18 Jahre nach der Tat

Mutter von Silke Schnabel hofft auf Gerechtigkeit

Salzburg
04.02.2011 10:45
Den Glauben an Gott hat sie seit dem Mord an ihrer Tochter verloren. Die Hoffnung auf Gerechtigkeit noch nicht. Das sagte jetzt die Mutter von Silke Schnabel vier Tage vor Beginn des Prozesses gegen einen 52-jährigen Lagerarbeiter, der wegen Vergewaltigung und Mordes an dem zum Tatzeitpunkt im November 1993 17-jährigen Mädchen angeklagt ist. Aus Angst vor einem Zusammenbruch will die 60-jährige Monika S. der Verhandlung am Salzburger Landesgericht fernbleiben. Sie glaubt aber an die Täterschaft des Beschuldigten: "Er hat sich in zahlreiche Widersprüche verwickelt."

Ein zweites Mal möchte sie dem Verdächtigen nicht mehr in die Augen sehen. Nach der Tat besuchte sie ihn in der Untersuchungshaft. "Ich hielt ihm ein Foto von Silke an die Glasscheibe. Auf meine Frage, 'Sind sie der Mörder?' hat er mich aufs Ärgste beschimpft und ist aufgesprungen. Ich bin dann im Krankenhaus gelandet", schilderte Monika S. "Wenn er es nicht getan hätte, hätte er nicht so aggressiv reagiert."

Auch Polizei glaubte an Schuld des Verdächtigen
In ihren Händen hält die Salzburgerin einen dicken Büroordner mit kopierten Akten und Medienberichten über Silke Schnabels Ermordung. "Ich war zwischen 1993 und 2008 immer wieder bei der Kripo. Da hat es geheißen, sie können nichts machen, weil das Verfahren gegen den Arbeiter eingestellt ist. Obwohl die Polizisten glaubten, dass er der Täter ist."

Mutter des Opfers studierte Mordfall intensiv
Seit Jänner 2008, als die Mutter des Opfers zu der Hilfsorganisation Weißer Ring ging, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erreichen, beschäftigt sich Monika S. wieder intensiv mit dem Mordfall - so wie der Salzburger Opferanwalt Stefan Rieder, der den Antrag auf Wiederaufnahme eingebracht hatte. Seit 2008 muss die Frau auch die doppelte Medikamenten-Dosis gegen epileptische Anfälle einnehmen. Das Aktenstudium und die Medienberichte wühlen sie zu sehr auf.

Dass es jetzt tatsächlich zu einem Prozess kommt, empfinde sie schon als Genugtuung. "Auch wenn der Ausgang ungewiss ist. Immerhin ist er jetzt im Gefängnis gesessen. Aber ich hoffe auf Gerechtigkeit. Damit Silke endlich in Ruhe schlafen kann." Ihr jüngstes von insgesamt vier Kindern liegt am Salzburger Kommunalfriedhof begraben. Mit ihrem Teddybär. "Ich hatte noch lange ein T-Shirt von ihr an. Aber es passte dann nicht mehr, weil ich so abgenommen hatte. Silke war mit ihren fast 18 Jahren ein lebenslustiger Teenager. Wir hatten ein gutes Verhältnis. Ich lass' mir Silke nicht durch den Verteidiger des Angeklagten schlecht machen", sagte sie unter Tränen und bedankte sich bei den Ermittlern, dem Weißen Ring und Anwalt Rieder. "Sie haben gute Arbeit geleistet."

Für die 60-Jährige gibt es viele Argumente, die für eine Täterschaft des Beschuldigten sprechen: "Er hat sich oft in Widersprüche verwickelt. Nach 18 Jahren fällt ihm plötzlich ein, dass er Silke schon ein paar Wochen vor der Mordnacht kennengelernt habe. Das stimmt nicht. Und jetzt kann er sich erinnern, dass das Blut auf seinem Gürtel von einer Rauferei stammt. Bei der Hausdurchsuchung wollte seine Mutter den Polizisten aber einen anderen Gürtel geben. Und warum geht er entlang der Salzach (dort ist der Mord laut Anklage geschehen, Anm.) nach Hause, wenn der Heimweg in eine andere Richtung führt?"

Bluse als Beweismittel verschwunden
Monika S. glaubt den Aussagen eines Polizisten, wonach jene weiße Bluse des Opfers mit fehlenden Knöpfen am Tatort bei dem schlafenden Arbeiter gefunden wurde, die dann später als Beweismittel plötzlich verschwunden ist. "Silke hatte diese Bluse in der Tatnacht an", ist die Mutter überzeugt. Und die Angaben einer Frau, die einige Zeit vor dem Mordfall auf dem Weg zur Arbeit von dem Verdächtigen von hinten zu Boden gerissen und von ihm "wie ein wildes Tier" in die Wange gebissen wurde, lässt die 60-Jährige erschaudern. Zum Mord an ihrer Tochter befragt, habe der Arbeiter zuerst geleugnet, dass er das Mädchen überhaupt kenne, erzählte S. "Später hat er zwei verschiedene Stellen genannt, wo sie sich in der Tatnacht getrennt hätten. Das sind alles Widersprüche, die mir ins Auge stechen. Ich habe schon öfters an Selbstjustiz gedacht. Aber ich habe ja Kinder und Enkelkinder. Die haben mich davon abgehalten."
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