Jelavic-Eklat

Sportjurist: “Das System ist aus den Fugen geraten”

Fußball
20.08.2010 14:04
Der Abgang von Rapid-Stürmer Nikica Jelavic zu den Glasgow Rangers hat Diskussionen über den Wert von Verträgen im internationalen Fußball ausgelöst. Der Kroate hatte seinen Transfer zu den Schotten am Donnerstag laut Rapid-Angaben damit erzwungen, dass er weitere Einsätze für die Hütteldorfer ablehnte. Jelavic wäre bei Rapid noch bis 2012 unter Vertrag gestanden. Sein Vorgehen ist aber kein Einzelfall.

"In dieser Situation machen das sehr viele Spieler", erklärt der Sportrechts-Experte Christian Flick. Der Grazer Anwalt sieht den in den Regulativen der FIFA und der UEFA festgeschriebenen Grundsatz der Vertragstreue zu den aktuellen Marktbedingungen nur noch schwer umsetzbar. "Diese Fälle juristisch auszutragen, ist für die Vereine immer mit einem Risiko verbunden", so Flick. Durch den Transferschluss am 31. August stehe man zudem unter einem Zeitdruck.

Daher siege bei den Vereinen irgendwann die Vernunft. Rapid etwa durfte sich für den Jelavic-Abgang mit mehr als drei MillionenEuro trösten, fast ein Drittel der kolportierten fünf Millionen Euro Ablöse für den 24-Jährigen geht an dessen Ex-Klub Zulte Waregem. "Macht dieser Vorgang Schule, läuft man aber Gefahr, auch andere Spieler zu ermutigen, diese Vorgehensweise zu wählen", warnt Flick. Das sei im internationalen Fußball nämlich längst üblich - zuletzt etwa beim Transfer von Mesut Özil zu Real Madrid.

Experte könnte sich unbefristete Verträge vorstellen
Zentrale Frage ist also, durch welche Änderungen am System Vertragssicherheit wiederherzustellen ist. Für Flick sind unbefristete Verträge eine Alternative, wenngleich auch dies "neue Baustellen" in Form von fehlender Planungssicherheit eröffnen würde. "Es ist nur ein Denkansatz. Das System wäre dann ähnlich jenem auf dem normalen Arbeitsmarkt", erklärt der Jurist. Auch dort werden bei einem Jobwechsel keine Ablösesummen bezahlt.

"Das Transfersystem würde dadurch revolutioniert. Die Ablösesummen würden sich erheblich reduzieren", sagt Flick. Der Spieler als Kapital würde dem Klub zwar verloren gehen, dafür würde er laut Idee des Sportanwaltes aber auch geringere Risiken tragen. Lange laufende Verträge müssten etwa nicht ausbezahlt werden, sondern könnten mit entsprechender Kündigungsfrist beendet werden. Angepasst werden müsste das Prinzip der Ausbildungsentschädigungen.

"Alle Rechte bei den Spielern"
"Vor dem Bosman-Urteil (im Dezember 1995 vom Europäischen Gerichtshof gefällt, Anm.) hatten die Vereine alle Rechte, jetzt sind es die Spieler. Das Pendel muss sich wieder in der Mitte einfinden. Derzeit ist das System aus den Fugen geraten", meint Flick. Die Idee befristeter Verträge im Fußball datiert noch von vor 1995. Ablösefrei wechseln konnten Spieler aber nur nach einer "Stehzeit" von 18 Monaten. "Mittlerweile passt das System mit den Marktbedingungen aber nicht mehr zusammen", betont Flick.

Die EU würde eine weitere Liberalisierung des Wettbewerbes im Fußball begrüßen, der Kommission sind die zum Teil exorbitanten Ablösesummen seit längerem ein Dorn im Auge. "Über allem steht aber die Vertragstreue und die Frage, wie diese wiederherzustellen ist", so Flick. Ein Vertrag mit beidseitiger Kündigungsmöglichkeit sei mehr wert als ein zeitlich fix befristeter Vertrag, der bei den aktuellen Marktbedingungen und sehr hohen Geldflüssen im modernen Fußball nicht mehr eingehalten wird.

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(Bild: KMM)



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