18-jähriges Verbot

Gefallene Soldaten empfangen: Obama bricht Bush-Tabu

Ausland
29.10.2009 21:08
Mit Barack Obama hat in der Nacht auf Donnerstag erstmals seit 18 Jahren ein amtierender US-Präsident die sterblichen Überreste gefallener US-Soldaten in aller Öffentlichkeit in Empfang genommen. Salutierend und mit trauervoller Mine ließ sich Obama auf der Militärbasis Dover in Delaware fotografieren. Unter George Bush senior war die Berichterstattung über die Rückkehr gefallener Soldaten und ihre Familien verboten worden.

Obama hatte für Aufsehen gesorgt, als er den seit 18 Jahren bestehenden "Media ban" relativ am Beginn seiner Amtszeit aufheben ließ. Nicht dass US-Medien besonders gierig darauf wären, fahnenbedeckte Särge abzulichten. Man empfand es jedoch als empfindlichen Einschnitt in die Pressefreiheit. Gegner warfen vor allem Bush junior vor, durch die Zensur die "wahren Kosten des Krieges" vor der Öffentlichkeit verschleiern zu wollen.

US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte im Februar erklärt, es werde künftig den Angehörigen der getöteten Soldaten überlassen, ob sie die Medien darüber berichten lassen. Vor Obamas Besuch in Dover hatte am Mittwoch sein Sprecher Robert Gibbs gesagt, Obamas "härteste Aufgabe" als Oberbefehlshaber der Truppen sei es, Menschen sein Beileid auszusprechen, "die einen Sohn oder eine Tochter oder einen Ehemann oder eine Ehefrau im Irak oder in Afghanistan verloren" hätten.

Oktober war verlustreichster Monat
Obamas Auftritt markiert das Ende des verlustreichsten Monats seit Beginn des Afghanistan-Krieges. Insgesamt 55 Soldaten und Anti-Drogen-Beamte ließen im Oktober in Afghanistan ihr Leben. Die graue Militärmaschine brachte in der Nacht auf Donnerstag 15 gefallene Soldaten und drei Agenten der DEA zurück in die USA.

Obama stand um vier Uhr morgens mit einer kleinen Delegation Spalier, als die Särge an ihm vorbei getragen wurden. Beim letzten - darin die Überreste von Dale R. Griffin, einem Sergeant aus dem US-Bundesstaat Indiana - durften die Fotografen abdrücken. Der Präsident begleitete danach die Verwandten der Soldaten zu einem Trauergottesdienst. "Um 4.45 Uhr morgens landete Obama wieder auf dem Rasen vor dem Weißen Haus, wo alles noch schlief. Alleine und in Gedanken versunken ging er hinein", schrieb ein Reporter der Associated Press, der Obama begleitete.

Druck auf Obama wird immer stärker
Obama muss in den nächsten Wochen entscheiden, ob er die Truppen in Afghanistan aufstocken will. Kolportiert wird eine mögliche Erhöhung der Soldatenanzahl um bis zu 60.000 Mann, im Gegenzug soll ein baldiges Abrücken aus dem Irak erfolgen. Nach den jüngsten blutigen Anschlägen in Afghanistan und Pakistan (siehe Infobox) wächst aber der Druck auf den US-Präsident, die Entscheidung über seine Militärstrategie schneller zu treffen.

"Wir sehen, wie sich die Lage immer weiter verschlechtert, während der immer wieder verlängerte Entscheidungsprozess sich hinzieht", sagte der republikanische Senator John McCain am Mittwoch dem Fernsehsender CBS. Die Verbündeten seien zunehmend nervös und die Armeeführung frustriert, sagte der ehemalige Rivale Obamas im Kampf um das Präsidentenamt. Obama müsse bald entscheiden, "die USA leben nicht in einem Vakuum."

Das Weiße Haus wies McCains Forderung zurück. Es sei wichtig, dass Obama vor einer Entscheidung über die Entsendung zusätzlicher Truppen zuhöre und zu einer richtigen Einschätzung komme, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs. Der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Stanley McChrystal, hat beim Präsidenten um die Entsendung von 40.000 zusätzlichen Soldaten ersucht. Wegen der hohen Verluste der US-Armee in dem Land will Obama seine Entscheidung aber sorgfältig abwägen.

Serie von blutigen Anschlägen in Afghanistan und Pakistan
In Afghanistan waren am Mittwoch bei einem Angriff von Taliban-Rebellen auf ein UNO-Gästehaus im Zentrum der Hauptstadt Kabul mindestens neun Menschen getötet worden. In der pakistanischen Stadt Peshawar starben nach neuen Angaben mindestens 105 Menschen bei einem Autobombenanschlag auf einem Markt. Der Anschlag ereignete sich während des Besuchs von US-Außenministerin Hillary Clinton in Pakistan. Das Land ist ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Kaida und die radikal-islamischen Taliban.

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