French Open

Melzer kämpft sich gegen Djokovic ins Halbfinale

Niederösterreich
02.06.2010 22:30
Jürgen Melzer steht sensationell erstmals im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers: Der Vorstoß unter die letzten vier der French Open in Paris gelang dem 29-Jährigen nach einem 4:15-Stunden-Marathon mit 3:6, 2:6, 6:2, 7:6(3), 6:4 gegen den als Nummer drei gesetzten Serben Novak Djokovic. Der Niederösterreicher trifft nun am Freitag auf den vierfachen Sieger und als Nummer zwei gesetzten Spanier Rafael Nadal.

Bei einer großartigen Atmosphäre im vollbesetzten 10.000-Zuschauer Stadion "Court Suzanne Lenglen" hatte Melzer zunächst zwar im ersten und dritten Game jeweils einen Breakball vorgefunden, doch die Partie lief zu Gunsten des sechs Jahre jüngeren Serben. Der 29-jährige Melzer sah sich nach nur 68 Minuten einem 3:6, 2:6 gegenüber und geriet auch im dritten Durchgang nach einem Break zum Auftakt mit 0:2 in Rückstand. Bis dahin hatte Melzer nie wirklich an seine in den Vorrunden gezeigte Form anschließen können.

Dritter Satz brachte die Wende
Als es niemand mehr erwartet hatte, kippte die Partie - nicht zuletzt wegen eines im dritten Satz doch sehr fehlerhaften Djokovic - in die andere Richtung. Melzer holte Satz drei mit 6:2. Im vierten Satz ging es wieder eng zu. Als Melzer bei 4:3 im Marathon-Aufschlag-Game von Djokovic insgesamt sieben Breakbälle nicht nützen konnte, glaubte man das Match erneut gedreht, dann ging es aber ohne neuerlichen Serviceverlust ins "jeu decisif". In diesem spielte Melzer wie in Trance, stellte auf 6:0, ließ Djokovic noch auf 3:6 herankommen, ehe er den Entscheidungsdurchgang fixierte.

Satz fünf in diesem Marathon-Match verlief weiter sehr spannend, in diesem Durchgang zeigten auch beide Spieler ihr bestes Tennis. Melzer wehrte einen Breakball zum 2:4 ab, bei 4:4 im neunten Spiel fiel die Vorentscheidung, als er nach einem weiteren Marathon-Game mit dem dritten Breakball das 5:4 herstellte. Im zehnten Game musste er nach dem vergebenen ersten Matchball selbst wieder zwei Breakbälle abwehren, ehe er Matchball Nummer zwei zum größten Sieg seiner Karriere nützte.

Melzer riss beide Arme in die Höhe und blickte überglücklich in seine Box, in der nicht nur seine Eltern, Trainer Joakim Nyström, Physiotherapeut Jan Velthuis und Ronnie Leitgeb saßen, sondern auch die wegen einer Uni-Prüfung zuletzt in Wien gewesene, aber wieder eingeflogene Freundin Mirna Jukic.

Melzer: "Eine Riesen-Genugtuung"
Melzer gab sich nach dem Spiel überglücklich: "Natürlich war das das Match meines Lebens, keine Frage. Ich war 0:2 Sätze hinten gegen die Nummer 3 der Welt und hab es umgedreht, viel mehr brauche ich, glaube ich, nicht mehr zu sagen." Seine außergewöhnliche Aufholjagd begründete er so: "Ich war heute bei einem Punkt sehr weit weg vom Semifinale. Aber ich habe mein ganzes Herz zusammengenommen und habe gekämpft und versucht, in der Partie drinnenzubleiben. Ein Viertelfinale spielt man nicht jeden Tag, da kann man ihm nicht das Match schenken."

Auf die Frage, warum Djokovic die Führung dann auch wegen einiger Eigenfehler noch aus der Hand gegeben hat, antwortete Melzer: "Wenn man zwei Sätze führt und Break vorne ist, vielleicht lässt man kurz einmal locker. Aber ich habe vorher meine Chancen rausgespielt und sie nicht verwertet und dann Mitte dritter Satz ist es immer besser geworden. Dann habe ich nicht mehr aufgehört dran zu glauben, das Match zu gewinnen."

Über seine Gefühlslage meinte er: "Es ist eine Riesen-Genugtuung. In erster Linie bin ich sehr müde. Jetzt muss ich schauen, dass ich bis Freitag fit bin." Nach fast viereinhalb Stunden sei er im Kopf leer. Über seinen nächsten Gegner Rafael Nadal: "Der hat heuer auf Sand noch nicht verloren, ist in den letzten Jahren im allgemeinen auf Sand nicht oft geschlagen worden. Ich muss extrem aggressiv spielen, muss schauen, dass ich ihn beschäftige. Dass ich da absoluter Außenseiter bin, ist auch keine Frage."

