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“Singen kann er immer noch”: Jopie Heesters ist 107

Adabei
05.12.2010 12:01
"Ich möchte 100 Jahre alt werden, das wäre was, dann gibt es das größte Fest auf Erden! Wenn es die Leute auch wundert, dass ich so närrisch noch bin, aber da möchte ich wirklich noch hin." Das sang die lebende Operettenlegende, der 1903 im holländischen Amersfoort geborene Schauspieler und Sänger Johannes Heesters, schon vor Jahren in Vorfreude auf den hohen runden Geburtstag. Aber das war ein Vorspiel nur, denn jetzt ist "Jopie" sogar unglaubliche 107 Jahre alt.

Gefeiert wird diesmal in Erfurt, zuerst im privaten Kreis und zwei Tage später mit einer Gala im Kaisersaal, wo es auch wieder einen Ehren-Bambi (den neunten Bambi insgesamt) für Heesters gibt. Dann schmettert der Charmeur und Grandseigneur der Operette wieder mit immer noch erstaunlich kräftiger Stimme seine Lieder wie "Ich knüpfte manche zarte Bande" oder "Man müsste Klavier spielen können".

Zwei Wünsche hat Heesters zum Geburtstag: "Ich will mindestens 108 Jahre alt werden" - er will auch unbedingt noch den zehnten Bambi erhalten - und vor allem noch "eine gute Rolle auf der Bühne spielen", wie er der Nachrichtenagentur dpa sagte. Dafür trainiert "Graf Danilo" noch jede Woche regelmäßig an Fitnessgeräten. Ein kleiner Genever-Schnaps oder ein Zigarettchen darf auch mal sein.

"Er ist noch immer voller Lebensfreude, obwohl er nichts mehr sieht, aber singen kann er immer noch", ergänzt seine Frau Simone Rethel-Heesters. Zum Beispiel seine Evergreens, die den "Dandy des Jahrhunderts" mit Frack, Zylinder und dem weißen Seidenschal unsterblich gemacht haben, wie "Heut geh' ich ins Maxim". Die Rolle seines Lebens war der leichtlebige Graf Danilo aus der Operette "Die lustige Witwe". Über 1.600 Mal hat Heesters ihn verkörpert.

Im Herzen jung geblieben
"Im Herzen blieb ich jung", meint Heesters in einem seiner jüngsten Lieder. Vor allem auch durch Arbeit, bis ins hohe Alter hinein. So stand Heesters noch im letzten Sommer im Berliner Ensemble mit 106 Jahren in einer kleinen Rolle auf der Bühne, als greiser König in einem Stück von Rolf Hochhuth, und ein Jahr zuvor in Stuttgart als Gott der Herr in Hugo von Hofmannsthals Mysterienspiel "Jedermann". Oder 2008 in Hamburg, wo er den greisen Kaiser Franz Joseph im Singspiel "Im weißen Rössl", verkörperte ("Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut").

Spielen bis zum Ende, denn: "Soll ich zu Hause sitzen und warten, bis man mich holt?", wie der im bayerischen Starnberg lebende leidenschaftliche Schauspieler einmal sagte. "Ich glaube, das Schönste wäre für ihn, auf der Bühne zu sterben, der beste Abgang, und dann Applaus, das wäre toll", meinte denn auch seine Tochter Wiesje Herold-Heesters.

Heesters, der sogar eine eigene Website hat, blickt auf eine sagenhafte Karriere mit Höhen und Tiefen, mit viel Licht, aber auch Schatten zurück. In Berlin hatte 1935 seine Karriere auf den großen Bühnen der Metropole begonnen, dann auch in Wien, was ihn schnell zum Leinwandstar machte mit Filmen wie "Gasparone", "Hallo Janine" und nach dem Krieg "Hochzeitsnacht im Paradies", "Im weißen Rössl" oder "Bühne frei für Marika" mit Marika Rökk.

Umschwärmter Publikumsliebling
Johan Marius Nicolaas Heesters, den alle nur "Jopie" nannten, wurde mit seinem Charme und dem "gewissen Etwas" in der Stimme und in den Augen zum umschwärmten Publikumsliebling. Später war er auch im Fernsehen viel zu sehen. Aber die Bühne ließ ihn nicht los. Als greiser Casanova in Karl Gassauers "Casanova auf Schloss Dux" ging Heesters ab 1986 erfolgreich auf Tournee. Ab 1996 stand er erstmals mit seiner jetzigen Frau, der Schauspielerin Simone Rethel, auf der Bühne am Berliner Kurfürstendamm in dem eigens für ihn geschriebenen Stück "Ein gesegnetes Alter" von Curth Flatow.

Sein kometenhafter Aufstieg im Nazi-Deutschland wirft bis heute aber auch einen Schatten auf sein Leben, vor allem in seiner holländischen Heimat, wo ihm lange verübelt wurde, Hitlers "Lieblings-Danilo" gewesen zu sein. Erst 2008 war ihm eine Art "späte Versöhnung" gegönnt mit einem Auftritt in seiner Vaterstadt Amersfoort. Aber der Auftritt wurde getrübt von einem verunglückten Interview mit einem holländischen TV-Sender, in dem sich Heesters missverständlich über Hitler äußerte.

In der NS-Zeit gab es auch den umstrittenen, nach seinen Erinnerungen befohlenen Besuch im KZ Dachau. "Ich hab mein Leben gelebt und hab mich stets bemüht, den Weg gerade zu gehen, auch durch den Sturm der Zeit", sang Heesters in einem seiner späten Lieder.

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(Bild: kmm)



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