General leitet Aufbau

Renovierung überfällig: Feuer rettete Notre Dame

Ausland
18.04.2019 19:27

Nach dem Großbrand in der Kathedrale Notre Dame de Paris steht fest: Die große Mehrheit der Kunstwerke und Reliquien wurde rechtzeitig vor den zerstörerischen Flammen gerettet. Auch die berühmte Orgel ist intakt geblieben. Ironischerweise könnte das Feuer den längeren Erhalt der berühmten Kirche gesichert haben. Für den Wiederaufbau wird es wohl geradezu militärische Disziplin brauchen - wohl auch deswegen wurde der Fünf-Sterne-General und ehemalige Stabschef Jean-Louis Georgelin mit der Leitung betraut. Wer für den Wiederaufbau der Kathedrale spenden will, muss sich allerdings mittlerweile vor Betrügern hüten: Die Gebefreude, besonders von Gläubigen, ruft bereits Kriminelle auf den Plan, die versuchen, so an Geld zu kommen.

Rund 90 Prozent der Kunstwerke und Reliquien in Notre-Dame sind nach Angaben eines Versicherungsexperten rechtzeitig vor den Flammen gerettet worden. Der Evakuierungsplan sei minutiös befolgt worden, sagte der Schadenssachverständige Michel Honore, der den Domschatz im Auftrag der Versicherer begutachtet. „Der Plan selbst hat perfekt funktioniert, und deshalb sind die Verluste nicht so groß, wie man hätte befürchten können.“

Der Kirchenschatz besteht aus etwa 1200 Gegenständen von wertvollen Kelchen über historische Kirchengewänder bis hin zu großformatigen Gemälden. Hilfskräfte hatten das Inventar mit einer Menschenkette geborgen.

Fünf-Sterne-General leitet Wiederaufbau
Mit der Leitung des Wiederaufbaus hat Präsident Emmanuel Macron den Fünf-Sterne-General Jean-Louis Georgelin beauftragt. Der 70-Jährige sagte, er sehe die Aufgabe als „Kampf“. Er werde „alle Teilnehmer für die Schlacht mobilisieren“, damit der Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren abgeschlossen werden könne.

Restaurierung war längst überfällig
Ironischerweise könnte ausgerechnet der verheerende Brand die Finanzierung einer vollumfänglichen Renovierung des Gotteshauses sichern - und die war schon vorher dringend nötig. Denn Notre Dame ist schon seit Langem baufällig. Verantwortlich für den beklagenswerten Zustand der Kathedrale sind - neben dem unerbittlichen Zahn der Zeit - die Luftverschmutzung sowie eine schlecht ausgeführte Renovierung im 19. Jahrhundert. Es gibt kaum einen Teil der Fassade, der nicht durch Abgase verursachte Schäden aufweist. Besonders die im 19. Jahrhundert angebrachten charakteristischen Wasserspeier haben teilweise ihre Gesichtszüge verloren.

Um Geld für die Instandstellung zu beschaffen, hatte das Erzbistum die Stiftung „Friends of Notre Dame de Paris“ gegründet, die ab 2017 innerhalb von fünf bis zehn Jahren 100 Millionen Euro zusammenbringen sollte. Bis Montag lag dieses Ziel noch weit entfernt. Mittlerweile sind schon mehr als 900 Millionen Euro für den Wiederaufbau aus privaten Mitteln, Stiftungen etc. zugesagt worden.

Spendenfreudigkeit ruft Betrüger auf den Plan
Wer für den Wiederaufbau der Kathedrale spenden will, sollte sich vor Betrügern hüten, warnt die französische Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine, die offiziell mit dem Spendensammeln betraut ist: Sowohl in Frankreich als auch im Ausland versuchten Kriminelle bereits, in ihrem Namen an Geld zu kommen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) spendet für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale übrigens 500.000 Euro, wie IOC-Präsident Thomas Bach an Tony Estanguet, den Chef des Organisationskomitees der Pariser Spiele 2024, schrieb. Die Aussicht, dass die Arbeiten vor den Spielen abgeschlossen sein sollen, sei zusätzliche Motivation, so Bach. Bachs Schreiben wurde von Estanguet an Frankreichs Präsident Macron und an die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo weiterübermittelt.

Macron ehrt Einsatzkräfte
Macron empfing am Donnerstag im Elysee-Palast Hunderte Feuerwehrleute, Polizisten, Mitarbeiter des Roten Kreuzes und des Zivilschutzes und ehrte sie mit Medaillen. „Sie haben uns beispielhaft gezeigt, wie wir alle sein sollten“, sagte der Präsident. Die ganze Welt habe live im Fernsehen verfolgen können, mit welchem Einsatz die Retter Notre Dame in der Nacht auf Dienstag vor einem kompletten Einsturz bewahrt hätten. Auch die Stadt Paris ehrte die rund 600 Einsatzkräfte am Donnerstagnachmittag.

Bürgermeisterin Hidalgo rief im Rahmen des Empfangs zu einem Schulterschluss der Franzosen auf. „Die Zeit des Wiederaufbaus muss eine Zeit der Einigkeit werden“, forderte die mächtige Sozialistin in einer emotionsgeladenen Rede. Hidalgo und Innenminister Christophe Castaner lobten bei einem Festakt vor dem Pariser Rathaus die rund 500 Feuerwehrleute, die am Montagabend eingesetzt waren. Sie habe „Mut ohne Grenzen“ gesehen, sagte die Bürgermeisterin. Castaner sagte zu den Feuerwehrleuten: „Sie haben Ihr Leben riskiert, um Notre Dame zu retten.“ Die Kathedrale gehöre der ganzen Welt. „Sie wird sich wieder aufrichten.“ Hunderte Menschen applaudierten Feuerwehrchef Jean-Claude Gallet.

Streit um Spenden: „Gelbwesten“ orten „PR-Aktion“
Überschattet wurden die Feierlichkeiten durch einen Streit um Spenden: Linke Parteien, Gewerkschaftsführer und Aktivisten der Protestbewegung der „Gelbwesten“ werfen reichen Unternehmern vor, den Brand in Notre Dame für eine „PR-Aktion“ zu ihren Gunsten zu nutzen. Der Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH um die Marken Louis Vuitton, Dior und Fendi, Bernard Arnault, wies die Vorwürfe zurück: „Es ist bestürzend, dass man in Frankreich kritisiert wird, wenn man sich (für das Gemeinwohl) einsetzt“, sagte er unter dem Applaus von Hunderten Aktionären bei der Hauptversammlung seines Unternehmens.

Arnault kündigte an, seine Spende nicht steuerlich geltend zu machen. Ähnlich hatte sich zuvor bereits die Milliardärsfamilie Pinault geäußert, die 100 Millionen Euro für die Instandsetzung von Notre Dame bereitstellen will.

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