Diskriminierung

Altenheim-Richtlinie für Gastarbeiter ist gegen das Gesetz

Salzburg
02.11.2009 13:18
Die geplante Richtlinie für den Zugang zu städtischen Seniorenheimen in Salzburg hat die Plattform für Menschenrechte am Montag als "integrationsfeindlich und rechtswidrig" bezeichnet. Dass nur österreichische und EU-Bürger Anspruch auf einen Platz hätten und lediglich für Härtefälle eine Ausnahme gemacht werde, verstoße gegen das Salzburger und Europäische Gleichbehandlungsrecht.

Die Plattform forderte den Gemeinderat auf, die für Mittwoch geplante Beschlussfassung auszusetzen und mit einer Änderung der Richtlinie ein politisches Signal gegen Diskriminierung zu setzen.

Ein Dorn im Auge der Plattform für Menschenrechte ist vor allem der Punkt 2.3 der Richtlinie: Demnach müsse der Aufnahmewerber Österreichischer Staatsbürger, EU-Bürger oder diesem gesetzlich gleichgestellt sein. Ein Rechtsgutachten der Grazer Diskriminierungsexpertin Daniela Grabovac, das von der Plattform in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Schluss, "dass diese Formulierung nicht ausreichend klar umschreibt, welcher Personenkreis mit 'gesetzlich gleichgestellt' gemeint ist. Das widerspricht dem Legalitätsprinzip nach Artikel 18 des Bundes-Verfassungsgesetzes", erklärte Plattform-Sprecherin Ursula Liebing.

Gesetz verbietet Diskriminierung
Betroffen seien vor allem Drittstaatsangehörige, die sich seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig in Salzburg aufhalten. Für sie gelte nach der Europäischen Richtlinie 2003/109/EG das Gebot der Gleichbehandlung in Bereichen des Sozialschutzes und der sozialen Sicherheit, erläuterte Liebing. Zwar könnten sich die Mitgliedstaaten hier auf die Kernleistungen beschränken, dazu zählen würden aber "explizit auch die Langzeitpflege und die Unterstützung bei Krankheit". Zudem verbiete der Paragraf 28 des Salzburger Landesgleichbehandlungsgesetzes eine "unmittelbare und mittelbare Diskriminierung" im Gesundheits- und Sozialbereich.

Kein Zugeständnis, sondern Rechtsanspruch
"Die Formulierung der Richtlinie stellt auch einen eklatanten Bruch der 'Europäischen Charta für den Schutz der Menschenrechte in der Stadt' dar, den Salzburg am 10. Dezember 2008 unterzeichnet hat", entrüstete sich Josef Mautner, Plattform-Koordinator des Projektes "Menschenrechtsstadt Salzburg". In der Charta sei ein Diskriminierungsverbot, der Schutz der schwächsten Bevölkerungsgruppen und ein allgemeines Recht auf öffentliche Einrichtungen zur sozialen Sicherung festgehalten. "Beim Zugang zu Seniorenheimen geht es nicht um ein humanitäres Zugeständnis und Härtefallregelungen, sondern um einen Rechtsanspruch 'migrantischer' Mitbürger."

Vor allem alleinstehende Gastarbeiter betroffen
Immerhin hätten fast 30 Prozent der Salzburger Bürger Migrationshintergrund. Betroffen seien vor allem sogenannte Gastarbeiter aus Ex-Jugoslawien und der Türkei, betonte Karoline Schwendemann vom Verein "VIELE": "Wir sind in den letzten zwei Jahren zunehmend mit solchen Problemen konfrontiert: Alleinstehende Männer und Frauen, die schon 30 oder 40 Jahre da sind, aber in einem kleinen Zimmer buchstäblich fast zugrunde gehen." Diese langjährigen Sozialbeitragszahler würden wie Autos, die nicht mehr funktionieren, auf dem Schrottplatz entsorgt. Falls die Richtlinie im Gemeinderat beschlossen wird, will sich die Plattform für Menschenrechte an die Gleichbehandlungsanwältin des Bundes wenden.

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