Kopf-an-Kopf-Rennen

Nach Australien-Wahl droht ein “Hung Parliament”

Ausland
22.08.2010 09:10
Nach der Parlamentswahl in Australien droht dem Land eine Hängepartie. Nach Auszählung von 78 Prozent der Stimmen lag die regierende Labor Party bei 70 Mandaten und das Oppositionsbündnis unter Führung der konservativen Liberalen bei 72. Keiner der beiden Blöcke hat also eine absolute Mehrheit von 76 Mandaten erreicht. Sowohl Premierministerin Julia Gillard (Bild) als auch Oppositionsführer Tony Abbott kündigten an, sie wollten sich um die Bildung einer Regierung mit Unterstützung unabhängiger Abgeordneter bemühen.

Ministerpräsidentin Gillard sagte, dass der Wahlausgang möglicherweise erst in einigen Tagen feststehen werde. "Es gibt viele Sitze, bei denen das Ergebnis unklar ist", sagte sie mit Blick auf das von Experten prognostizierte "Hung Parliament" - das erste seit 70 Jahren. Die Grünen konnten sich bei dem Urnengang mindestens einen Sitz im Parlament sichern und könnten nun zum Königsmacher für die Labor Party werden. Erste Gespräche fanden bereits statt.

Politisches Patt "höchstwahrscheinliches Ergebnis"
Der liberale Senator Nick Minchin sagte, er rechne damit, dass ein "Hung Parliament" immer wahrscheinlicher werde. Auch der amtierende Außenminister Stephen Smith nannte ein parlamentarisches Patt das "höchstwahrscheinliche Ergebnis". In Australien werden die Parlamentssitze nach dem Mehrheitswahlrecht vergeben, ähnlich wie in Großbritannien. Dort hatte es bei der Unterhauswahl im Mai ebenfalls ein "Hung Parliament" gegeben, das erste seit 35 Jahren. In dem 150-sitzigen australischen Repräsentantenhaus hatte die Labor Party zuletzt 83 Sitze, das national-liberale Bündnis 63.

Umfragen vor dem Urnengang hatten bereits ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gillard und Abbott vorausgesagt. Gillard hatte erst im Juli Regierungschef Kevin Rudd von der Spitze der Labor Party verdrängt und ihn als Premierminister abgelöst. Die 48-Jährige ist die erste Frau an der Regierungsspitze Australiens. Rudd hatte am 24. Juni die Führung der Labor Party niedergelegt, nachdem seine Beliebtheit vor allem wegen einer umstrittenen Bergbausteuer und seiner ehrgeizigen Klimaschutzpolitik dramatisch abgestürzt war. Bei der Wahl am Samstag konnte er allerdings in seinem Wahlkreis im Norden Australiens die erforderliche Mehrheit erzielen und damit seinen Parlamentssitz verteidigen.

Australiens Wirtschaft wächst das 17. Jahr in Folge
Im Wahlkampf hatte die in Wales geborene Gillard vor allem Verbesserungen des Bildungs- und des Gesundheitssystems sowie einen Ausbau der Internetversorgung versprochen. Labor verwies vor allem auf ihre Erfolge in der Wirtschaftspolitik. Als einziger Industriestaat entging Australien während der globalen Finanzkrise einer Rezession. Die Wirtschaft dürfte mit geschätzten drei Prozent das 17. Jahr in Folge wachsen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,3 Prozent und damit etwa halb so hoch wie in der Europäischen Union oder den USA.

Der 52-jährige Abbott konnte mit Forderungen nach einem verstärkten Kampf gegen illegale Einwanderer und einem Abbau der Staatsverschuldung punkten. Der in London geborene frühere katholische Priesteramtsanwärter gilt als konservativer Familienmensch. Gillard hingegen ist unverheiratet und kinderlos.

Insgesamt waren rund 14 Millionen Menschen aufgerufen, bei dem Urnengang ihre Stimme abzugeben. Auch die Hälfte der 76 Senatssitze wurde bei der Wahl neu vergeben. In dem 22-Millionen-Einwohnerland besteht für alle Bürger ab 18 Jahren Wahlpflicht.

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