Polizei in Bedrängnis

Erneut Gewalt bei Demo in Chemnitz: Verletzte

Ausland
27.08.2018 20:42

In Chemnitz ist es nach dem Mord an einem 35-jährigen Deutschen am Wochenende den zweiten Tag in Folge zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Bei Zusammenstößen rechts- und linksgerichteter Demonstranten gab es mehrere Verletzte. Sie hätten zur Behandlung in ein Krankenhaus gebracht werden müssen, nachdem Kundgebungsteilnehmer der beiden Versammlungslager mit „Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen“ geworfen hätten, teilte die Polizei mit. Seitens der Exekutive mussten Wasserwerfer eingesetzt werden, um die Lager zu trennen. In rechten Netzwerken war es nach Bekanntwerden der Verhaftung eines 23-jährigen Syrers und eines 22-jährigen Irakers zu erneuten Aufrufen gekommen, sich zu versammeln, um zu zeigen, „wer hier das Sagen hat“. Die Krawalle am Sonntag wurden als Erfolg gefeiert.

Über 2000 Rechte, darunter zahlreiche gewaltbereite Aktivisten, versammelten sich am Montagabend auf dem Karl-Marx-Hof und zogen skandierend durch die Stadt. Am Monument des deutschen Philosophen wurde ein Transparent mit dem Spruch „Deitsch un‘ frei woll‘n mer sei“ des Dichters Anton Günther (1876-1937) angebracht. Hunderte Beamte der Bereitschaftspolizei wurden postiert, um eine Eskalation zu vermeiden, zumal sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite an die 1000 Gegendemonstranten sammelten.

Polizei hatte bis zuletzt versichert, man sei „gut vorbereitet“
Die Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel hatte zwar im Vorfeld erklärt, man sei „auf die Einsatzlage heute Abend gut vorbereitet“ und habe „ausreichend Kräfte angefordert“, doch die Bilder, die Szenen am Abend zeigten, dass die Polizei die Kontrolle über den Mob immer wieder verlor. Feuerwerkskörper, Flaschen und andere Gegenstände flogen hin und her und verletzten mehrere Menschen, die von der Rettung versorgt und ins Krankenhaus gebracht werden mussten.

Mehrere Teilnehmer der angemeldeten rechten Kundgebung sollen sogar den Hitlergruß in Richtung der Linksaktivisten gezeigt haben, wie die Polizei auf Twitter mitteilte. Zumindest ein Mann hatte die Geste tatsächlich gezeigt, wie auf einem Video in geposteten Tweets zu sehen ist. 

Kurz nach 21 Uhr musste die Exekutive dann die Kundgebung, die durch die Bürgerbewegung Pro Chemnitz organisiert worden war, auflösen - wenig später auch die Gegendemonstration, die übrigens nicht angemeldet gewesen sein soll. Danach begleitete man Aktivisten beider Seiten auf ihrem Heimweg. Trotz des „Geleitschutzes“ kam es vereinzelt zu erneuten Kämpfen zwischen rechtsextremen Demonstranten und Antifaschisten.

Syrer und Iraker sollen „ohne Grund“ auf Deutschen eingestochen haben
Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) hatte vor den neuen Protesten zu Besonnenheit aufgerufen. Die Gewalttat rechtfertige es nicht, „in irgendeiner Form mit Gewalt auf dieses tragische Ereignis zu reagieren“, sagte sie. Die beiden mit der von der Oberbürgermeisterin genannten Gewalttat im Zusammenhang stehenden Verhafteten sind „dringend verdächtig“, nach einem verbalen Streit ohne Grund mehrfach mit einem Messer auf den 35-jährigen Deutschen eingestochen zu haben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Der Syrer und der Iraker waren in der Nacht auf Sonntag am Rande des Chemnitzer Stadtfests an einer Auseinandersetzung mit dem Deutschen beteiligt. Der 35-Jährige erlitt dabei tödliche Verletzungen. Zwei weitere Männer wurden ebenfalls schwer verletzt.

Waren sexuelle Belästigungen Auslöser für Streit?
Das Tatmotiv sowie der genaue Ablauf der Tat blieben zunächst weiter im Dunkeln. Die Staatsanwaltschaft gab dazu mit Verweis auf die andauernden Ermittlungen nichts bekannt. Die Polizei dementierte Gerüchte, wonach es angeblich einen zweiten Todesfall gegeben habe. Zuvor hatte sie bereits Spekulationen zurückgewiesen, wonach der Auseinandersetzung die Belästigung einer Frau vorausgegangen sein soll.

Diese Version wird aber dennoch in sozialen Medien verbreitet und damit gleichzeitig die Wut vieler Chemnitzer befeuert, die seit geraumer Zeit mit einem Anstieg der Straßenkriminalität leben müssen. Mit Slogans wie „Wir sind das Volk“ und „Wir zeigen, wer hier das Sagen hat“, die während des Aufmarsches am Sonntagnachmittag lautstark geschrien wurden, wurde auch am Montag im Internet für neue Proteste geworben.

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