Passend dazu setzt er die privaten Miseren seiner Protagonisten in ein wenig Gutes versprechendes gesellschaftliches Umfeld. Der Komponist und Kapellmeister Wergenthin, den seine Karriere gerade bis Detmold führt (wo immerhin auch Brahms tätig war), wird von Ex-Mondscheiner-Sänger Manuel Rubey (rechts im Bild) verkörpert - und das auf ideale Weise. Der feinsinnige, aber blässliche Baron, der seinem Leben keine Perspektive zu geben vermag, ist eine Schnitzler-Figur par excellence.
Katharina Straßer als seine Geliebte Anna vermittelt den bittersüßen Charme des bürgerlichen Wiener Mädels ganz ohne gängige Naivität, dafür mit sympathisch aufgerautem Timbre. Von erlesener Qualität auch alle weiteren Mitwirkenden wie Marcello de Nardo als intellektueller Schriftsteller Bermann, Rainer Frieb als jüdischer Patriarch Salomon Ehrenberg, Ruth Brauer als seine am Akkordeon musizierende Tochter, Marianne Nentwich in mütterlicher Doppelrolle, Toni Slama als Annas Vater, der die Welt nicht mehr versteht, und nicht zuletzt Maria Happel, die als Pianistin Eißler vom Pianino aus die Aufführung dirigiert. Sie hat auch eine famose (Haus-)Musik zuwege gebracht, die in ihrer - zugegeben fast kitschig anmutenden - Sentimentalität ganz besonders berührt und stellenweise wie ein kammermusikalischer Live-Soundtrack wirkt.
Peter Loidolts Bühnenbild verwendet floral anmutende Makromuster und mobile Türen, was dem Raum Weite und praktikable Flexibilität gewährt. Dieser "Weg ins Freie" scheint von den diesjährigen Festspielproduktionen in Reichenau die überzeugendste, weil stimmigste zu sein.
von Ewald Baringer/APA
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