Causa Tierschützer

Ermittlungen illegal? Balluch kündigt Klagen an

Niederösterreich
25.11.2010 15:34
Jene Polizeiinformantin, die gegen Aktivisten des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) verdeckt ermittelt hat, soll am 13. Dezember im Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess als Zeugin aussagen. Das teilte VgT-Obmann Martin Balluch, wegen der Beteiligung an einer kriminellen Organisation angeklagt, am Donnerstag mit. Der VgT kündigte außerdem Anzeigen gegen die SOKO-Leitung und den Staatsanwalt an.

Die Verteidigung hatte am Montag den Antrag gestellt, die verdeckte Ermittlerin als Zeugin zu laden. Richterin Sonja Arleth stimmte dem zu. Die Vernehmung der Frau soll jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. In Wiener Neustadt sind 13 Tierschützer angeklagt.

VgT-Anwalt: "Auch internationales Recht gebrochen"
Die angekündigten Anzeigen gegen Staatsanwalt Wolfgang Handler und den damaligen Soko-Leiter Erich Zwettler begründete Balluch mit deren angeblichen Falschaussagen vor Gericht - im Zusammenhang mit der verdeckten Ermittlung. "Ein weiterer Aspekt dieser Spitzel-Geschichte" könnte ebenfalls ein gerichtliches Nachspiel haben, so der VgT-Obmann. Der Verein könne nämlich beweisen, dass die "Agentin" der Soko mit Tierschützern des VgT "zu einem mehrtägigen Tierschutztreffen verdeckt im behördlichen Auftrag mit nach Holland gereist" war. So dieser Einsatz nicht mit den holländischen Behörden akkordiert war, sei "auch internationales Recht gebrochen" worden, meinte Stefan Traxler, VgT-Anwalt im Tierschutzprozess. Zwettler soll am 28. Juli bei seiner Einvernahme als Zeuge behauptet haben, es habe keine verdeckte Ermittlung im Ausland gegeben.

Peter Pilz fordert vollständige Aufklärung in der Causa
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz bezeichnete den monatelangen Einsatz von verdeckten Ermittlern am Mittwoch als schlichtweg "illegal". Beamte des Bundeskriminalamts (BK) und des Innenministeriums hätten dies sogar "wissentlich" angeordnet. Pilz fordert eine vollständige Aufklärung und rechtliche Konsequenzen für die Betreffenden.

Von Mai 2007 bis Ende Juli 2008 war im Verein gegen Tierfabriken (VgT) eine Frau mit dem Decknamen "Danielle Durand" aktiv. Auch in einer zweiten Gruppierung, der Basisgruppe Tierrechte (BaT), sei eine Person eingeschleust worden, Details - vor allem wie lange sie aktiv war - seien bisher nicht bekannt. Pilz kündigte diesbezüglich eine parlamentarische Anfrage an.

Bis Ende 2007 habe es für verdeckte Ermittlungen keine klaren rechtlichen Regelungen gegeben, sagte der Sicherheitssprecher. Seit dem Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung (StPO) am 1. Jänner 2008 habe sich dies aber geändert: Sobald Erhebungen der Staatsanwaltschaft gegen konkrete Personen laufen, sind verdeckte Ermittlungen nur mehr auf Befehl der Anklagebehörde einzusetzen - einen entsprechenden Antrag oder eine Anordnung habe es aber nie gegeben. Eine Ausnahme bilde das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), dass einen kurzfristigen Einsatz zur Abwehr von konkreten und nachweisbaren Gefahren erlaube, erläuterte Pilz.

Die in der Tierschutzszene eingesetzten Personen seien aber langfristig aktiv gewesen und es habe konkrete Verdächtige gegeben, weshalb ein Vorgehen nach dem SPG unzulässig gewesen sei, erklärte der Mandatar. Als Motiv für die Polizei vermutet er, die verdeckten Ermittlungen so geheim halten zu können. Nach der StPO hätten die Betroffenen nach Abschluss des Einsatzes nämlich darüber informiert werden müssen, was aber nicht geschehen sei.

Hat verdeckte Ermittlerin konspiratives Vorgehen gefördert?
Weiters habe sich "Danielle Durand" im VgT mehrfach für die Verwendung von Codewörtern, Verschlüsselung etc. eingesetzt - und damit das für den Paragrafen 278a StGB wesentliche Kernelement des konspirativen Vorgehens gefördert, was ebenfalls gegen die StPO verstoße, so Pilz: "Wir können davon ausgehen, dass das Tatbild der kriminellen Organisation erst durch die polizeilichen Provokationen erfüllt worden ist. Diese rechtswidrige Anklage muss also zurückgezogen werden." Stattdessen solle gegen die involvierten Beamten ermittelt werden, auch Verfahren wegen falscher Beweisaussage gegen jene Soko- Mitglieder, die als Zeugen vor Gericht den Einsatz von verdeckten Ermittlungen nach Jahresbeginn 2008 bestritten haben dürften, werde es "garantiert" geben.

Vorgehensweise wie "Stasi-Methoden in der DDR"
Aufklärungsbedarf orten die Grünen aber nicht nur in der Causa Tierschützer, sondern auch allgemein: Mehr als 100 Beamte des Innenministeriums seien mit verdeckten Ermittlungen befasst, die von Führungsoffiziere geleitet werden. Etliche Personen seien für die Erstellung offiziell gefälschter Dokumente und Identitäten verantwortlich. Allein 2008 wurden laut Pilz 75 verdeckte Ermittlungen auf Basis des SPG durchgeführt. "Wir müssen davon ausgehen, dass ein wesentlicher Teil davon illegal war", meinte er. Man werde sich das jetzt sehr genau anschauen - "weil mich diese Vorgehensweise stark an die Stasi-Methoden in der DDR erinnert".

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