Djokovic:  "Er hat wirklich gut gespielt"
Djokovic meinte nach seiner Niederlage: "Ich muss ihm zuerst gratulieren, er hat wirklich gut gespielt, besonders bei seinen Aufschlagspielen. Aber ich habe einen großen Fehler gemacht. Ich habe ihn mit meinen unerzwungenen Fehlern ins Match zurückgelassen und er hat das Momentum bekommen. Ich bin natürlich sehr enttäuscht, dass ich ein Match verloren habe, das ich total unter Kontrolle hatte mit 2:0-Sätzen und einem Break, aber das ist Tennis. Das ist Grand Slam, du musst immer bis zum Ende durchspielen, weil diese Dinge passieren, besonders in dieser Phase des Turniers."

Djokovic beklagte sich danach schon auch über insgesamt zwei strittige Bälle, speziell jenen Passierball, der im letzten Game out gegeben wurde. "Wir können natürlich drüber reden, von meiner Seite und von jeder Perspektive hat er gut ausgesehen. Ich weiß nicht, warum der Stuhlschiedsrichter diese Entscheidung getroffen hat. Aber das ist alles Teil des Sports. Manchmal muss man auch mit den Entscheidungen Glück haben."

Melzer schaffte im dritten Duell den ersten Erfolg über einen seiner Vorgänger als Wien-Sieger und durfte auch über den zweiten Sieg über einen Top-3-Spieler jubeln. Der erste war 2002 in Wien gegen den Deutschen Tommy Haas (damals Weltranglisten-Zweiter) gelungen. Melzer ist es erstmals in seiner Karriere gelungen, einen 0:2-Satzrückstand noch in einen Sieg zu verwandeln.

Der Deutsch-Wagramer ist erst der zweite Österreicher, der im Einzel diese Phase in einem Major-Turnier erreicht hat. Zuvor war dies nur Thomas Muster gelungen und zwar vier Mal: Bei den Australian Open 1989 und 1997 sowie den French Open 1990 und 1995. Vor 15 Jahren gewann Muster in Paris danach auch das Turnier.

Satte 280.000 Euro Preisgeld
Melzer sicherte sich damit nicht weniger als 280.000 Euro, also seinen bisher wertvollsten Preisgeld-Scheck, sowie 720 ATP-Punkte für die Weltrangliste, in der er nun klar in die besten 20 eindringen wird. Die Top 20 hatte er als fünfter männlicher ÖTV-Spieler nach Muster, Gilbert Schaller, Horst Skoff und Stefan Koubek schon vor dem Viertelfinale laut ATP sicher gehabt.

Im Halbfinale wartet Nadal
Nun trifft Melzer zum dritten Mal auf den Weltranglisten-Zweiten Nadal, der mit seinem fünften Titelgewinn in Roland Garros wieder an die erste Stelle der Weltrangliste vorrücken würde. Die bisherigen Duelle mit Melzer hat der 24-jährige Mallorquiner 2008 bei den Sommerspielen in Peking (Viertelfinale 6:0, 6:4) und 2009 in Madrid (3. Runde 6:3, 6:1) jeweils glatt gewonnen. Er ist heuer in Paris ohne Satzverlust ins Semifinale eingezogen und klarer Favorit gegen Melzer.

Weitere Ergebnisse:

DAMEN - Viertelfinale:
Jelena Jankovic (SRB-4) - Jaroslawa Schwedowa (KZK) 7:5, 6:4
Jelena Dementjewa (RUS-5) - Nadja Petrowa (RUS-19) 2:6, 6:2, 6:0
Samantha Stosur (AUS-7) - Serena Williams (USA-1) 6:2, 6:7(2), 8:6

HERREN - Viertelfinale:
Rafael Nadal (ESP-2) - Nicolas Almagro (ESP-19) 7:6(2), 7:6(3), 6:4
Robin Söderling (SWE-5) - Roger Federer (SUI-1/TV) 3:6, 6:3, 7:5, 6:4
Tomas Berdych (CZE-15) - Michail Juschnij (RUS-11) 6:3, 6:1, 6:2

DAMEN-DOPPEL - Halbfinale:
Kveta Peschke/Katarina Srebotnik  (CZE/SLO-12) - Nuria Llagostera
Vives/Maria Jose Martinez Sanchez (ESP-2) 3:6, 6:4, 6 :4

HERREN-DOPPEL - Viertelfinale:
Daniel Nestor/Nenad Zimonjic (CAN/SRB-2) - Lukasz Kubot/Oliver Marach (POL/AUT-6) 7:5, 6:3
Wesley Moodie/Dick Norman (RSA/BEL-4) - Marc Lopez/Pere Riba (ESP) 6:1, 6:4
Julian Knowle/Andy Ram (AUT/ISR-10) - Marcelo Melo/Bruno Soares (BRA) 6:7(3), 6:2, 6:0
Lukas Dlouhy/Leander Paes (CZE/IND-3) - Mariusz Fyrstenberg/Marcin Matkowski (POL-8) 6:1, 6:3

MIXED-DOPPEL - Viertelfinale:
Jaroslawa Schwedowa/Julian Knowle (KAZ/AUT) - Cara Black/Leander Paes (ZIM/IND-2) 6:3, 6:7(2), 10:7

MIXED-DOPPEL - Halbfinale:
Jaroslawa Schwedowa/Julian Knowle (KAZ/AUT) - Vania King/Christopher Kas (USA/GER) 6:4, 6:4

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