Kaczynski-Tod

Polen beging Jahrestag des Smolensk-Unglücks

Ausland
10.04.2011 15:34
Polen hat am Sonntag der Opfer des Flugzeugabsturzes bei der russischen Stadt Smolensk vor einem Jahr gedacht. Im ganzen Land fanden Gedenkveranstaltungen und Gottesdienste statt. Bei dem Unglück waren am 10. April 2010 neben dem damaligen Präsidenten Lech Kaczynski und dessen Ehefrau (am Bild rechts) auch alle weiteren 94 Passagiere gestorben, unter ihnen Abgeordnete, Ministerialbeamte und die gesamte Führung der Armee.

"Aus der heutigen Perspektive können wir sehen, welch großes Drama und welch großen Schmerz die Tragödie für die polnische Nation bedeutete", sagte Präsident Bronislaw Komorowski bei einem Staatsakt auf dem Warschauer Powazki-Friedhof, wo sich ein Denkmal für die Opfer befindet. Er versuche, "mit den Herzen der Hinterbliebenen zu fühlen". Zuvor hatte Komorowski um 8.41 Uhr, dem Unglückszeitpunkt, gemeinsam mit Ministerpräsident Donald Tusk einen Kranz für die Opfer in der Feldkathedrale der Polnischen Armee niedergelegt.

Bruder Jaroslaw boykottiert Feiern
Der polnische Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, Zwillingsbruder des in Smolensk verunglückten Präsidenten, blieb den offiziellen Feiern demonstrativ fern. Er wirft Komorowski und Tusk vor, nicht genug für die Aufklärung der Ursachen des Unglücks zu unternehmen. Kaczynski legte für seinen Bruder einen Kranz vor dem Warschauer Präsidentenpalast nieder und würdigte die Verstorbenen mit einer Schweigeminute.

Die politische Auseinandersetzung um die Katastrophe und ihre Aufklärung wurde auch am Jahrestag sichtbar. Die Anhänger von Jaroslaw Kaczynski in der Warschauer Innenstadt hielten Plakate in die Höhe, auf denen sie der Regierung Kumpanei mit Russland und Vertuschung der Unglücksursachen vorwarfen. Die Entscheidung der Polizei, nur zehn Abgeordnete von Kaczynskis Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) vor die Absperrung am Präsidentenpalast zu lassen, quittierten die Versammelten mit "Gestapo"-Sprechchören.

"Putin - ein Mörder, Tusk - ein Verräter"
Schon am Samstag hatten PiS-Sympathisanten vor der russischen Botschaft in Warschau demonstriert und die Herausgabe von Beweismitteln zum Flugzeugabsturz verlangt. Sie zeigten dabei Transparente mit Aufschriften wie "Putin - ein Mörder, Tusk - ein Verräter". Die Polizei nahm einen Mann fest, der eine Puppe in der Gestalt des russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin verbrannte.

Die katholische Kirche in Polen versuchte, mäßigend auf die Demonstranten einzuwirken. In einem am Sonntag bei den Messen verlesenen Hirtenbrief der Bischofskonferenz heißt es, Polen sollten einander nicht verleumden. Die Katastrophe solle vielmehr dazu beitragen, die "gegenseitigen Beziehungen in unserem Vaterland, in Europa und der Welt" zu festigen. Gleichzeitig riefen die Bischöfe dazu auf, die Trauer zu beenden. "Wir helfen den Verstorbenen nicht, wenn wir uns in Ewigkeit an ihrem Grab aufhalten", heißt es in dem Brief.

Gedenktafel sorgt für weiteren Unmut
Die Beziehungen zwischen Polen und Russland wurden am Samstag durch den Austausch einer Gedenktafel für die Opfer des Flugzeugabsturzes am Flughafen von Smolensk belastet. Örtliche Behörden hatten die von Polen gestiftete Tafel durch eine neue, zweisprachige ersetzt, die jedoch weniger Informationen enthält. Insbesondere fehlt nun der Hinweis, dass die verunglückten Passagiere zu einer Gedenkfeier für die Tausenden 1940 in Katyn vom Sowjet-Geheimdienst ermordeten polnischen Offiziere und Zivilisten reisten.

Das polnische Außenministerium verlangte von Russland eine Erklärung für den Austausch der Tafel. Präsident Komorowski kündigte an, bei seinem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Dmitri Medwedew am Montag in Smolensk nicht wie vorgesehen einen Kranz an der Tafel niederzulegen. Das Treffen werde aber dennoch stattfinden, erklärte Präsidenten-Berater Tomasz Nalecz, "denn wir müssen den Dialog fortsetzen".

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