Festnahme in Pupping

Nach Missbrauch lebte “Toter” in Ordenskloster

Oberösterreich
13.03.2010 17:32
Knapp sechs Monate hat ein tot geglaubter Wiener als "U-Boot" in einem Franziskanerkloster in Pupping gelebt. Kein Ordensbruder ahnte, dass der 68-Jährige seine Töchter missbraucht haben soll und vor dem Gerichtstermin auf spektakuläre Art seinen Selbstmord fingierte. Jetzt klickten bei dem Verdächtigen die Handschellen - er wurde von der Polizei Eferding ins Gefängnis nach Korneuburg gebracht.

Vor Prozessbeginn am 25. September 2009 wegen Kindesmissbrauchs tauchte der nun Festgenommene im wahrsten Sinne des Wortes in Kroatien unter: Er sprang vor Zeugen von einem Boot ins Meer. Danach lebte der "Tote" einen Monat in Kroatien, bevor er ins Shalom-Kloster nach Pupping kam.

"Wir haben ihn aufgenommen. Er hat bei uns gewohnt, fleißig mitgearbeitet, hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen", berichtet Klostervorsteher Fritz Wenigwieser. Doch bei einem Ausflug wurde der Pass des "Toten" von der Polizei überprüft: Das Dokument stammte von seinem jüngeren Bruder, der Selbstmordschwindel flog auf. Die "Krone" sprach mit Vorsteher Fritz Wenigwieser.

Fritz Wenigwieser: Er ist im Oktober des Vorjahres zu uns gekommen. Er kam einfach ohne Anmeldung und wollte zu sich kommen, sich besinnen und eine Auszeit nehmen.

"Krone": Kam das schon öfter vor?
Wenigwieser: Ja, es kommen immer wieder Leute zu uns, die Probleme haben oder auch durch den sozialen Rost gefallen sind. Natürlich wollen wir nicht jeden Gauner aufnehmen. Aber an sich sind unsere Tore immer geöffnet – für Freund und Feind.

"Krone": Sprach Ihr Gast über seine persönlichen Probleme?
Wenigwieser: Nein, darüber hat er kein Wort verloren. Vermutlich war er zu feige, etwas darüber zu sagen. Er hat sich aber bei uns nie etwas zu Schulden kommen lassen.

"Krone": Wie sah sein Alltag im Kloster denn so aus?
Wenigwieser: In der Früh werden die Arbeiten verteilt. Er hat bei uns in der Küche gearbeitet, geputzt und eigentlich überall mitgeholfen. Nachmittags war dann frei, da ist er oft mit seinem Rad nach Eferding zum Einkaufen gefahren. Meistens hat er sich nur Zigaretten besorgt.

"Krone": Und dabei fiel jetzt sein Leben als "Toter" auf?
Wenigwieser: Ja, er war außerhalb des Klosters unterwegs. Bei einer Kontrolle wurden Polizisten auf seinen falschen Pass aufmerksam, und sie nahmen ihn mit. Und so ist letztlich auch seine wahre Identität ans Licht gekommen. Und sein Vorleben.

"Krone": Davon ahnten Sie nichts?
Wenigwieser: Nein, wir alle hatten nicht die leiseste Ahnung. Ich war selber ganz fassungslos, was er getan haben soll.

Kronen Zeitung und krone.at

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