Global-2000-Test

Cäsium in Fleisch von Wildschweinen über Grenzwert

Österreich
08.04.2011 13:42
25 Jahre nach dem Super-GAU von Tschernobyl sind die Auswirkungen in Österreich noch immer spür- bzw. messbar - und das offenbar deutlicher, als angenommen. Die Umweltschutzorganisation Global 2000 hat Stichproben von Wildschweinfleisch testen lassen und präsentierte am Freitag das Ergebnis: Die Grenzwerte von radioaktivem Cäsium wurden klar überschritten. Heftige Kritik muss sich deswegen die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit gefallen lassen.

"Wir waren selbst überrascht. Schon die erste Stichprobe, die wir gezogen haben, war sehr stark belastet", berichtete Atomexperte Reinhard Uhrig von Global 2000. Das getestete Wildschweinfleisch wies laut einem Prüfbericht der Seibersdorf Laboratories eine Radioaktivität von 1.060 Becquerel pro Kilogramm auf - der Grenzwert liegt bei 600 Bq/kg. "Dieses Fleisch hätte sofort vernichtet werden müssen und dürfte nie und nimmer in den Handel kommen. Wir haben es aber ganz normal gekauft", so Uhrig.

Radioaktivität über Pilze aufgenommen
Freilebende Wildschweine würden besonders in der kalten Jahreszeit ihrer Vorliebe nach sogenannten Hirschtrüffel frönen. Diese wachsen tief im Boden und sind daher besonders mit Cäsium belastet, das eine Halbwertszeit von 30 Jahren hat. Ähnlich belastet seien Rentiere in Skandinavien, Schafe in Wales sowie Raubfische in stehenden Gewässern. Als Beispiel für verstrahlte Wildschweine wurde in der jüngsten Berichterstattung durch die AKW-Störfälle in Japan immer wieder der bayerische Wald erwähnt.

Schwere Vorwürfe erhebt Global 2000 gegen die AGES. Das Problem bei Wildschweinen sei schließlich bekannt: "In Baden-Württemberg und Bayern müssen alle geschossenen Wildschweine auf Radioaktivität getestet werden - es gibt immer wieder Fälle von Überschreitungen der Messskala, d.h. von mehr als 10.000 Bq/kg. Kontrolle und Information sind auch in Österreich notwendig. Was die AGES tut, ist aktiv desinformieren und beschwichtigen", kritisierte Uhrig und verglich deren Informationspolitik mit jener der japanischen Nuklearaufsicht. "Es wird behauptet, dass die jährlich aufgenommenen Wildfleisch- und damit Radioaktivitätsmengen so gering sind, dass sie 'gesundheitlich unbedenklich' seien. So nachzulesen auf der AGES-Homepage, wo sogar die zehnfache Überschreitung des Grenzwerts verharmlost wird."

Gesundheitsministerium soll Kontrollen anordnen
"Jeder potenzielle Treffer von ionisierten Strahlen ist gefährlich. Wir sind ohnehin ständig natürlicher Strahlung ausgesetzt, da gilt es, Zusatzbelastungen zu vermeiden", betonte Umweltmediziner Hans-Peter Hutter bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Global 2000. Deshalb sei Information seitens der Behörden überaus wichtig.

Genau das geschehe laut Global 2000 in Österreich kaum bis gar nicht. "Es wird fahrlässig gehandelt - auch vom Gesundheitsminister. Denn der Anteil an freilebenden Wildschweinen, die im Handel sind, ist gering. Deshalb sollte es eigentlich kein Problem sein, jedes geschossene Tier zu kontrollieren."

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