Schnabl zu SPÖ-Krise:

„Wir sind weder regierungs- noch oppositionsfähig“

Österreich
28.11.2019 16:52

Die SPÖ schlittert immer tiefer in eine Krise aus innerparteilicher Revolte und Richtungsstreit. Auch die Landesparteichefs melden sich nun zu Wort. An die Spitze der Kritiker stellte sich am Donnerstag Niederösterreichs SPÖ-Vorsitzender Franz Schnabl. Er sieht die Sozialdemokraten derzeit als „weder regierungs- noch oppositionsfähig“ an. Die aktuelle Situation der SPÖ bewertet er „aus sozialdemokratischer Sicht natürlich als Albtraum“.

„Ich erwarte mir die Einleitung eines glaubwürdigen Reformprozesses mit einem fundierten, realistisch umsetzbaren Finanzierungsplan“, so Schnabl in einer schriftlichen Stellungnahme. Zu den umstrittenen, hoch dotierten Beraterverträgen meinte er, dass diese seines Wissens „in keinem Vorstand beschlossen wurden“. Für ihn sei klar, dass die Verträge nicht nur reduziert, sondern ehestmöglich aufgelöst werden müssen.

„Spürbare Entsolidarisierung der Funktionäre auf allen Ebenen“
Weiters erklärte Schnabl, neben der erstmaligen Kündigung von Mitarbeitern in der Geschichte der SPÖ sei für ihn mittlerweile auch die „politische Perspektive der Partei ein akutes Problem, es gibt eine spürbare Entsolidarisierung der Funktionäre auf allen Ebenen“. Bei der bevorstehenden Gemeinderatswahl in Niederösterreich sei diese Distanzierung von der Partei durch verstärkte Namenslisten-Anmeldungen spürbar. „Ich beobachte das mit Sorge.“

„Nicht nur nicht regierungs-, auch nicht oppositionsfähig"
„Wir beantragen eine Sondersitzung zum Thema Casinos und melden am selben Tag 27 ParteimitarbeiterInnen zur Kündigung beim AMS an. Kein Wunder, dass in der Berichterstattung nichts über die aufklärungswürdigen Casinos steht. (Burgenlands Landeschef Hans Peter, Anm.) Doskozil hat Recht. Wir sind nicht nur nicht regierungs-, sondern auch nicht oppositionsfähig“, meinte Schnabl zur Performance der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner.

Rückhalt für SPÖ-Führungsriege schwindet zunehmend
Auch in der oberösterreichischen SPÖ war der Unmut über Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Deutsch sowie allgemein an der derzeitigen Performance der Sozialdemokratie unüberhörbar. Dass man mit Deutsch nicht glücklich ist, gilt als kein Geheimnis, doch auch der Rückhalt für die Parteichefin scheint nun zu schwinden.

Eine offizielle Stellungnahme gab es nicht, aber hinter vorgehaltener Hand war das Murren über teure Beraterverträge, die mangelnde interne und die unglückliche äußere Kommunikation - Stichwort: Wofür steht die SPÖ? „Daran arbeiten wir“ - unüberhörbar. Auch dass die SPÖ just am Tag der Casinos-Sondersitzung - eine Steilvorlage für jede Oppositionspartei - ihren Personalabbau kommuniziert hat, konnte man nicht fassen.

SPÖ-Urgestein Josef Cap im Talk bei Katia Wagner: „Flächendeckendes Problem“

Vorarlbergs Landesparteivorsitzender Martin Staudinger wollte im Vorfeld der Gremiensitzungen der SPÖ keine Leistungsbeurteilung der Partei bzw. von Rendi-Wagner abgeben. „Wir besprechen in Präsidium und Vorstand, was es zu besprechen gibt. Das mache ich nicht über die Medien“, stellte er fest. Dass es aber bei den Finanzen Konsolidierungsbedarf gebe, sei offensichtlich.

Dornauer gibt Monatsgehalt an Bundespartei ab
Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer griff angesichts der tristen finanziellen Lage der Partei zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Er werde „als Sofortmaßnahme“ ein Monatsgehalt als Klubobmann im Tiroler Landtag an die Bundespartei abgeben, kündigte er am Donnerstag an. Dies sei Ausdruck seiner „hundertprozentigen Solidarität mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Löwelstraße“, so Dornauer. „Jeder Mitarbeiter der gehen muss, ist einer zu viel. Krisen sind dazu da, gemeinsam schneller Lösungen zu finden.“

Deutsch rechtfertigt Kündigungen
Deutsch leitete indes seine schriftliche Antwort an den SPÖ-Betriebsratchef Siegfried Sailer weiter, der den angekündigten Mitarbeiterabbau kritisiert hatte. Vor einem für Donnerstag angekündigten Treffen betonte er, dass nicht 27 Mitarbeiter gekündigt würden, sondern dass die maximale Anzahl von 27 Personen dem AMS gemeldet worden sei. „Es ist schmerzlich und es geht mir menschlich sehr nahe“, betonte Deutsch.

In deutlich herablassenderem Ton antwortete Deutsch gemeinsam mit Parteikassier Christoph Matznetter indes auf den Brief von Ex-Parteichef Christian Kern, in dem dieser auf eine deutlich niedrigere zurückgelassene Schuldenhöhe als von der Partei jüngst verbreitet verweist. Deutsch und Matznetter rechneten Kern vor, warum dies nicht stimme. „Leider hast Du dich bei uns nicht genau erkundigt, bevor Du an die Öffentlichkeit getreten bist“, klopften sie ihm auf die Finger.

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