Abschied im Rathaus

Häupl: „Kann erhobenen Hauptes durch Wien gehen“

Im Wiener Rathaus hat am Donnerstag die 37. Sitzung des Gemeinderats in der laufenden Legislaturperiode stattgefunden - bei der es sich um eine historische Zusammenkunft handelte: Im Mittelpunkt stand die Wahl des neuen SPÖ-Chefs Michael Ludwig zum Bürgermeister. Er übernahm das Amt von Langzeit-Stadtchef Michael Häupl, der fast 24 Jahre lang den Chefsessel im Rathaus innegehabt hatte.

Dementsprechend war der Andrang im prächtigen Sitzungssaal groß. Zahlreiche Rathaus-Mitarbeiter, Besucher, Medienvertreter oder auch Angehörige des scheidenden bzw. des künftigen Stadtoberhaupts ließen sich das Geschehen nicht entgehen.

Zahlreiche Wegbegleiter auf der Tribüne
Auf der Tribüne hatten unter anderem EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP), Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), der ehemalige niederösterreichische Landeschef Erwin Pröll (ÖVP) oder auch die einstige Wiener SP-Vizebürgermeisterin Grete Laska Platz genommen.

Nach der Begrüßung durch den Gemeinderatsvorsitzenden Thomas Reindl (SPÖ) - der zunächst mittels Glocke für Ruhe im Saal sorgen musste - ergriff Häupl das Wort. Seine Abschiedsrede wurde formal als „Mitteilung“ ausgewiesen.

„Die Demokratie ist ein zerbrechliches Gut“
Er bedankte sich bei seinen Wegbegleitern und den Mitarbeitern der Stadt Wien. „Sie sind großartig, wenn sie wollen.“ Nach seiner Zeit als Bürgermeister könne er „erhobenen Hauptes“ durch die Stadt gehen. Häupl zeigte sich stolz über die hohe Lebensqualität in der Stadt. Bedeutende Einschnitte seien der Fall des Eisernen Vorhangs und der EU-Beitritt gewesen. „Wir haben, wenn man den internationalen Medien glauben darf, diese Chance genutzt und die Herausforderungen gemeistert.“

Auch einige mahnende Wort sprach das scheidende Stadtoberhaupt. „Wir leben in einer sehr gefestigten Demokratie. Dennoch, die Demokratie ist ein zerbrechliches Gut, man muss sorgsam mit ihr umgehen.“ Das „Friedensprojekt“ Europäische Union sei es wert, hart dafür zu arbeiten, „denn die Alternative wollen wir mit Sicherheit nicht“.

Wichtig war dem 68-Jährigen auch noch eine Entschuldigung: „Wenn ich in all dieser Zeit jemanden gekränkt oder beleidigt habe, dann entschuldige ich mich jetzt dafür“, sagte er. „Respekt und Rücksichtnahme sollten ebenso Grundlage der demokratischen Diskussion sein wie im politischen Umgang miteinander.“

Minutenlanger Applaus und Standing Ovations
Zum Abschluss der Rede, die er mit den Worten „Auf Wiedersehen“ schloss, würdigten ihn alle Fraktionen - mit Ausnahme der FPÖ, in deren Reihen nur vereinzelt geklatscht wurde - mit minutenlangem Applaus und Standing Ovations.

In der anschließenden Debatte zollten ihm alle Fraktionen entsprechend Tribut, einzig von der FPÖ kam mehr Spott als Dank. „Es war eine gute Zeit mit dir“, erklärte etwa Koalitionspartner Christoph Chorherr von den Grünen. NEOS-Wien-Chefin Beate Meinl-Reisinger bezeichnete Häupl als „Kultfigur“ und gestand, dass sie ihn vermissen werde. Manfred Juraczka (ÖVP) bezeichnete den scheidenden Bürgermeister als „Inbegriff des echten Wieners“ - und das, obwohl dieser in Niederösterreich geboren ist.

„Auf dass sich noch viele, viele Spritzweine ausgehen“
Anton Mahdalik (FPÖ) übte zuerst Kritik an Häupl, wünschte ihm und seiner Familie schlussendlich aber ein „langes Leben, Gesundheit, alles Gute“ und hoffte, „dass sich noch viele, viele Spritzweine ausgehen“. SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch forderte anschließend mehr Stil vom Freiheitlichen ein. Dieser spielte nämlich mehrmals auf Häupls Kultaussage „Man bringe den Spritzwein!“ an und machte sich damit über den scheidenden Bürgermeister lustig.

„Nach 24 Jahren Bürgermeister Häupl, nach über 20.000 Beschlüssen in diesem Wiener Gemeinderat können wir sagen: Lieber Mich‘l, du warst ein klassser Bürgermeister!“, schloss Oxonitsch die Debatte. Anschließend stellte sich Ludwig in einer Art Antrittsrede dem Plenum vor. Auch er schickte ein „herzliches Dankeschön“ an seinen Vorgänger. Er wolle sich nun „bemühen, mit meinen Schuhen zu gehen und kreativ die Stadt weiterzuentwickeln“. Er kündigte an, die Koalitionsvereinbarung „auf Punkt und Beistrich“ einzuhalten. Gemeinsam mit seinem Team habe er „Großes vor“, denn: „Wien ist, was man daraus macht.“

Mit Spritzwein wurde Häupl anschließend bei einer Open-Air-Feier am Maria-Theresien-Platz verabschiedet - in Abwesenheit des scheidenden Bürgermeisters. Das Fest stand unter dem Motto „Man bringe den Spitzwein - Anstoß zum Abschluss - Michael Häupl“. SPÖ-Chef Christian Kern mischte sich stellvertretend für den Gefeierten unters Volk und schüttelte die Hände vieler Partygäste (siehe Video unten).

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