WAC in Bundesliga?

Nenad Bjelica im krone.at-Talk über Fußball und Politik

Kärnten
10.08.2010 12:25
Der WAC ist das Überraschungsteam in der Ersten Liga. Nach sechs Runden liegt der Aufsteiger sensationell auf dem dritten Rang. Trainer Nenad Bjelica hat die Lavanttaler binnen weniger Wochen zum Erfolgsteam geformt. kaerntnerkrone.at sprach mit dem Kroaten über das Geheimnis seines Erfolgs, den Traum von der Bundesliga, Flüge zum Mond, Politiker am Fußballplatz und Ausländerfeindlichkeit.

krone.at: Vor dem Saisonstart war der Klassenerhalt das oberste Ziel. Werden die Ansprüche nun höher geschraubt?
Nenad Bjelica: Ich habe immer gesagt, dass wir nichts mit dem Abstieg zu haben wollen und dass wir - wenn alles passt - um den dritten bis fünften Platz mitspielen können. Und dabei bleibt es. An was anderes denken wir nicht. Im Fußball kann ja alles schnell gehen. Wir denken immer nur von Training zu Training und von Spiel zu Spiel.

krone.at: Warum diese Bescheidenheit? Um den Druck von der Mannschaft zu nehmen?
Bjelica: Ich bin nicht bescheiden, ich bin nur realistisch. Wir sind der erste Aufsteiger seit vielen Jahren, dem es am Anfang in dieser Liga gut geht. Das ist toll! Aber jetzt müssen wir einmal dieses Niveau halten. Es wird auch die Zeit kommen, in der wir Spiele verlieren. Wenn am Ende dennoch ein guter Platz herausschaut, sind wir natürlich froh.

krone.at: Was auffällt: Ihre Mannschaft hat das 0:4 in Grödig schnell weggesteckt. Wie haben Sie das angestellt?
Bjelica: Ganz einfach - wir verfallen in keine Euphorie, wenn wir gewinnen und in keine Depression, wenn wir verlieren. Und zum Grödig-Spiel: Da haben wir gar nicht so schlecht gespielt. Nur leider haben wir kurz vor und nach der Pause drei Tore erhalten. Das ist eben Fußball. Gegen Altach wiederum haben wir in der 45. Minute ein Tor geschossen. Es gleicht sich also alles wieder aus.

krone.at: Überraschend gut wurde die Verletzungspause von Sturmtank Marco Reich kompensiert...
Bjelica: Ja, weil wir 17 sehr gute Spieler haben, die jederzeit eingesetzt werden können. Aber eine ganze Saison können wir auf Spieler wie Marco Reich oder Markus Kreuz sicher nicht verzichten. Das hat man auch gegen Altach gesehen, als Reich uns bei seiner Rückkehr sehr geholfen hat.

krone.at: Die beiden Deutschen zählen zu den erfahrenen Spielern. Die beiden sind fast in Ihrer Altersklasse. Kommunizieren Sie mit den älteren Spielern auf einer anderen Ebene?
Bjelica:
Die Kommunikation ist mit jedem Spieler gleich. Natürlich gibt es bei uns in der Mannschaft eine gewisse Hierarchie. Die gibt es in jedem Verein. Doch im Endeffekt zählt die Leistung. Wer Leistung bringt, der spielt. Und ich bin froh, dass die erfahrenen Spieler so mitziehen. Dann sind auch die jungen Spieler umso motivierter.

krone.at: Bisher ist für den WAC fast alles nach Wunsch gelaufen. Kann es überhaupt noch eine Steigerung geben?
Bjelica: Wir werden uns im körperlichen Bereich sicher noch verbessern. Wir sind noch nicht fertig mit dem Vorbereitungsprogramm. Außerdem erwarte ich mir, dass wir ein Spiel in Zukunft noch besser kontrollieren, wenn wir in Führung liegen. Aber das kann man nicht so schnell lernen.

krone.at: Träumen Sie nach dem tollen Saisonstart schon ein bisschen von der Bundesliga?
Bjelica: Jetzt müssen wir uns einmal in der Liga konsolidieren. Wenn uns das gelingt, könnten wir vielleicht in der nächsten Saison an den Aufstieg denken. Man denke an Ried oder Mattersburg. Sie haben sich mit einer gesunden Basis in der Bundesliga etabliert. Ähnliches wäre mit Wolfsberg möglich.

