Auf Tauchstation

Jan Ullrich: Burn-Out und Niederlage vor Gericht

Sport
13.08.2010 15:27
Seelisch ausgebrannt und juristisch wohl am Ende: Vier Jahre nach dem Aus im Rennsattel ist der deutsche Ex-Radprofi Jan Ullrich hart auf dem Boden der Realität gelandet. Mit der Niederlage im Rechtsstreit gegen Dopingjäger Werner Franke und der zeitgleichen Bekanntgabe seines Burn-Out-Syndroms erlebte 36-jährige der Tour-de-France-Sieger von 1997 am Freitag einen seiner schwärzesten Tage.

Das Landgericht Hamburg sieht es als Tatsache an, dass Ullrich allein 2006 insgesamt 55.000 Euro für Dopingzwecke an den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes gezahlt hat. Daher wies die Kammer die Unterlassungsklage des ehemaligen Radprofis gegen Franke ab. Der Heidelberger Biologe und Dopingexperte hatte schon vor vier Jahren erklärt, dass Ullrich in einem Jahr mindestens 35.000 Euro an Fuentes überwiesen habe.

"Erwiesenermaßen Fuentes-Kunde"
"Wenn Ullrich ein Fünkchen Anstand hätte, würde ich spätestens jetzt mal eine Entschuldigung von ihm erwarten", sagte der 70-Jährige. In den vier Jahren der juristischen Auseinandersetzung habe er viele Dokumente gesammelt, die belegen, dass Ullrich "erwiesenermaßen Fuentes-Kunde" war, so Franke: " Eigentlich ist es ein Skandal, dass die Sache so lange gedauert hat. Aber in Deutschland gilt eben ein besonderer Schutz für Promis."

So gehen die Geldzahlungen an Fuentes aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft klar hervor. Das Gericht stellte nun fest, dass die Behauptung, es habe diese Überweisungen gegeben, "als wahr zu gelten" hätte. Im Zuge des Verfahrens habe Ullrich nicht mehr bestritten, für die Herstellung von Erythrozyten-Konzentrat aus seinem Blut 55.000 Euro an Fuentes gezahlt zu haben, hieß es in der Urteilsbegründung.

Eidesstattliche Erklärung "eindeutig falsch"
Dabei gibt es eine eidesstattliche Erklärung von Ullrich, in der er bestreitet, solche Kontakte zu Fuentes gehabt zu haben. "Ullrichs Aussage, er habe nie eine Verbindung zu Fuentes gehabt - die mir von ihm unterschrieben vorliegt - ist damit eindeutig falsch", sagte Franke. Sein Anwalt Michael Lehner geht deshalb davon aus, dass die Gegenpartei nicht in Berufung geht: "Für Ullrich kann es nur noch schlimmer werden. Ich könnte mir vorstellen, dass er die Sache auf sich beruhen lässt", sagte Lehner.

Schon vor zwei Jahren hatte Ullrich eine drohende Anklage wegen Sportbetrugs durch die Bonner Staatsanwaltschaft durch die Zahlung von 250.000 Euro abgewendet. Obwohl es damals kein Schuldgeständnis von ihm gegeben hatte, stand unter dem Strich die behördlich dokumentierte Erkenntnis: Ullrich hat gedopt.

Ulrich an Burn-out-Syndrom erkrankt
Auch jetzt wird sich der 36-Jährige bis auf Weiteres nicht äußern. Kurz vor der Urteilsverkündung am Freitag hatte er auf seiner Homepage mitgeteilt, dass er an einem Burn-Out-Syndrom erkrankt sei und sich deshalb für die kommenden Monate ganz aus der Öffentlichkeit zurückziehen werde. Die Erkrankung sei vor einigen Tagen diagnostiziert worden und erfordere eine längere Behandlung.

"Um eine baldige Genesung zu ermöglichen, werde ich mich deswegen in den nächsten Monaten vollständig aus der Öffentlichkeit zurückziehen", sagte Ullrich und bat darum, "seine Privatsphäre zu respektieren und zu wahren". In den kommenden Wochen wolle er sich ganz "dieser neuen Herausforderung stellen".

Hier der volle Wortlaut:

Liebe Fans,
es ist mir ein Anliegen, gerade Euch als treue Unterstützer über eine private Angelegenheit zu informieren.

Vor einigen Tagen wurde bei mir ein Burn-out-Syndrom diagnostiziert, das eine wohl längere Behandlung erfordert. Um eine baldige Genesung zu ermöglichen, werde ich mich deswegen in den nächsten Monaten vollständig aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Aus verständlichen Gründen möchte ich mich nicht weiter dazu äußern.

Ich bitte Euch um Verständnis und appelliere an alle Medien, unsere Privatsphäre zu respektieren und zu wahren. Meine Familie und ich gehen davon aus, dass Nachfragen bei Freunden, Verwandten und in unserem sonstigen Umfeld unterbleiben.

Ich werde mich in den kommenden Wochen dieser neuen Herausforderung stellen - und danke Euch auch im Namen meiner Familie bereits jetzt für Eure Unterstützung.

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(Bild: KMM)



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