"Kein Preiskampf"

ÖBB-Konkurrent Westbahn will mit Service punkten

Österreich
03.04.2011 10:22
In acht Monaten startet die erste private Konkurrenz für die ÖBB auf ihrer Lieblingsstrecke - der Westbahn zwischen Wien und Salzburg. Auf diesen lukrativen 312 Kilometern will das Unternehmen "Westbahn" des Industriellen Hans-Peter Haselsteiner (Strabag) und des Ex-ÖBB-Vorstandes Stefan Wehinger ab 11. Dezember der Staatsbahn Gäste abluchsen - allerdings ohne Preiskampf, wie Wehinger betont. Vielmehr wolle man mit Service punkten - insbesondere solchem, das die ÖBB nicht anbietet, etwa den Ticketkauf im Waggon ohne Zuschlag.

Damit die Westbahn bei gleichen Preisen nicht ähnliche Verluste einfährt wie die angeschlagenen Bundesbahnen, soll das Unternehmen sehr schlank aufgestellt sein. "Wir haben keine Mitarbeiter, die an Bahnhöfen herumsitzen, unser Personal ist im Zug. Damit ersparen wir uns Beschäftigte, die in den Bahnhöfen Tickets verkaufen und Automaten warten", so Wehinger. Außerdem sollen die Westbahn-Schaffner auch kleine Reinigungsarbeiten übernehmen. Im Gegensatz zur ÖBB kommen die Mitarbeiter der Westbahn zu Dienstschluss immer an ihrem Ausgangsbahnhof an, wodurch sich der ÖBB-Konkurrent die Kosten für die Hotelübernachtung des Personals erspart.

Weitere Strecken sollen folgen
Wenn das Projekt Wien-Salzburg auf Schiene ist, will sich Wehinger auch um andere Strecken kümmern. Sehr interessant seien etwa Nebenbahnen, diese würden mit regionaler Kompetenz punkten, so der Vorarlberger Wehinger, der vor seinem Posten als Personenverkehrschef der ÖBB für die Montafoner Bahn zuständig war. Bei den Bürgermeistern und Landeshauptleuten laufe er hier offene Türen ein. Kein Interesse hat Wehinger am Güterverkehr, dies sei ein völlig anderes Geschäftsmodell. Uninteressant sei auch die Übernahme von Schieneninfrastruktur, dies sei eine klassische Aufgabe des Staates.

Raucherfrage noch ungeklärt
Wehinger hofft, mit der Westbahn in fünf Jahren operativen Gewinn zu machen. Derzeit herrsche aber noch das geordnete Chaos. Offen ist beispielsweise noch, ob es in den Zügen Raucherbereiche geben soll, ähnlich den Glashäuschen am Wiener Flughafen. Hier müssten erst arbeitsrechtliche Fragen geklärt werden. Geklärt werden müsse auch noch der Einstieg der französischen Staatsbahnen. "Wir wollen mit ihnen abschließen", erklärte Wehinger. Schließlich seien die Franzosen bei Hochgeschwindigkeitszügen und beim Ticketverkauf über das Internet weltweit führend.

Politik lässt Westbahn "anrennen"
Kopfzerbrechen bereitet dem Vorarlberger auch die Politik. Diese würde die Staatsbahn schützen, wo es nur ginge - getreu dem Motto: "Die Westbahn lassen wir anrennen", ärgert sich der Manager. Außerdem würden die falschen Prioritäten gesetzt: Anstatt wichtige regionale, sofort umsetzbare Projekte endlich zu entscheiden, würden Megaprojekte wie die umstrittenen Tunnel durch Koralm, Semmering und Brenner vorangetrieben, obwohl man das viele Geld weit besser einsetzen könnte.

13 Mal täglich von Wien nach Salzburg und zurück
Die Westbahn fährt ab 11. Dezember täglich 13 Mal die Strecke Wien - St. Pölten - Amstetten - Linz - Wels - Attnang-Puchheim - Salzburg und retour. Eingesetzt werden sieben Doppelstockzüge, die barrierefrei bestiegen werden können und die die 312 Kilometer lange Strecke in 2 Stunden und 57 Minuten bewältigen sollen. Von den knapp 200 Mitarbeitern sollen 85 Prozent direkt beim Kunden in den Zügen sein. Pro Waggon soll es einen Mitarbeiter geben.

In den Zügen soll es außerdem mehr Platz, mehr Speiseplätze und eine bessere Handyverbindung als bei den ÖBB geben. In vier von sechs Waggons befindet sich eine Snackbar. Für die Bahnreisenden stehen zudem Ledersitze zur Verfügung - 500 Stück pro Zug. Der letzte Zug aus Wien (23.12 Uhr) und aus Salzburg (Abfahrt um 21.50 Uhr) endet jeweils in Linz. Der erste Zug von Salzburg startet um 5.50 Uhr, der erste in Wien um 6.16 Uhr. Ein einfaches Ticket soll so viel wie die Halbpreiskarte der Bundesbahnen nach dem obligatorischen Fahrplanwechsel im Dezember kosten.

Die Züge und die Vorbereitung auf den Start lässt sich das Unternehmen eigenen Angaben zufolge 130 Millionen Euro kosten. Das Anfangsgehalt für Kundenbegleiter liegt laut Westbahn bei 1.800 Euro brutto pro Monat - zuzüglich der Wochenend-Zulagen. Die Westbahn muss dem Staat, genauso wie die ÖBB, drei Euro "Schienenmaut" pro Kilometer Schiene zahlen.

Das derzeit größte private Bahnunternehmen ist der Betreiber des Wiener "Flughafenzuges" CAT.

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