Brände in Russland

Zu verqualmt: Erste Diplomaten reisen aus Moskau ab

Ausland
08.08.2010 09:28
Aufgrund des giftigen Qualms von den Torfbränden rund um Moskau sind die ersten Diplomaten aus der russischen Hauptstadt abgereist. Polen, Kanada und Österreich hätten einige Mitglieder ihres diplomatischen Personals und deren Familien in die Heimat geschickt, berichtete der Radiosender "Echo Moskwy" am Sonntag. Im Wiener Außenamt wurden diese Angaben dementiert. Es sei "kein diplomatisches Personal nach Hause geschickt" worden, betonte Ministeriumssprecher Harald Stranzl am Sonntag.

Alle österreichischen Botschaftsmitarbeiter seien an Ort und Stelle, mit Ausnahme derjenigen, die auf Urlaub sind. Auch werde die Botschaft in Moskau Montag offen bleiben, sofern sich "nichts Wesentliches" an der Wettersituation ändere, so Stranzl.

Unterdessen schickte Frankreich ein Löschflugzeug nach Russland. Italien bot ebenfalls an, mehrere Maschinen zur Verfügung zu stellen. Polen sicherte Russland am Samstag 155 Feuerwehrleute als Unterstützung zu, aus Deutschland kommen neben 100.000 Atemschutzmasken auch Schläuche, Pumpen sowie Motoraggregate nach Moskau.

Kein Ende der Hitzewelle in Sicht
Nach wie vor ist kein Ende der ungewöhnlich langen Hitzewelle in Sicht. Die Temperatur in der Hauptstadtregion werde sogar wieder auf an die 40 Grad Celsius steigen, meldete die russische Nachrichtenagentur Itar-TASS am Samstag unter Berufung auf den Wetterdienst Rosgidromet. Wegen des Qualms ist die Industrie in der Hauptstadtregion angewiesen worden, ihren Schadstoffausstoß um 40 Prozent zu verringern

Der Smog verringerte die Sicht auf den Moskauer Hauptstraßen auf weniger als 150 Meter, meldete Itar-TASS weiter. Wegen der Wald- und Torfbrände rund um die Metropole werde es weiter schwer sein zu atmen. Ärzte empfahlen den Einwohnern, in ihren Wohnungen zu bleiben, öfters zu duschen und nicht zu rauchen. Die russische Fußball-Liga sagte die beiden für das Wochenende in der Hauptstadt angesetzten Spiele der Eliteklasse aus gesundheitlichen Gründen ab.

Zahlreiche Flüge storniert und umgeleitet
Auf dem internationalen Moskauer Flughafen Domodedowo war der Betrieb auch am Samstag nur eingeschränkt möglich. Die Sichtweite dort betrug laut Luftfahrtbehörde gerade mal 325 Meter, nicht einmal halb so viel wie normal. 40 Flüge mussten gestrichen werden, zahlreiche weitere mussten auf andere Flughäfen ausweichen.

Der dichte Rauch drang auch in Wohnungen und Büros ein, bei vielen Bewohnern der russischen Hauptstadt löste er Hustenreiz aus. Wie die Zeitung "Kommersant" berichtete, übertrifft die Konzentration von gesundheitsschädlichem Kohlenmonoxid in der Luft nach Auskunft von Experten die Grenzwerte bereits um das Fünffache.

Über 500 Brände lodern
Nach Angaben des Ministeriums für Notlagen loderten am Freitag noch mehr als 500 Brände. Bisher kamen mindestens 52 Menschen in den Flammen ums Leben, bis zu 2.000 Wohnhäuser wurden zerstört. Die Behörden haben eingeräumt, dass die derzeit eingesetzten 10.000 Feuerwehrleute möglicherweise nicht ausreichen.

Unterdessen hat das Außenministerium in Wien Reisehinweise für Österreicher veröffentlicht, die sich in den Krisenregionen aufhalten. Diesen wird empfohlen, diese Gebiete zu verlassen. Auch wird davon abgeraten, in die Brandregionen zu reisen.

Laut Harald Stranzl vom Außenamt sind der Botschaft in Moskau rund 500 Auslandsösterreicher bekannt, die sich in Russland aufhalten. Dabei handle es sich zum überwiegenden Teil um Personen, die dort auch ihren Lebensmittelpunkt haben. Die meisten von ihnen leben im Großraum Moskau. "Wir haben derzeit keine Informationen, dass sich unter diesen Auslandsösterreichern jemand in unmittelbarer Gefahr befindet oder bereits zu Schaden gekommen ist", so Stranzl.

Ausbreitung radioaktiver Stoffe befürchtet
Einsatzkräfte transportierten unterdessen Sprengstoff und Munition aus gefährdeten Militäreinrichtungen ab. Brände in der Nähe einer Atomforschungsanlage in Sarow wurden mit Hilfe von Flugzeugen, Hubschraubern und Robotern bekämpft. Bedenklich ist inzwischen die Lage in der vom Unfall im Atomkraftwerk Tschernobyl verseuchten Region. Die verheerenden Waldbrände drohen zunehmend, radioaktive Stoffe freizusetzen. Am Vortag hatte Zivilschutzminister Sergej Schoigu davor gewarnt, dass die Brände radioaktiv verseuchten Boden im Gebiet von Brjansk aufwirbeln könnten.

Die Region ist seit der Katastrophe im Jahr 1986 besonders stark von Radioaktivität betroffen. Schoigu sagte, dass durch die Flammen Partikel in die Luft und so in andere Regionen gelangen könnten. "Bei uns arbeiten einige Labors, und wir kontrollieren die Situation im Gebiet von Brjansk sehr genau - besonders im Süden im Kreis Nowosykowsk, der bei der Tschernobyl-Katastrophe besonders stark verseucht worden war."

Heißester Juli seit Beginn der Aufzeichnungen
Russland leidet seit Wochen unter einer Hitzewelle und Dürre. Der Juli war der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 130 Jahren, auch für die kommenden Tage wird keine Wetterveränderung vorhergesagt.

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