Debatte geht weiter

Deutschland: E10-Benzin verteuert Lebensmittel

Ausland
01.04.2011 10:14
Während in Österreich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner erst in den nächsten Monaten die Gespräche mit Mineralölfirmen und Biosprit-Herstellern zur geplanten Einführung des "Bio-Benzins" E10 beginnen will, geht im Nachbarland Deutschland die Debatte um den mit 10% Bio-Ethanol versetzten Treibstoff weiter. Lebensmittelhersteller warnen vor einem saftigen Anstieg der Preise, u.a. bei Brot und Fleisch. Ihren Protest untermauern sie mit Vergleichen, wie viele hungerleidende Menschen mit der für den Sprit verbrannten Biomasse genährt werden könnten.

"E10 verschärft den Preisdruck dramatisch, weil viel Futtermittel in die Biogas- und Bioethanolgewinnung verschwindet", zitiert die deutsche Zeitung "Bild" in ihrer Freitagsausgabe den Geschäftsführer des größten deutschen Fleischwarenherstellers Tönnies Fleischwerk, Clemens Tönnies. Für die Herstellung E10 werde eine große Menge Getreide benötigt, die dann in der Landwirtschaft als Nahrungs- und Futtermittel fehle.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie rechnet ebenfalls mit steigenden Lebensmittelpreisen. "Bei Produkten aus Schweine- und Rindfleisch rechnen wir mit Preiserhöhungen zwischen 15 und 20 Prozent", sagte BVE-Vorsitzender Jürgen Abraham der "Bild". Bei Milchprodukten wie Käse und Joghurt werde es eine Verteuerung um 10 bis 15 Prozent geben. In der Schweinezucht werden drei Kilogramm Getreide für ein Kilogramm Fleisch benötigt.

Auch die deutschen Bierbrauer rechneten mit steigenden Preisen, allerdings auf geringem Niveau. "Bei einigen Brauereien könnte der steigende Rohstoffpreis in Kombination mit höheren Energie- und Personalkosten dazu führen, dass Bier teurer wird", sagte Marc-Oliver Huhnholz vom Deutschen Brauer-Bund. Durchschnittlich sei ein Anstieg um rund 25 Cent pro Kiste Bier möglich.

18 Kilo Brot für eine Tankfüllung
Umweltschützer untermauern ihre Argumente indes mit Dritte-Welt-Vergleichen: "142 Millionen Tonnen Getreide wurden weltweit im letzten Jahr für Biosprit verbraucht - genug, um 420 Millionen Menschen ein Jahr lang zu ernähren", sagt Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter in der "Bild". Und er kann es noch bildlicher sagen: Mit jeder 50-Liter-Tankfüllung des Biokraftstoffs E10 würden 15 Kilogramm Getreide in den Tank laufen. Die gleiche Menge Getreide reiche zur Herstellung von rund 18 Kilogramm Brot.

Auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks warnt vor Preiserhöhungen beim Brot: "Es ist absurd, Getreide zu verbrennen, während manche auf der Welt nicht genug zu essen haben."

Bauern-Verband begrüßt steigende Preise
Der deutsche Bauern-Verband hingegen - für Landwirte kann die Produktion von Ethanol-Getreide aufgrund vielfältiger Vertrags- und Förderungsmöglichkeiten ein lukratives Geschäft sein - sieht in den steigenden Preisen kein Problem für die Verbraucher. DVB-Präsident Gerd Sonnleitner: "Wenn die Nahrungsmittel jetzt aus den Discounter-Tiefstpreisen herauskommen, ist das eine Wertschätzung für die Arbeit der Bauernfamilien und keine Katastrophe für unsere Verbraucher." Deutsche Bundesbürger würden durchschnittlich nur 11 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Das sei ein deutlich geringerer Anteil als in anderen europäischen Ländern.

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