ich begehe kein Verbrechen, ich bin durch und durch Französin, und ich übe meine europäischen Rechte aus", so die vierfache Mutter.

Unterstützung bekam Drider von mehreren Musliminnen, die vor der Kathedrale Notre-Dame gegen das Verschleierungsverbot demonstrierten (siehe Video oben). Dabei wurde eine der Frauen von der Polizei festgenommen, da nach deren Angaben der Protest nicht angemeldet gewesen sei.

Muslimin: "Fühle mich nackt ohne Schleier"
Die wenigen betroffenen Frauen, die sich bereits am Wochenende gegenüber französischen Medien über das Burka-Verbot äußerten, schwanken zwischen Wut und Verzweiflung. "Das ist ein Angriff auf die Freiheitsrechte", meinte eine Muslimin. Nun werde man in die soziale Isolation getrieben. Viele Musliminnen verschleierten sich freiwillig, ohne Zwang der Ehemänner oder Väter, hieß es. "Ich fühle mich nackt ohne Schleier", erklärte eine Schleierträgerin, die sich Soraya nennt, im französischen Rundfunk. "Es ist meine Wahl. Mein Mann hat damit nichts zu tun."

In Frankreich ist es ab sofort gesetzlich und bei Strafe verboten, in der Öffentlichkeit sein Gesicht zu verschleiern. Für Verstöße gegen das als Vermummungsverbot formulierte Gesetz ist eine Strafe von 150 Euro vorgesehen. Zusätzlich oder alternativ dazu kann den Frauen ein Kurs in Staatsbürgerkunde auferlegt werden. Männer, denen nachgewiesen werden kann, Frauen zum Tragen eines solchen Schleiers zu zwingen, sollen mit bis zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe von 30.000 Euro büßen. Sind die Genötigten minderjährig, kann der Richter sogar zwei Jahre Haft und 60.000 Euro Strafe verhängen. Das Gesetz soll vor allem Frauen und ihre Rechte schützen.

Polizei: Gesetz "unendlich schwierig anzuwenden"
Die Bestimmung  werde allerdings "unendlich schwierig anzuwenden" sein, warnte die Polizeigewerkschaft. Wenn die Exekutive in der Öffentlichkeit eine verschleierte Muslimin sehe, werde sie die Frau ansprechen und "belehren", sagte Manuel Roux von der Gewerkschaft SCPN. Sollte die Frau aber auf dem Schleier beharren, werde es "richtig kompliziert" - denn die Polizei könne sie nicht zwingen und sei zudem vom Innenministerium eigens angewiesen worden, "bloß keine Gewalt" anzuwenden. Schon ein einfaches Einschreiten der Beamten werde zu Ärger führen, sagte Roux. "Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn wir eine verschleierte Frau in einem Problemviertel ansprechen."

Sarkozy: "Burka ist in Frankreich nicht willkommen"
Nach Angaben des Innenministeriums verbergen allerdings kaum mehr als 2.000 Französinnen ihr Gesicht hinter Kleidungsstücken, die nur schmale Sehschlitze für die Augen offen lassen (Nikab) oder diese sogar noch mit einem Gitterschleier verdecken (Burka). Die meisten Politiker sehen den Vollschleier als Symbol der Unterdrückung von Frauen und als Zeichen eines fundamentalistischen Islams.

Bei der Abstimmung über das Verbot im Senat votierte nur ein einziger Abgeordneter dagegen. Präsident Nicolas Sarkozy hatte rund ein Jahr zuvor den Kurs vorgegeben: "Die Burka ist kein religiöses Zeichen, sondern ein Zeichen der Unterwerfung. Sie ist in Frankreich nicht willkommen."

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