Blackberry-Verbot

EU-Kommission und deutsche Regierung untersagen Nutzung

Elektronik
05.08.2010 13:03
Der kanadische Blackberry-Hersteller RIM gerät zunehmend unter Druck. Im Streit um die Datenkontrolle des Smartphones will Saudi-Arabien am Freitag den Dienst für Kurznachrichten abschalten. Auch Indien pocht auf den Zugang zu verschlüsselten Daten. Die Europäische Kommission sowie die deutsche Bundesregierung haben sich indes aus Sicherheitsgründen gegen die Nutzung von Blackberrys entschieden. Hierzulande stuft man das Smartphone hingegen als sicher ein, ein Blackberry-Verbot ist in den Ministerien daher "kein Thema".

"Unsere Haltung ist klar: Blackberry-Dienste, die von unseren Behörden nicht voll überwacht werden können, müssen unterbrochen werden", zitierte die indische Zeitung "Economic Times" am Mittwoch einen Vertreter der Sicherheitsbehörden. Der Konzern Research in Motion (RIM) habe Indien angeboten, technische Details aus bestimmten Diensten zu öffnen, erfuhr Reuters aus Regierungskreisen in Neu-Delhi. Die indischen Behörden forderten aber vollen Zugang.

Datenströme laufen über eigene Rechenzentren
RIM ist in mehreren Staaten wegen seiner umfangreichen Verschlüsselung beim Datenverkehr in Ungnade gefallen. Anders als die übrigen Handy-Firmen lässt RIM seine Datenströme nicht über die Server eines lokalen Telefonanbieters laufen, sondern über eigene Rechenzentren in Kanada und Großbritannien. Während dies vielen der 41 Millionen Nutzer weltweit als Kaufargument dient, beklagen mehrere Staaten, vor allem aus der Golf-Region, mangelnde Kontrolle über die Daten.

Saudi-Arabien will den nicht nur in der Geschäftswelt, sondern auch bei jüngeren Nutzern beliebten Messenger-Dienst des Smartphones daher am Freitag stilllegen. Der Termin sei endgültig, erklärte die Telekommunikationsaufsicht, räumte zugleich aber ein, dass dazu noch Verhandlungen liefen. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten unlängst angekündigt, Blackberry-Nutzer ab Oktober von allen Internet-basierten Diensten abzuhängen. Kritik kam auch aus Kuwait und Bahrain.

"Können Verschlüsselung der Kundendaten nicht offenlegen"
Die Kanadier selbst beteuerten, sie hätten bisher keinem Staat Sonderrechte in Sicherheitsfragen eingeräumt und könnten die Verschlüsselung der Kundendaten nicht offenlegen. RIM-Technikchef David Yach hatte am Dienstag gesagt, die Regierungen könnten Probleme damit haben, ihre Drohungen durchzusetzen, da sie selbst sehr auf die Blackberry-Anwendungen angewiesen seien.

RIM jedenfalls wolle nicht von seinen Versprechungen abrücken, die man Kunden zu Sicherheitsvorkehrungen gemacht habe. Es sei aber möglich, dass sich Regierungen direkt an Unternehmen wendeten, um mit einer rechtmäßigen Bevollmächtigung die E-Mails der Blackberry-Nutzer zu überprüfen, sagte der RIM-Manager.

Keine Blackberrys für EU-Kommission und deutsche Regierung
Die Europäische Kommission hat sich indes unter anderem aus Sicherheitsgründen gegen Blackberrys für ihre 32.000 Mitarbeiter entschieden. Stattdessen werde auf Apples iPhone und die Smartphones von HTC zurückgegriffen, sagte ein Sprecher, ohne Einzelheiten zu nennen. Experten gehen davon aus, dass sich die europäischen Bedenken daran entzünden, dass RIM alle Datenströme über Rechenzentren in Kanada und Großbritannien laufen lässt. Damit sei zumindest in diesen Ländern - und auch von seiten der USA - ein Zugriff auf die Daten möglich.

Die deutsche Bundesregierung hat sich ebenfalls aus Sicherheitsgründen gegen die Nutzung von Blackberrys entschieden. Das Innenministerium empfahl den anderen Ressorts bereits am 19. November 2009 in einem Reuters vorliegenden Schreiben, auf die Nutzung sowohl von Blackberrys als auch iPhones zu verzichten. "Insbesondere mobile Geräte stellen dabei ein erhebliches Gefährdungspotential für IT-Infrastrukturen und Regierungsnetze dar", heißt es in dem noch von dem damaligen Staatssekretär Hans Bernhard Beus verfassten Schreiben.

Das Netz der Bundesverwaltung sei zwar eines der sichersten Regierungsnetze weltweit, schreibt er. Damit dies so bleibe, sollten die Ministerien aber unbedingt den Empfehlungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) folgen. Bei den Smartphones werde vom BSI nur ein einziges Gerät empfohlen, nämlich das "Simko2" der Telekom-Großkundensparte T-Systems. "Andere PDAs wie beispielsweise Blackberry oder iPhone erfüllen derzeit nicht die notwendigen Sicherheitsanforderungen und können nicht zum Einsatz kommen."

Blackberry-Verbot in Österreich kein Thema
In Österreich sind die in mehreren Ländern diskutieren Sicherheitsbedenken gegenüber Smartphones kein Thema, einzig das Innenministerium verwendet keine Smartphones. Begründet wird das dort mit dem "Umstand, dass der Datenaustausch nicht in Österreich stattfindet". In dem ebenfalls sicherheitsrelevanten Verteidigungsministerium sind Blackberrys nur für einen "eingeschränkten Personenkreis", darunter auch der Minister, und in einem "eingeschränkten Betrieb" mit einer speziellen Software, die das Eindringen von Außen verhindert, in Verwendung.

Für besonders heikle Angelegenheiten stehen dem Militär allerdings sogenannte Krypto-Handys zur Verfügung. Diese Spezialtelefone verschlüsseln die Worte in unverständliches Rauschen. Erst am Ende der Leitung werden sie wieder zu verständlichen Tönen zusammengesetzt - vorausgesetzt auch die Gegenstelle verwendet ein Krypto-Handy.

Faymann telefoniert mit iPhone, Fischer mit Blackberry
Im Bundeskanzleramt sind Smartphones ebenfalls in Verwendung, der Kanzler selbst hat ein iPhone. Über Blackberrys verfügen Finanzministerium, Verkehrsministerium und Präsidentschaftskanzlei. Auch Bundespräsident Heinz Fischer hat sich der modernen Technik nicht verschlossen und verwendet einen Blackberry.

Sicherheitsbedenken haben die heimischen Ministerien nicht. Nach Auskunft von mehreren Ressorts wurden die diesbezüglichen Sicherheitsaspekte schon vor Jahren im Bundeskanzleramt untersucht und die Smartphones als sicher eingestuft.

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