Kreativ ausgelagert

Schuldenfallen in Ländern und Gemeinden?

Österreich
03.04.2011 09:43
Aufgrund der neuen strengeren Regeln der EU-Statistikbehörde Eurostat müssen bisher außerbudgetäre Schulden nachträglich dem heimischen Defizit und dem Schuldenstand zugerechnet werden. Der Schuldenberg hat sich dadurch um beachtliche 9,5 Milliarden Euro auf 205,2 Milliarden Euro bzw. 72,3 Prozent des BIP erhöht. Ein Teil dieser "neuen" Schulden kommt - wie berichtet - aus einer Schuldenauslagerung des Burgenlandes über eine Wohnbau GmbH - möglicherweise nicht der einzige so gelagerte Fall in den Ländern und Gemeinden.

Die "kreative" Schuldenauslagerung des Burgenlandes erhöht den Schuldenstand um 440 Millionen Euro. Das Burgenland hat Forderungen aus Wohnbaudarlehen an eine ausgegliederte Gesellschaft namens Wohnbau Burgenland GmbH verkauft. Diese überwies wiederum dem Land 440 Millionen Euro, die sie selbst über eine Schuldenaufnahme finanzierte (siehe auch Infobox). Das Land haftet für die Rückzahlung der Darlehen an die Wohnbau Burgenland GmbH.

Es ist nicht auszuschließen, dass weiter ausgelagerte Schulden auftauchen, die nach den neuen Regeln nachträglich das Budget belasten. Neben der Wohnbau Burgenland GmbH mussten etwa auch die ausgelagerten Verbindlichkeiten von Krankenanstalten der Länder in die Haushaltsbilanz aufgenommen werden. 2010 belasteten diese Schulden das Defizit um 610 Millionen, 2009 waren es 450 Millionen Euro. Die staatlichen Gesamtschulden erhöhen sich dadurch 2009 um 2,25 Milliarden und 2010 schon um drei Milliarden Euro.

Forderung nach Meldepflicht für ausgelagerte Gesellschaften
Konrad Pesendorfer, fachstatistischer Generaldirektor der Statistik Austria, plädiert daher dafür, eine gesetzliche Meldepflicht für alle ausgelagerten Gesellschaften der Gebietskörperschaften einzuführen. Das Problem bestehe bei Ländern und Gemeinden gleichermaßen, beim Bund seien die ausgelagerten Gesellschaften hingegen weitgehend bekannt, sagte Pesendorfer. "Das Problem ist, dass wir nicht wissen, ob die ausgelagerten Einheiten extra Schulden aufnehmen, über welchen Zeitraum, mit welchen Risiken; letztendlich muss aber dann die Gemeinde oder das Land die Schuld wieder zurückzahlen."

Er fordert daher, "wenn immer ausgegliederte Gesellschaften eingerichtet werden bzw. auch wenn sie schon bestehen", dass dies an die Statistik Austria gemeldet werden muss. Um eine derartige Meldeverpflichtung zu erreichen, genüge eine Anpassung der "Gebarungsstatistik-Verordnung". Dafür ist laut Pesendorfer - im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler - der Finanzminister zuständig. "Das würde die Arbeit wesentlich erleichtern", so Pesendorfer.

Informationen nur auf Nachfrage
Diese Meldung müsse Informationen über die Finanzierung dieser Einheit sowie über deren Zielausrichtung enthalten. Außerdem müsse gemeldet werden, wie die Finanzierungsvereinbarung zwischen der Gebietskörperschaft und der neuen Stelle geregelt ist. Denn nur dann könne man auch über Haftungsbeziehungen oder Zusagen von Finanzierungen durch die jeweilige Gebietskörperschaft Bescheid wissen.

Eine derartige Meldepflicht gibt es derzeit überhaupt nicht, Informationen bekomme die Statistik Austria nur indirekt - "wenn wir nachfragen", so Pesendorfer. "Aktiv muss das nicht gemeldet werden. Wir können nur über die Gebietskörperschaften darauf drängen", sagte er.

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