Russische Schätze

Kultur und Gastfreundschaft in Moskau und Kasan

Reisen & Urlaub
14.04.2018 06:00

Auf Entdeckungstour durch U-Bahn-Stationen, Kirchen, Moscheen und Festungen: Moskau, das Herz Russlands, und Kasan, die Hauptstadt der Republik Tatarstan, offenbaren immense Kulturschätze und herzliche Gastfreundschaft.

Vielleicht ist es nicht der klassische Start einer Stadtbesichtigung, aber in den Tiefen der Moskauer Metro offenbart sich zugleich der Trubel der 12-Millionen-Einwohner-Stadt sowie der Reichtum an Kulturschätzen. 217 Stationen, aufgeteilt auf 12 Linien, umfasst das U-Bahn-Netz. Die erste Strecke - die rote Linie 1 - wurde 1935 eröffnet. Die am tiefsten gelegene Station der Stadt liegt 87 Meter unter der Erde, und auch unter dem Flussbett der Moskwa rauschen die Züge - um die ca. 9,5 Millionen Fahrten pro Tag zu bewerkstelligen, in den Stoßzeiten sogar im 30-Sekunden-Takt. Angesichts dieser Zahlen kann man sich ein Bild davon machen, dass hier einfach immer ein Gedränge herrscht.

Nichtsdestotrotz sollte sich der Besucher nicht hetzen lassen, denn buchstäblich jede einzelne Station ist ein Unikat und hat ihre ganz persönliche Note. Bronzestatuen, Skulpturen, Steinbänke, pompöse Luster, Rolltreppen aus Holz, aufwändige Mosaike, die russische Geschichte erzählen, Verzierungen, Marmorintarsien und vieles mehr bilden ein Museum im Untergrund der Hauptstadt. Probieren Sie doch die Flüsterbögen in der Station Majakowskaja aus. Mit etwas Glück und Geduld kehrt vielleicht für wenige Augenblicke - zwischen zwei ratternd einfahrenden Zügen - Ruhe in der Station ein, und dann ist es tatsächlich möglich, auf einer Seite des Bogens zu verstehen, was auf der anderen hineingeflüstert wird.

Wieder an der Erdoberfläche, führt uns der Weg direkt zum berühmtesten Platz und Herzen der Stadt: dem Roten Platz, dessen Bezeichnung ursprünglich eigentlich „schöner Platz“ bedeutete. Die verspielten bunten Zwiebeltürme der Basilius-Kathedrale stechen beim Betreten sofort ins Auge. Vor allem am Abend mit festlicher Beleuchtung wirken sie noch märchenhafter. Mit genügend Kleingeld in der Urlaubskasse bietet das legendäre Nobelkaufhaus GUM - welches den Roten Platz an einer Seite begrenzt - alles, was das Herz an teuren Modemarken begehrt. Aber auch ohne dicke Brieftasche zahlt sich ein Besuch aus. Der 1890 erbaute Komplex besticht durch eine gigantische sehenswerte Glasdachkonstruktion. Gegenüber dem GUM, hinter der hohen Befestigungsmauer, befindet sich der Moskauer Kreml: Amtssitz des Präsidenten und Stadtburg mit Museen und Kathedralen, wie der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, der Hauskirche russischer Großfürsten und Zaren. Ikonen unschätzbaren Wertes aus dem 14., 15. und 16. Jh. sind hier ausgestellt.

„100 Kilometer sind keine Entfernung, 100 Gramm Wodka kein Alkohol, unter 100 Kilo keine Frau und 100 Minuten sind keine Verspätung.“ Dieses russische Motto gilt vor allem für den Verkehr auf Moskaus Straßen, denn da muss man wirklich viel Geduld aufbringen und darf es nicht eilig haben. Der Frühverkehr wird hier vom Mittagsstau abgelöst, der direkt in die abendliche Rush Hour überzugehen scheint. Aber etwas außerhalb auf dem Sperlingshügel - hier befindet sich auch die Lomonossow-Universität - wird der Trubel weniger und die Aussicht über die 80 Meter unterhalb liegende Stadt entschädigt. Der Blick schweift über die neue Moskau City, das Finanzviertel mit seinen modernen Hochhäusern, die Zuckerbäckerbauten - sie wurden im Auftrag Stalins zwischen 1947 und 1953 erbaut -, die Parks und das Luschniki Olympiastadion, in dem diesen Sommer unter anderem das Eröffnungsspiel und das Finale der FIFA Fußball WM stattfinden werden. Überhaupt bereitet sich im Moment ganz Russland auf dieses Großereignis vor. Hotels, Flughäfen, Straßen und Stadien werden gebaut, Festivals vorbereitet, um den 1,5 Millionen zusätzlichen Besuchern einiges bieten zu können.

Aber auch die Kulinarik darf bei einem Russlandbesuch nicht zu kurz kommen: Bliny (Palatschinken) mit Kaviar, Pelmeni (Teigtaschen) gefüllt mit Fleisch oder auch in der süßen Variante, mit Weichseln zum Beispiel, oder Borschtsch, die berühmte Rote-Rüben-Suppe. „Borschtsch schmeckt nie gleich. Jede Hausfrau hat ihr eigenes Rezept, und man erkennt die Stimmung der Köchin sofort darin. Ist sie schlecht gelaunt, wird die Suppe nichts“, erklärt uns Reiseleiterin Oxana aus eigener Erfahrung.

Mit dem Nachtzug rollen wir gemütlich und erholsam nach Kasan, 800 Kilometer östlich von Moskau. Die Hauptstadt der Republik Tatarstan ist eine bunte Mischung aus russischer und tatarischer Kultur. Der Kasaner Weiße Kreml gehört zum UNESCO-Welterbe. Hier steht die prachtvolle orthodoxe Mariä-Verkündigungs-Kathedrale, und nur wenige Meter entfernt befindet sich die blau-weiße Kul-Scharif-Moschee. Auch das ein Zeichen dafür, wie gut hier das Miteinander der Religionen, Nationalitäten und Kulturen funktioniert. Ebenfalls zum UNESCO-Welterbe zählen Teile der Inselstadt Swijaschsk in der Wolga. Ivan der Schreckliche ließ hier 1551 eine Festung erbauen. Viel Wissenswertes dazu erfährt man im hiesigen Museum.

Geheiratet wird in Kasan in der „Schüssel“. In dem von weitem sichtbaren Gebäude, dass an eine überdimensionale Schüssel erinnert, ist das Standesamt untergebracht, das sich eben durch dessen Form zur Sehenswürdigkeit entwickelt hat. Ein oder zwei Gläschen Wodka müssen es dann zum Abschied aber schon sein, denn nur 100 Gramm sind kein Alkohol, wie wir in Moskau gelernt haben.

Elisabeth Salvador, Kronen Zeitung

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