Bittere Pillen

Ärzte verschreiben billigere Arzneien – jetzt drohen Klagen

Salzburg
19.10.2009 18:10
Bittere Pillen für die Salzburger Gebietskrankenkasse: Weil die Ärzte in einem groß angelegten Versuch jetzt kostengünstigere Medikamente verschreiben müssen, droht die Pharmaindustrie mit einer Klage. Was Mediziner, Kassenvertreter und Apotheker zum bisherigen Test-Verlauf sagen, hat die "Krone" recherchiert.

Am 1. Jänner 2010 soll die neue Regelung dann fix in Kraft treten: Nach einer Vereinbarung mit der Gebietskrankenkasse verschreiben Mediziner jetzt "das kostengünstigere, aber gleich wirksame Medikament," wie es Ärztekammer–Präsident Dr. Karl Forstner beschreibt. Darüber hat die "Krone" schon exklusiv berichtet.

"Umstellung wird sich einspielen"
Nun sind die ersten Erfahrungen gesammelt, und die fallen unterschiedlich aus. Ärztechef Forstner: "Zunächst ist der Inhalt der Vereinbarung nicht mit Begeisterung aufgenommen worden, doch bei den Konferenzen in den Bezirken hat sich das geändert: Es ist eine Umstellung, die sich einspielen wird. Unser Salzburger Pilotprojekt ist auf ein Jahr befristet. Was ganz wichtig ist: Langzeit-Patienten bekommen ihr ganz bestimmtes Medikament weiter. Wir Ärzte entscheiden, wir gestalten die Therapie."

Verständnis bei den Patienten
Dr. Josef Lohninger, praktischer Arzt in Hof (1.000 Patienten) informierte als Kammervertreter die Mediziner bei Konferenzen in Kaprun, St. Veit im Pongau, Tamsweg und im Hörsaal der Universitätsklinik: "Die Patienten verstehen das, es gibt immer weniger Probleme. Natürlich kam auch Kritik von den Ärzten, aber nach der Diskussion war der Tenor: Wir sind dabei. Schließlich haben alle die finanzielle Lage der Kasse richtig eingeschätzt."

Produkte in Apotheken oft nicht lagernd
Dr. Friedemann Bachleitner-Hofmann, Präsident der Apotheker: "Wir haben einen Versorgungsauftrag zum Wohl der Patienten. Plötzlich tauchen auf den Rezepten bisher unbekannte Firmen auf, deren Produkte wir nicht lagernd haben. Was sagen Sie nun einer Mutter, die am späten Abend Pillen für ihr grippekrankes Kind benötigt?"

In einer Verhandlung mit der Kasse gelang es dem Apotheker-Chef, die Zahl der ursprünglich 400 billigeren Medikamente auf 770 (von 2.000) zu erhöhen. Bachleitner-Hofmann: "Es geht um die rasche Verfügbarkeit und um Lagerprobleme beim Großhandel."

Pharma-Industrie will Kasse klagen
Der Dachverband der Pharma-Industrie, Pharmig, will nun die GKK-Salzburg klagen. Dr. Jan Oliver Huber: "Wir prüfen derzeit und entscheiden demnächst." Gelassen gibt sich Siegfried Schluckner (Kasse): "Der Test läuft sehr gut an, sogar flächendeckend, mit nur wenigen Problemen."

von Hans Peter Hasenöhrl, Kronen Zeitung

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