Sanktionen möglich

Hundstorfer will “Ausbildungspflicht” für Jugend

Österreich
10.04.2011 13:11
Sozial- und Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will in den nächsten Monaten die 2008 von der Regierung abgegebene "Ausbildungsgarantie" für Lehrlinge in eine "Ausbildungspflicht" verwandeln und schließt dabei auch Sanktionen nicht aus. Unternehmen sollten Jugendliche, die nicht in Ausbildung sind, nicht mehr so ohne Weiteres anstellen dürfen - notfalls solle auch die Familienbeihilfe entzogen werden, sagte Hundstorfer am Sonntag. Außerdem tritt der Ressortchef für eine Reform bzw. "Verkleinerung" der Pensionskommission ein.

Rund 10.000 der 100.000 jungen Menschen, die jedes Jahr aus der Schulpflicht kommen, verrichten entweder gleich Hilfsarbeiten (rund 50 Prozent) oder sind weder am Arbeitsmarkt noch in einer Ausbildung auffindbar. "Meine Sorge sind die 10.000 Jugendlichen pro Jahrgang, weil die gehen in eine Generation ohne Zukunft", so Hundstorfer in der ORF-"Pressestunde".

Der Minister will es Unternehmen erschweren, 15-Jährige ohne Qualifikation anzuheuern - damit würden "Jugendliche frühzeitig als Hilfskräfte abgestempelt". Wenn "alle Stricke reißen, ist auch die Frage der Familienbeihilfe anzusprechen". Er sei "dafür, dass wir uns diese Sanktion aufmachen". Es gebe schließlich auch eine Schulpflicht, sagte Hundstorfer. Es gehe ihm aber primär darum, für die Jugendlichen "Chancen und Angebote" zu schaffen.

Kommt Reform der Pensionskommission?
Hundstorfer kündigte am Sonntag auch einen "ernsthaften Dialog" bezüglich einer möglichen Reform der Pensionskommission an. Auflösen wolle er die Kommission nicht, er präferiere jedoch eine "gewisse Verkleinerung" des derzeit 34 Personen umfassenden Gremiums. Zuletzt hatte sich die Pensionskommission in drei Anläufen auf keine konkreten Empfehlungen an die Politik einigen können.

Der Vorsitzende des Gremiums, Bernhard Schwarz, meinte demnach, man könnte eigentlich auch Papageien in die Kommission entsenden, die aus Experten sowie aus Vertretern der Parteien und der Sozialpartner besteht. Nur noch Fachleute zu entsenden, würde dem Sozialminister aber nicht gefallen. Er wolle die Mischung grundsätzlich beibehalten: "In der Mischung liegt die Würze."

Invaliditätspension weiter ein Problem
Was die notwendige Anhebung des Pensionsalters angeht, verwies Hundstorfer einmal mehr auf das Problem der Invaliditätspension, die das Antrittsalter entscheidend senke. Da werde man mit Vorsorgeprogrammen anzusetzen versuchen, dass schon bei der ersten kranken Bandscheibe das Problem erkannt werde und nicht erst bei der fünften. Zudem müsse auch die Einstellung der Arbeitgeber geändert werden: Derzeit würden die Leute darauf hingetrimmt, beim erstmöglichen Termin in den Ruhestand zu wechseln.

Regierungsarbeit gelobt: "A tolle Hack'n"
"Keine Nanosekunde" einen Zweifel hat Hundstorfer, dass die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode durchhält. Denn man habe ja auch bisher viel zusammengebracht, etwa dass der Privatkonsum nicht zusammengebrochen sei, dass es gute Handelszahlen gebe oder dass die Arbeitslosigkeit niedrig sei: "Das ist ja nicht Jux und Tollerei, das is a tolle Hack'n."

Den krankheitsbedingten Ausfall von Finanzminister Josef Pröll bei den Budgetverhandlungen hat Hundstorfer nicht ausgenützt, es sei mit den Staatssekretären genauso professionell verhandelt worden. Über Details, was sein Budget angeht, äußerte sich der Sozialminister nicht.

Kritik der Opposition: "Kein Lösungsansatz"
Kein gutes Haar an Hundstorfers Aussagen zur Pensionspolitik ließ erwartungsgemäß die Opposition. Der Ressortchef habe "keinen Lösungsansatz", kritisierte FP-Seniorensprecher Werner Neubauer. Dass ein Drittel der Menschen in die invaliditätsbedingte Frühpension gehe und das Antrittsalter sowohl bei Männern als auch bei Frauen klar unter 60 Jahren liege, seien Alarmsignale, auf die man mit anderer Geschwindigkeit und Entschlossenheit reagieren müsse, als Hundstorfer dies offenbar vorhabe.

Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger vermisste ein klares Konzept zur Zukunft der Pensionsreformkommission: "Die Kommission verkleinern zu wollen, aber die Mischung beizubehalten wird schwer funktionieren." Die Seniorenvertreter hätten in dem Gremium nichts mehr verloren, spielten sie doch eine kontraproduktive Rolle. Licht und Schatten sieht die Grüne Arbeitnehmerinnensprecherin Birgit Schatz in Hundstorfers "Ausbildungsverpflichtung": "Primär sollte es dabei darum gehen, die Politik 'in die Pflicht' zu nehmen und nicht nur die Jugendlichen, ihre Eltern und die Unternehmen."

BZÖ-Sozialsprecherin Ursula Haubner betonte, dass die Pensionskommission nicht nur verkleinert, sondern deren Aufgaben auch erweitert werden müssten. "Auch der öffentliche Dienst und die zweite und dritte Säule müssen mit einberechnet werden", verlangte die frühere Sozialministerin.

Lob von WK-Chef Leitl und SPÖ-Pensionisten
Die Wirtschaftskammer begrüßt grundsätzlich die von Hundstorfer angestrebte Ausbildungspflicht für Jugendliche: "Die Ausbildungspflicht muss auf jeden Fall bei den Jugendlichen selbst ansetzen und nicht bei den Unternehmen", sagte Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl. Die Verknüpfung der Ausbildungspflicht mit der Familienbeihilfe sei "ein hilfreiches Instrument". Auch dass Hundstorfer Anreize für einen späteren Pensionsantritt setzen will gefällt Leitl, der akuten Handlungsbedarf ortet: "Derzeit ist man in Österreich schlechter dran, wenn man länger im Erwerbsleben bleibt. Diese Praxis müssen wir schleunigst abstellen. Es darf niemandem ein finanzieller Vorteil erwachsen, wenn er zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension geht."

Wenig überraschend Lob für den Sozialminister kam auch von den roten Pensionisten. Hundstorfer werde "zu 200 Prozent" dabei unterstützt, die gesundheitsbedingten und arbeitslosigkeitsbedingten Frühpensionierungen zu bekämpfen, erklärte Pensionistenverbands-Präsident Karl Blecha.

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