Doppelt so viele Räder

„Drahtesel-Plan“ in Klima-Papier sorgt für Wirbel

Österreich
03.04.2018 12:00

Einen „Masterplan Fahrrad“ haben die Minister Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) in ihrer - mit englischen Fachausdrücken gespickten - neuen Klima- und Energiestrategie verankert. Geht es nach den türkis-blauen Regierenden, soll der Radverkehrsanteil bis 2025 österreichweit auf 13 Prozent angehoben werden, was beinahe eine Verdoppelung des Radverkehrs bedeuten würde. Experten kritisierten zudem die Klimastrategie als zu vage. Zwar sind Maßnahmen für Verkehr und Gebäudesanierung vorgesehen - die Industrie wird aber völlig ausgelassen. Umweltministerin Köstinger meinte dazu: „Die Kritik im Vorfeld zeigt, dass wir einen guten und konstruktiven Weg der Mitte gewählt haben.“

Das Hauptaugenmerk beim „Drahtesel-Plan“ der Regierung wird dabei auf die Bundeshauptstadt Wien gelegt. Das Radverkehrsnetz erstreckt sich hier über 1379 Kilometer, 1990 waren es nur 190. Ob es noch weiter ausgebaut wird, steht allerdings noch nicht fest. Zwar ist Verkehr ein großer Schwerpunkt des 60 Seiten starken türkis-blauen Klimapapiers, konkrete Maßnahmen sowie deren Finanzierung sucht man allerdings noch vergeblich.

Weg zur Erreichung von EU-Zielen
Köstinger und Hofer betonten bei der Präsentation, dass mit dem Papier vor allem der Weg zur Erreichung der von der EU vorgegebenen 2030-Klimaziele aufgezeigt werden soll. Bis dahin sollen Verkehr und Energieproduktion CO2-neutral sein. Für Österreich gilt es, bis dahin eine CO2-Emissionsreduktion von 36 Prozent gegenüber 2005 (für Emissionsquellen außerhalb des Emissionshandels) zu erreichen - bisher wurden allerdings nur acht Prozent geschafft.

Zur Zielerreichung stellten Köstinger und Hofer auch die bereits seit einigen Tagen bekannten „Leuchttürme“ vor: Diese umfassen zehn Maßnahmen, darunter die „E-Mobilitäts-Offensive“ oder die „100.000-Dächer-Photovoltaik“. Hofer betonte bei der Präsentation, dass dieses Papier „in anderen Regierungskonstellationen nicht möglich“ gewesen sei. Das größte Klimaschutzunternehmen seien die ÖBB, so der Minister in Hinblick auf 14 Milliarden Euro, die in den kommenden Jahren investiert werden sollen - was ein wenig in Widerspruch zu dem angekündigten Sparkurs treten könnte.

„Ältere Diesel-Fahrzeuge machen mir Sorgen“
Ganz oben auf der Liste streht auch die schrittweise Umstellung auf strombetriebene Autos. „Die älteren Diesel-Fahrzeuge machen mir Sorgen“, sagte Hofer am Dienstag. Diese würden „oft gefahren, weil man sich kein neues Auto leisten kann“. Für die E-Fahrzeug-Förderung solle das Modell der Ko-Finanzierung mit der Fahrzeugwirtschaft weiter ausgebaut werden, heißt es zum Entwurf der Klimastrategie der Regierung. Bisher wurden mit der Kaufprämie laut Hofer 8000 E-Autos angeschafft. Mit Anreizen und Förderungen solle auch neuen E-Mobilitäts-Services wie E-Car-Sharing, E-Taxis oder E-Logistik zum Durchbruch verholfen werden, heißt es in den Unterlagen.

Ab 2020 keine Ölheizungen mehr in Neubauten
Die Minister kündigten zudem an, die Sanierungsquote bei Gebäuden um zwei Prozent zu erhöhen. Außerdem soll eine Streichung der Eigenstromsteuer beschlossen werden. Ab 2020 sollen zudem keine Ölheizungen mehr in Neubauten verbaut werden dürfen, dabei aber auch „keine neuen Steuern und Belastungen entstehen“, wie Köstinger betonte. Dafür solle das „Förder- und Abgabensystem auf die Erreichung der Klimaziele hin evaluiert werden“.

Greenpeace: „Zahnloser Papiertiger“
Die Klimastrategie der Regierung war bereits im Vorfeld heftiger Kritik ausgesetzt gewesen. So nannte Greenpeace den Entwurf einen „zahnlosen Papiertiger“, er sei „zu vage und unkonkret“: „Viele Maßnahmen des Strategieentwurfs bedingen eine Erhöhung der derzeitigen Fördermittel oder können ohne zusätzliche finanzielle Mittel gar nicht durchgeführt werden.“ Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur Wien schlug in dieselbe Kerbe. Als Anreiz zur Umsetzung der Ziele seien „ökologische Steuern am wirksamsten“. Dadurch werde „das Falsche“ unattraktiv gemacht, sonst müsse auf Dauer „das Richtige“ gefördert werden. Der eingeschlagene Weg „muss sich auch im Budget niederschlagen, das ist bisher nicht der Fall“, beklagte die Expertin.

Dass etwa der Industriesektor nicht berücksichtigt wird, stört die Umweltschützer ebenso. „Konkrete Ziele gibt nur noch für Verkehr und Gebäude“, sagte Johannes Wahlmüller von Global 2000 zu den fehlenden CO2-Reduktionszielen in den anderen Sektoren wie etwa Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft. 700.000 Ölheizungen sei der Istbestand, hier erst 2020 mit dem Abbau zu beginnen, seien „verlorene Jahre für den Klimaschutz“.

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