Nach "Lösung"

Slowenien ortet bei Ortstafeln “faulen Kompromiss”

Österreich
04.04.2011 11:27
Zu der am Freitag präsentierten Kärntner Ortstafel-Lösung werden in Slowenien nun auch kritische Stimmen laut. Der liberaldemokratische EU-Abgeordnete und Ex-Außenminister Ivo Vajgl bezeichnete die Einigung als "faulen Kompromiss". Dieser sehe nämlich "weniger als ein Drittel dessen vor, was der Staatsvertrag an zweisprachigen Ortstafeln vorschreibt". Während die FPK und die Kärntner SPÖ das Paket inzwischen abgesegnet haben, sind nach wie vor weitere Hürden zu überwinden.

Die Marburger Tageszeitung "Vecer" sieht in der Lösung in Wirklichkeit ein Diktat: "Die Minderheitenorganisationen kamen sich vor, als hätte man sie an die Wand gestellt", heißt es in einem Kommentar am Montag. Tatsächlich hatte die slowenische Volksgruppenzeitung "Novice" schon vor der letzten Verhandlungsrunde berichtet, der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler schlage einen 17,5-Prozent-Anteil an Slowenen für zweisprachige Ortstafeln vor. Genau diese Prozentgrenze, die 150 bis 160 Ortstafeln bedeutet, wurde in der letzten Verhandlungsrunde vereinbart.

Laut "Vecer" habe Dörfler mit seinem "Sekundanten", Staatssekretär Josef Ostermayer, die Zahl der Ortstafeln "mit der Apothekerwaage" abgewogen. "Gott behüte, dass auch nur eine Tafel zu viel aufgestellt würde." Die Maxime der Kärntner Landespolitik laute nämlich immer noch: "Je weniger zweisprachige Ortstafeln, umso mehr Frieden im Land." Doch dabei handle es sich um eine "Friedhofsruhe". Die nun in verringerter Zahl aufzustellenden Ortstafeln werden somit "eher Grabsteine dieser schrecklichen Ruhe sein als eine Anerkennung für die Minderheit, die angesichts ihres Leidens am Leben geblieben ist".

Vajgl verweist auf VfGH-Erkenntnisse
EU-Mandatar Vajgl erinnerte daran, dass die vom Verfassungsgerichtshof festgelegte Zehn-Prozent-Grenze auf "etwa 400 Ortstafeln" hinauslaufe, und verwies auf die Kritik des Wiener Verfassungsrechtlers Heinz Mayer an der nun gefundenen Lösung. Mayer hatte das Vorgehen am Sonntag als Versuch bezeichnet, "mit einem Verfassungsgesetz die Judikatur auszuhebeln". Vajgl kritisierte zudem die "übereilte" positive Reaktion des slowenischen Außenministeriums auf die Verhandlungsergebnisse. Ljubljana hätte nämlich die Stellungnahme der Gremien aller Volksgruppenorganisationen zur Lösung abwarten müssen.

"Wenn eine der Minderheitenorganisationen die Einigung ablehnt, dann bedeutet das, dass man über eine akzeptablere und gerechtere Lösung verhandeln muss", sagte Vajgl in Anspielung auf den Rat der Kärntner Slowenen, dessen Vorsitzender Valentin Inzko am Freitagabend lediglich erst einmal zugestimmt hatte, die Lösung dem Volksgruppentag ("Zbor narodnih predstavnikov") vorlegen zu wollen. Dass dieser dem Kompromiss auch tatsächlich zustimmt, hielt Inzko dann am Montag für unwahrscheinlich.

Inzko und Sloweniens Regierung skeptisch
 
"Meine Meinung ist die, dass wir der Methodologie des Verfassungsgerichtshofes folgen sollten", sagte Inzko. "Der Verfassungsgerichtshof hat 30 Mal entschieden - immer gleich. Immer mit zehn Prozent slowenischsprachiger Bevölkerung und immer mit der Volkszählung 1991/2001." Inzko: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir nur noch von zehn Prozent ausgehen können. Die Prinzipien können wir nicht aufgeben. Inzko betonte, er wolle "kein Prophet sein. Ich will nicht vorgreifen, was der Volksgruppentag entscheidet". Er glaube aber, dass die Heraufsetzung auf 17,5 Prozent "für die Volksgruppe nicht akzeptabel und auch völkerrechtlich nicht durchsetzbar" sei. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir dafür eine große Mehrheit finden."

Das slowenische Außenministerium hatte sich zunächst positiv zur Lösung geäußert, zugleich aber eine rasche Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln gefordert. Die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Borut Pahor sprachen am Wochenende von einem "Schritt in die richtige Richtung". Mittlerweile hat Laibach seine positive Reaktion aber revidiert. Der Minister für Slowenen im benachbarten Ausland und der Welt, Bostjan Zeks, betonte am Montag, dass eine Zustimmung aller drei Dachorganisationen der Kärntner Slowenen "dringend erforderlich" sei, damit auch Slowenien die Einigung unterstützen könne.

FPK und SPÖ segneten Kompromiss ab
Am Montag haben jedenfalls sowohl FPK als auch die Kärntner SPÖ den erzielten Kompromiss einstimmig abgesegnet. Die SPÖ hatte eigens eine außerordentliche Vorstandssitzung einberufen und dazu auch die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden dazugeholt. Laut Parteichef Peter Kaiser sprachen sich alle für die Lösung aus. Laut FPK-Landeshauptmann Dörfler könnten die letzten noch offenen Detailfragen in dieser Woche geklärt werden.

Freiheitliche wollen noch Volksbefragung
FPK-Obmann Uwe Scheuch ließ am Montag nach dem Parteivorstand ausrichten, dass er nun auch mit dem zuvor noch skeptischen FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache gesprochen habe. Und: "Er trägt die Lösung mit, damit ist die Zweidrittelmehrheit im Parlament gesichert." Zuvor will die FPK nach Absprache mit Strache aber noch eine Volksbefragung über das ausverhandelte Paket abhalten. "Die Volksbefragung ist keine Abstimmung der Mehrheit über die Minderheit, sondern wird eine klare Bestätigung des politischen Verhandlungsergebnisses sein", so Dörfler.

Als "nicht sehr sinnvoll" bezeichnete hingegen SPÖ-Vorsitzender Kaiser die Idee einer Volksbefragung: "Was macht man dann mit dem Ergebnis? Wir leben in einem Rechtsstaat und VfGH-Erkenntnisse sowie Verfassungsgesetze sind einzuhalten und umzusetzen." Wie sich die SPÖ verhalten wird, wenn die FPK die Volksbefragung trotzdem durchsetzt - was sie mit ihrer Mehrheit in der Landesregierung im Alleingang tun kann - darüber habe man noch nicht gesprochen, so Kaiser.

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