Tankstellen-Inferno

Ermittler glauben an Selbstmord im Drogenrausch

Salzburg
01.07.2010 09:48
Das Auto fährt von der Brennerautobahn weg, rast auf eine Tankstelle zu, wird schneller, bohrt sich in die Zapfsäule, wird zum Feuerball, Schreie, Flammenwände - in Sekunden verbrennen der Lenker, ein in Salzburg lebender Schwede, und ein japanischer Tourist. Jetzt erhärtet sich ein Verdacht nach dem Inferno in Tirol: Der Unglücksfahrer war auf Drogen und/oder wollte sich umbringen.

Der Leichnam des Schweden wurde am Mittwochvormittag obduziert. Die Polizei hatte von Anfang an stutzig gemacht, dass weder bei der Zufahrt zur Tankstelle noch im Bereich vor den Zapfsäulen Bremsspuren zu finden waren. Die Erhebungen im Umfeld des tödlich Verunglückten legten schließlich nahe, dass es sich nicht um einen Unfall, sondern um Suizid handelt.

Im Leben falsch abgebogen
Eric E. aus Schweden, 24 Jahre alt, übersiedelte vor ein paar Jahren nach Saalbach, ging gerne snowboarden, fand die Liebe zu den Bergen und zu seiner Herzdame - einer Salzburgerin. Er jobbte in Saalbach-Hinterglemm als Kellner, später wurde er arbeitslos. Eine Biografie wie Tausende andere auch. Nur irgendwann bog Eric plötzlich falsch ab im Leben. Drogen, Aggression, Paranoia - aus dem jungen Auswanderer wurde ein Fall für die Nervenheilanstalt.

Polizeiintern ist nach dem Inferno von "hoher Suizidbereitschaft und Allgemeingefährdung" die Rede. Trotzdem wurde der 24-jährige Schwede vor Kurzem erst aus der Klinik entlassen.

"Ein freundlicher Mensch ohne Aggression"
Dr. Christoph Stuppäck von der Christian-Doppler-Klinik kannte Eric E. nicht so: "Ich dachte sicher nicht, dass er ein Dauerfall werden könnte, für den wir ein Bett freihalten. Er war höflich und freundlich, ohne erkennbare Selbstmordtendenz oder Aggressionen nach außen. Mir schien, dass er mit Drogen zu tun hatte. Als ich die Meldung aus Tirol erstmals hörte, wäre ich nie auf diesen Mann gekommen. Er war auch erst einmal in unserer Klinik." Eine gute Freundin beschreibt Eric als nett, sie kann und will sich "das nicht vorstellen".

Fakt ist: Er saß am Steuer des Todeswagens, raste Dienstag - unter Drogen oder mit Suizidabsichten - in die Flammenhölle. Er und ein Japaner starben, als ihn die brennende, weggerissene Zapfsäule frontal niedermähte, zwei Landsleute des Touristen wurden verletzt, als sich das Feuermeer über die Tankstelle ergoss.

Martin Jenewein, Chef des Shops, lief in das Chaos hinein. Dort das Feuer, da ein verkohltes, zum Blechknäuel geschmolzenes Autowrack, überall geschockte, verängstigte Zeugen.

Es hätte Dutzende Tote geben können
Dabei hätte es viel schlimmer kommen können. Das ist immer einer dieser Nicht-Sätze, aber hier stimmt er. Normalerweise stehen mehrere Reisebusse Schlange vor der Tankstelle, die Menschenmengen drängen in den Shop. Die gleiche Todesfahrt zu einer anderen Zeit, Samstagmittag etwa - und Eric E. wäre mit einem Schlag zum Massenmörder geworden.

von M. Pommer, T. Schrems, A. Moser und M. Heininger (Kronen Zeitung) und krone.at; Fotos: Reinhard Kircher

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