krone.at: Jeder Trainer hat seinen eigenen Stil. Was unterscheidet Sie von anderen Trainern?
Bjelica: Das müsste man die Spieler fragen. Sie sollen es beurteilen. Ich bin so, wie ich bin. Und ich arbeite überall gleich. Egal, bei welchem Verein. Ich versuche jeden Spieler gleich zu behandeln und jedem Respekt entgegenzubringen. Diesen Respekt bekommen wir, das Trainerteam, von der Mannschaft auf dem Platz zurück.

krone.at: Beim Sieg gegen die Vienna kam Landeshauptmann Gerhard Dörfler auf die Spielerbank. Viele Fans haben mit Pfiffen darauf reagiert. Wie haben Sie es selbst gesehen?
Bjelica: Ich freue mich über jeden, der sich für unseren Verein begeistern kann. Ob das ein Landeshauptmann ist oder jemand, der im Büro arbeitet - das ist mir ganz egal. Ich habe kein Problem mit Politikern. Wir sind aber von ihnen nicht abhängig. Wir wollen mit eigener Kraft etwas erreichen. Bisher ist uns das gut gelungen.

krone.at: Sie sind kroatischer Staatsbürger. Wie beurteilen Sie eigentlich den Umgang mit Ausländern in Kärnten?
Bjelica: Als Sportler und bekannte Person hatte ich nie Schwierigkeiten. Sollte es für andere Ausländer wirklich Probleme geben, wie manchmal behauptet wird, dann fände ich das nicht korrekt. Mir selbst ist es egal, ob jemand Österreicher oder Ausländer ist. Ich bin in meiner Karriere viel herumgekommen und wurde weltoffen erzogen. Ich hoffe, dass man in dieser Richtung in Kärnten etwas verbessern kann.

krone.at: Und was sagen Sie zur Sportpolitik?
Bjelica: In den letzten Jahren ist gerade im Kärntner Fußball viel Schlechtes passiert. Politiker haben bei Fußballvereinen nichts zu suchen. Wenn sie helfen können, sind sie willkommen. Aber die Entscheidungsträger müssen aus den Vereinen kommen, nicht aus der Politik.

krone.at: Gerade in Sachen Austria Kärnten ist in dieser Richtung sehr viel vorgefallen. Sie wohnen selbst in Klagenfurt. Was sagen Sie zur neuen Austria?
Bjelica: Es ist gut, dass es wieder einen traditionellen Verein gibt, mit dem sich die Fans identifizieren können. Bei Austria Kärnten war das wohl nicht so. Jetzt muss man die Sachen einfach richtig anpacken – sportlich und finanziell.

krone.at: Am Samstag sind Sie im Rahmen des ÖFB-Cups mit dem WAC in der EM-Arena zu Gast. Dort treten Sie gegen den SAK an. Ein besonderes Spiel für Sie?
Bjelica: Wir freuen uns sehr darauf. Es ist auch für mich eine Premiere. Weder als Spieler noch als Trainer war ich jemals in diesem Stadion. Sportlich hoffe ich natürlich, dass wir weiterkommen. Wir haben gute Chancen, aber wir werden alles geben müssen. Der SAK wird topmotiviert sein.

krone.at: Sie haben 2008 Ihre Spielerkarriere beendet. Geht Ihnen es nicht ab, selbst am Platz zu stehen?
Bjelica: Überhaupt nicht! Ganz ehrlich: Ich bin jetzt viel glücklicher als damals als Spieler. Ich mag es, Verantwortung zu übernehmen. Als Spieler bist du nur einer von 25 Teammitgliedern. Als Trainer kannst du selbst mehr entscheiden. Ich bin jetzt um 30 Prozent glücklicher als damals zu meiner eigenen Karriere.

krone.at: Hat sich für Sie der Alltag als Trainer geändert? Gönnen Sie sich jetzt etwas mehr vom Leben?
Bjelica: Meine Frau würde gerne am Abend mehr mit mir unternehmen. Aber das ist nicht meine Art zu leben. Ich genieße ein gutes Abendessen mit meiner Frau. Aber bis in die Morgenstunden unterwegs zu sein, das mach ich nicht. Dann wäre ich am nächsten Tag zu müde und könnte nicht mit meinen Kindern spielen.

krone.at: Sie wirken immer sehr zielstrebig und konzentriert. Können Sie uns verraten, welchen Luxus Sie sich gönnen?
Bjelica: Ich leiste mir nichts Außergewöhnliches. Keinen Ausflug auf den Mond oder sonstiges (lacht). Ich habe ein schönes Haus und ein gutes Auto. Ansonsten gebe ich mein ganzes Geld für meine Kinder aus. Das macht mich glücklich.

Interview: Christian Rosenzopf

 
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