Billiger Tesla-Fighter

„Weltmeister“: China-E-SUV mit deutschem Namen

Motor
30.04.2018 06:37

Ein SUV in Tiguan-Größe, das rein elektrisch unterwegs ist und nur knapp 15.000 Euro kostet? Klingt wie ein verspäteter Aprilscherz, ist aber ganz ernst gemeint. Eine erst 2015 gegründete chinesische Autofirma will ab Herbst die ersten Modelle ihres Fünftürers EX5 ausliefern. Leider zunächst nur im Heimatland der neuen Marke, die sich ganz selbstbewusst einen deutschen Namen gab: „Weltmeister“ steht auf dem Firmenbogen.

(Bild: kmm)

„Weil da nur ein R drin steckt, das noch dazu am Schluss steht, geht das deutsche Wort unseren chinesischen Kunden leicht über die Lippen“, sagt Firmengründer Freeman Shen. Auch die Kurzform „WM“ hat im Reich der Mitte einen guten Klang. Schließlich sind die Chinesen große Fußballfans.

Leistbarer China-Tesla
Mit dem SUV, das jetzt auf der „Auto China“ in Peking seine Weltpremiere feierte, wird für den Weltmeister-Chef ein Traum wahr. Freeman Shen stand früher beim chinesischen Auto-Konzern Geely auf der Gehaltsliste. Als Top-Manager hat er den Kauf der schwedischen Firma Volvo entscheidend begleitet, wurde dann deren Vize-Präsident. Nach seinem Ausstieg begann er seine Vision von einem „chinesischen Tesla zum erschwinglichen Preis“ umzusetzen. Zunächst sammelte er bei potenten, vor allem chinesischen Geldgebern die nötigen Finanzen ein; bis Ende letzten Jahres landete immerhin mehr als eine Milliarde Euro auf dem Konto. Ein internationales Team kümmerte sich um Design und Technik, ein neue Fabrik wurde gebaut, die Produktion vorbereitet.

„Wir wurden regelrecht überrannt“, berichtet Shen über den Ansturm neugieriger Fachbesucher. Dabei lässt er sich die genauen technischen Daten des ein wenig an den Mitsubishi Outlander erinnernden Allradlers noch gar nicht entlocken, spricht aber freimütig über die Reichweite, die Preisgestaltung und die Rundum-Vernetzung des EX5. Je nach Geldbeutel kann der künftige Besitzer zwischen drei Reichweiten-Optionen wählen - Tesla lässt grüßen. Rund 350 Kilometer weit soll das Basismodell kommen, das sich auch mit einer etwas magereren Ausgestattung begnügen muss. Hier gilt der Kampfpreis von 15.000 Euro. Will ein Weltmeister-Eigner mehr und weiter fahren, muss er für einen stärkeren Akku etliche chinesische Yuan drauflegen. Aber selbst mit der Spitzenreichweite von 500 Kilometern soll der EX5 nicht teurer als umgerechnet rund 25.000 Euro werden.

Gesichtserkennung statt Schlüssel
Denn die sogenannte „künstliche Intelligenz“ des Computers ist im Weltmeister ebenfalls an Bord. So soll das Auto seinen Fahrer per Gesichtserkennung identifizieren können. Dazu bekommt jedes Familienmitglied ein eigenes Konto, der Autoschlüssel muss also nicht aufwendig getauscht werden. Das Auto legt Daten in einer Cloud ab, ist ständig online und soll schrittweise auch autonom fahren können.

Eine der Partnerfirmen der „neuen“ Chinesen ist die deutsche Firma Sinfonia Automotive, bei Sportwagen-Fans besser bekannt unter dem Namen Isdera. Vorstandschef Stefan Peters und seine Mannschaft haben zunächst zusammen mit WM einen Hingucker entwickelt. Der „Commendatore GT“ ist ein 2+2-Sitzer mit zwei E-Motoren, die die Allrad-Flunder bis zu 305 km/h schnell machen. Das Aufladen soll je nach Power der Säule in 35 Minuten möglich sein. Peters: „Wir haben zwei Fahrzeuge gebaut, eine Serienproduktion würde für die Kunden zu teuer werden. Aber wir konnten wichtige Details in den EX5 übernehmen“.

Doppelter Preis in Europa
Was die Weltmeister-Mannschaft ihrem SUV an Komfort und Fahreigenschaften mit auf den Weg gab, müssen erste Testfahrten zeigen. Für die allerdings weit gereist werden muss. Denn Firmenchef Freeman Shen erteilt einem Europa-Export derzeit eine Absage. „Wir konzentrieren uns zunächst ganz auf unseren Heimatmarkt China, können in unserer neuen Fabrik im Endausbau auch nur gut 100.000 Autos pro Jahr bauen“. Er verspricht aber, dass vor allem der deutsche Markt im zweiten Schritt angepeilt wird. Da in dem derzeitigen Preis ein hoher staatlicher Zuschuss steckt, müsste der EX5 wohl etwas teurer als in China werden. Ein WM-Manager schätzt einen Preis für Europa ab rund 30.000 Euro, will aber darauf nicht festgelegt werden.

Unterm Strich überrascht vor allem das Tempo, das die junge Firma an den Tag legt. Etwas mehr als drei Jahre von der Idee über die Entwicklung, Testfahrten, Bau einer neuen Fabrik auf einer zuvor grünen Wiese bis hin zur Serienproduktion, das allein wäre schon weltmeisterlich. Auch wenn manche Zweifel nagen, spricht vieles dafür, dass die mutigen Chinesen alles wie geplant auf die Reihe bringen.

(SPX)

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(Bild: kmm)



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