57 vs. 114 Millionen

Eurofighter-Preis: Deutsche geben Hälfte als Kosten an

Österreich
29.08.2010 16:43
Eine Anfragebeantwortung des deutschen Verteidigungsministeriums an Mandatare der dortigen Linkspartei hat am Sonntag auch in Österreich für Aufregung gesorgt. Die Abgeordneten begehrten Auskunft über den Stückzahlpreis der deutschen Eurofighter, die baugleich mit zumindest 11 der 15 österreichischen sind. Über die Antwort echauffiert sich Grün-Mandatar Peter Pilz: Deutschland habe nur halb so viel wie Österreich bezahlt bzw. gebrauchte Flieger für das Doppelte an Österreich verkauft, meint er. Das Bundesheer widerspricht: Bei der Preisdiskrepanz handle es sich um unterschiedliche Berechnungen.

Laut der Anfragebeantwortung des parlamentarischen Staatssekretärs Christian Schmidt für den deutschen Verteidigungsminister, aus der Pilz auf seiner Website (siehe Infobox) zitiert, hat Deutschland pro Eurofighter der Tranche 1 rund 57 Millionen Euro bezahlt. Die Betriebskosten pro Flugstunde werden mit rund 74.000 Euro beziffert, was in Deutschland fast einer Verdoppelung der prognostizierten Zahlen gleichkommt.

Mit dem Reduktionsdeal von Minister Norbert Darabos kaufte Österreich - statt der eigentlich bestellten 18 der Tranche 2 - sechs gebrauchte und neun neue Flieger der älteren Tranche 1, wobei fünf der Neu-Flieger ebenfalls von der BRD kamen. Der Stückpreis betrug laut RH-Bericht bzw. Darabos 114 Millionen Euro, berechnet aus den Gesamtanschaffungskosten von 1,709 Milliarden Euro. Andere Zahlen dazu waren nie in Umlauf. Für das Jahr 2009 wurden die Betriebskosten pro Flugstunde mit 33.000 Euro angegeben, bis zum Jahr 2013 rechnete man jedoch mit einer Verdoppelung.

Ein "Ösi-Aufschlag"?
Pilz ortet auf seiner Website einen Korruptions-Skandal: "Also: Die deutsche Luftwaffe kauft einen neuen Eurofighter der Tranche 1 um 57 Millionen Euro und verkauft ihn gebraucht um 115 Millionen Euro weiter. Diese Diskrepanz riecht nach organisiertem Betrug!"

Ob Darabos überhaupt direkt mit der Bundesregierung in Deutschland verhandeln musste, ist allerdings gar nicht bekannt - da die Kaufverträge nach wie vor unter Verschluss gehalten werden, was Pilz erneut kritisierte. Das Geschäft lief offiziell über die Eurofighter GmbH ab, eine von Rüstungskonzernen in Deutschland und Spanien (beide via EADS), England (BAe) und Italien (Alenia) eigens für das Gemeinschaftsprojekt gegründete Gesellschaft.

Darabos: Österreich zahlte für "nackte" Jets ebenfalls 57 Mio.
Der Verteidigungsminister hat am Sonntag Pilz' Darstellung jedenfalls entschieden zurückgewiesen. Für die 15 "nackten" Flugzeuge, also ohne Wartungsverträge und Sonderausstattung, habe Österreich nach dem von Darabos nachverhandelten Vertrag 850 Millionen Euro bezahlt. Das ergebe pro Flugzeug einen Stückpreis von 57 Millionen Euro und damit genau die in Deutschland genannte Summe, erklärte Darabos-Sprecher Stefan Hirsch. Allerdings hat die BRD brandneue Flieger erhalten, die heimischen Luftstreitkräfte hingegen die von der Luftwaffe "eingeflogenen" Eurofighter.

Zusätzlich bleibt noch die Frage, ob die deutschen Eurofighter für 57 Millionen genauso "nackt" sind und am Ende gar den Links-Mandataren nur die halbe Wahrheit erzählt wurde bzw. die Frage, was die Kampfjets dort "angezogen" kosten. Ein Sprecher des deutschen Bundesministeriums der Verteidigung konnte am Sonntag auf Anfrage von krone.at allerdings keine Auskunft über die Zusammensetzung des angegebenen Stückpreises geben: "Ich verstehe Ihre Frage, aber am Sonntag kann ich die Unterlagen und Personen, die ich zur Beantwortung bräuchte, beim besten Willen nicht auftreiben." Ab Montag könne man die Frage der Preisdiskrepanz sicher "auf den Cent genau" aufklären.

Produktionsland Deutschland hat 180 Jets bestellt
Aber selbst bei einem gröberen Kaufpreis-Unterschied sind die Rüstungsverträge Österreichs und Deutschlands nur schwer vergleichbar. Österreich hat insgesamt "nur" 15 Eurofighter gekauft. Deutschland, das eines der vier Produktions- und Entwicklungsländer beim Projekt Eurofighter ist, hatte noch zu Zeiten des Kalten Krieges gleich 250 Eurofighter bestellt, 1997 dann auf 180 Abnahmen bis zum Jahr 2017 reduziert.

Von den ersten beiden Tranchen hat Deutschland bereits 112 Flugzeuge (44 erste Tranche, 68 zweite Tranche) erhalten. Die elf gebraucht bzw. neu an Österreich abgegebenen Flugzeuge wurden dann durch neue aus der Tranche 2 ersetzt, womit das Verhältnis Tranche 1 zu 2 nun 33 zu 79 beträgt.

Bei den noch ausständigen 68 Fliegern der Tranche 3 hat die BRD vorerst nur 31 zugesichert, über die restlichen will die Regierung erst 2012 entscheiden. Man bemühe sich um den Export dieser Jets in andere Länder, hieß es. In Deutschland mehren sich Stimmen aus den politischen Parteien, dass 143 Flugzeuge unter den gegebenen sicherheitspolitschen Rahmenbedingungen ausreichend seien.

... und wie wär's mit 85 Millionen?
In der Online-Enzyklopädie Wikipedia wird der Preis eines Eurofighters übrigens mit 85 Millionen Euro angegeben. Anhand der bisherigen deutschen Presseberichte über die Gesamtkosten für die 180 Eurofighter aus drei unterschiedlich modernen Tranchen, die stets mit "rund 15 Milliarden Euro" beziffert wurden, ergäbe sich ebenfalls dieser durchschnittliche Stückpreis, der noch immer 29 Millionen niedriger ist als der österreichische für die Tranche 1. Welche Verträge und Sonderausstattungen bei dieser Kaufpreisrechnung beeinhaltet sind, war aber am Sonntag ebenfalls nicht zu erfahren.

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