Missbrauch?

Domprediger zieht sich nach Vorwürfen vorläufig zurück

Salzburg
11.03.2011 14:51
Nach den schweren Missbrauchsvorwürfen gegen ihn hat der Domprediger von Salzburg und Pfarrprovisor von St. Jakob am Thurn, Peter Hofer, reagiert - er hat bei der Erzdiözese den Antrag gestellt, dass seine Ämter vorläufig - nämlich bis zu Klärung des Falles - ruhend gestellt werden. Ein Glaubwürdigkeitsgutachten soll Klarheit bringen, schlugen Hofer und dessen Anwalt Fritz Müller am Freitag vor. Hofer bestritt dabei erneut die Vorwürfe, mit diesem Schritt solle möglicher Schaden für die Kirche abgewendet und der Druck auf die Beteiligten geringer werden.

Die Erzdiözese Salzburg entsprach dem Ansuchen Hofers am Freitag und stellte ihn per sofort dienstfrei, wie bekannt gegeben wurde. Auch im Salzburger Dom werde er vorerst keine Gottesdienste mehr halten. Zur Klärung der Vorwürfe leitet die Erzdiözese zudem ein kirchenrechtliches Verfahren ein. Im Falle eines Schuldspruchs werde Hofer vom Dienst suspendiert. "Aufgrund vieler Gespräche und glaubwürdiger neuer Informationen, die das Erzbischöfliche Ordinariat zuletzt noch gestern (Anm. Donnerstag) Abend erhielt, sieht sich die Erzdiözese gezwungen, zu handeln", hieß es.

Kothgasser: "Wahrheit muss zum Tragen kommen"
"Die Wahrheit muss zum Tragen kommen", sagte Erzbischof Alois Kothgasser, der seine tiefe Betroffenheit äußerte. Die Dienstfreistellung betrifft in erster Linie Hofers Tätigkeit als Pfarrprovisor von St. Jakob am Thurn, sein priesterliches Wirken in der Salzburger Domkirche, aber auch alle anderen priesterlichen Funktionen. Für St. Jakob werde ein Ersatzpriester gesucht, kündigte hieß es vonseiten des Generalvikars.

Hofer selbst erklärte am Freitag, die Beziehung zu der mittlerweile 47-Jährigen habe sich 1985 und 1986 intensiviert, da sei es auch zu einigen sexuellen Kontakten gekommen. Er habe sie aber nie zum Sex gezwungen und ihr nie Gewalt angetan, betonte der Geistliche. "Diese Dinge gehören für mich zu den groben Verfehlungen einem anderen Menschen gegenüber. Es war eine völlig unkomplizierte, offene, fröhliche Freundschaft. Unsere Beziehung war von meinem Standpunkt aus so, dass ich ihr nicht wehtun hätte können."

Hofer traute Frau später und taufte ihre Kinder
Was passiert sei, sei deshalb nicht in Ordnung gewesen, da er seine Funktion als Priester überschritten habe, "obwohl ich damals nicht der zuständige Priester der Frau war", gestand Hofer ein. Als sie 1986 ihren Ehemann kennenlernte, habe sich die Beziehung einvernehmlich auf ein freundschaftliches Verhältnis reduziert. Er habe die Familie pastoral begleitet, die Trauung vorgenommen und ihre zwei Kinder getauft.

Da nun Aussage gegen Aussage steht und ein gerichtliches Verfahren laut dem Anwalt des Geistlichen wegen Verjährung nicht möglich sei, hoffen Hofer und Müller auf das Zustandekommen eines Glaubwürdigkeitsgutachtens durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen. Das Gutachten sei die einzige Chance, dass die Wahrheit ans Tageslicht komme, ob man den Vorwürfen "glauben kann oder nicht", sagte Rechtsanwalt Müller. "Stimmt das, oder ist das eine Wahnvorstellung", nahm er auf die Anschuldigungen der Salzburgerin Bezug.

Hofer schließt Vortraumatisierung der Frau nicht aus
Das Gutachten könne aber nur dann erstellt werden, wenn sich die 47-Jährige bereiterkläre, daran mitzuarbeiten, erläuterte der Advokat. Die Expertise soll dann der Klasnic-Kommission und der Ombudsstelle der Erzdiözese vorgelegt werden. In diesem Gutachten solle auch die Familienanamnese unter Berücksichtigung allfälliger psychischer Erkrankungen der Frau und mögliche Vor-Traumatisierungen aus ihren Kindheitstagen – ob zum Beispiel ein Verdacht des Missbrauchs durch ein Familienmitglied vorliege – berücksichtigt werden, sagte Müller.

Warum die Vorwürfe erst nach mehr als zwei Jahrzehnten plötzlich auftauchten, könne womöglich mit der schweren Erkrankung der Frau und mit Problemen in der Familie zu tun haben, mutmaßten der Geistliche und sein Anwalt. Im Jahr 2005 habe sie Hofer über Eheprobleme, ihre Erkrankung und die therapeutische Hilfe erzählt. "Für mich ist es unerklärlich, warum sich ein Mensch nach den angeblichen Vorfällen so verhält und auch Dankes- und Glückwunschkarten schreibt", sagte Hofer. Fachkundige Ärzte und Psychologen hätten ihm erklärt, dass durch schwere Schicksalsschläge – wie durch eine Krebserkrankung – wahnhaftes Verhalten entstehen könne, das dann noch verstärkt werde, wenn Schwierigkeiten in der Ehe und mit den Kindern dazukommen.

Von Vorwürfen 2007 erstmals erfahren
Der Geistliche erfuhr von den Vorwürfen eigenen Angaben zufolge erstmals im Jahr 2007. Zwei Jahre später wandte sich die Betroffene an die Salzburger und Wiener Ombudsstelle. Danach habe sie von ihm 25.000 Euro gefordert, aus Mitleid habe Hofer 5.000 Euro und später 10.000 Euro für die Krebstherapie als einmaligen Betrag angeboten, vorausgesetzt, sie erhebe keine Missbrauchsvorwürfe mehr, erläuterte Rechtsanwalt Müller.

Am Ende der Gespräche mit der Klasnic-Kommission im Mai 2010 sei ihm mitgeteilt worden, dass sie monatlich 650 Euro für eine Therapie erhalte, die vom Kirchenfonds refundiert werden. Hofer selbst möchte sich nach den Turbulenzen erst einmal "erholen und ein bisschen untertauchen und meine Mitte und Ruhe finden", wie er sagte. Er dürfe auf Anfrage aber weiter eine Messe halten oder eine Taufe vornehmen. "Die priesterlichen Aufgaben bleiben bestehen, aber nicht die amtlichen Aufgaben im Dom und in St. Jakob."

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