SS-Dolch geführt

29-Jähriger wollte Nazi-Reichsführer werden – Prozess

Salzburg
12.04.2010 15:34
Wegen NS-Wiederbetätigung und absichtlicher schwerer Körperverletzung hat sich am Montag ein 29-Jähriger vor einem Salzburger Geschworenen-Gericht verantworten müssen. Er soll vor Bekannten die Hand zum Hitler-Gruß erhoben und angekündigt haben, Reichsführer werden zu wollen. Dann habe er mit einem SS-Dolch einen Kritiker schwer verletzt. Der Arbeitslose bestritt nun vor Gericht nahezu alle Vorwürfe, er bekannte sich nur wegen "einfacher Körperverletzung" schuldig.

Nach einem Fußballspiel im Pinzgau traf sich der bisher unbescholtene Mann am Abend des 12. September mit Bekannten in der Wohnung eines Freundes. Dieser soll nach Angaben von Staatsanwalt Karl-René Fürlinger in der "Neo-Naziszene verankert und vorbestraft" sein. In der geselligen Runde floss reichlich Bier, "dann begann der Angeklagte über die Ausländer zu schimpfen", wie Fürlinger erklärte. "Zum Auftakt wurden die Nazis verherrlicht, dann CDs und DVDs mit Nazi-Hintergrund und -Musik vorgespielt."

Da "sagte ich, dass er einen Vogel hat"
Was dann passierte, schilderte das 24-jährige Opfer Richter Manfred Seiss so: "Er hat einen Mappe mit Nazi-Sachen ausgepackt. Er hatte auch eine Fahne mit und ein T-Shirt mit Nazi-Zeichen. Als er den Hitlergruß machte und sagte, er möchte eine Garage anmieten und Reichsführer werden, sagte ich, dass er einen Vogel hat." Dann habe der Pinzgauer den SS-Dolch mit den Initialen "Meine Ehre heißt Treue", der am Tisch herumlag, herumgezeigt.

"Ich sagte, er soll eine Ruhe geben mit dem Zeug, das ist schon 60 Jahre her. Da versuchte er, mir mit der rechten Hand in den Unterbauch zu stechen. Ich fasste mit der rechten Hand das Messer, weil ich Angst gehabt hab'. Er zog zurück und stach mir dann in die linke Hand." Die Folgen waren schwerwiegend: Der Dolch durchtrennte Sehnen und Nerven von zwei Fingern. Nach einer Operation befand sich der Tapezierer vier Monate im Krankenstand. "Die Feinmotorik ist kaputt. Ich kann die Finger nicht ausstrecken." Der Angeklagte habe bisher keinen Schadenersatz geleistet, meinte der 24-Jährige und forderte 12.000 Euro an Schmerzensgeld.

Angeklagter bestreitet NS-Verherrlichung
Obwohl auch eine zweite Zeugin gehört haben will, wie der Pinzgauer gerufen habe, er wolle Reichsführer werden, bestritt der Angeklagte die Wiederbetätigungsvorwürfe. "Ich habe nie Werbung für den Nationalsozialismus gemacht, ich verherrliche ihn nicht." Die Verletzung des Bekannten sei beim Zurückziehen des Dolches entstanden. "Wenn ich gewusst hätte, wie scharf er ist, hätte ich ihn nicht aus der Scheide gezogen." Das Ganze sei wegen "Dummheit und Alkohols" passiert, rechtfertigte sich der 29-Jährige. Sein Mandant habe die CDs und DVDs auch nicht eingelegt, erklärte Verteidiger Florian Phleps. Er sei nur bezüglich der schweren, nicht aber der absichtlichen Körperverletzung geständig.

Unerwarteterweise erging am Montag noch kein Urteil. Es müsse noch ein medizinisches Gutachten zur Frage von Dauerfolgen eingeholt werden, erklärte Richter Seiss. Die Verhandlung wurde am frühen Nachmittag vertagt.

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