Katias Kolumne

Causa BVT: Staatskrise – oder alles supersauber?

Österreich
14.03.2018 11:50

Die Berichterstattungen der österreichischen Medienlandschaft zur derzeitigen Causa prima rund um die Hausdurchsuchungen bei Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) schwanken zwischen der Befürchtung (oder Herbeisehnung) einer veritablen Staatskrise und überschwänglichem Eigenlob einer „lupenreinen“ Ermittlungsarbeit.  Doch was war abseits der Hysterie und Gegenhysterie tatsächlich geschehen?

Grund für die Durchsuchungen im BVT und bei deren Mitarbeitern waren laufende Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Amtsmissbrauchs. Die Vorwürfe basieren auf anonymen Zeugenaussagen, die von veruntreutem Steuergeld, Datenvergehen, obskuren Berichten rund um nordkoreanische Pässe bis hin zu sexuellen Übergriffen reichen.

Für Verwunderung sorgte vor allem, dass die Durchsuchungen nicht – wie in solchen Fällen sonst üblich – von der polizeilichen Sondereinheit Cobra, sondern von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), die für gewöhnlich Raub- und Drogendelikte bekämpft, ausgeführt wurde. Während die einen aufgrund des blauen Leiters der EGS einen handfesten internen Macht- und Umfärbe-Skandal wittern, erklären die anderen, dass die ÖVP-geführte Cobra aufgrund ihres möglichen Naheverhältnisses zum ebenso schwarzen BVT für diesen Einsatz schlichtweg ungeeignet gewesen sein soll.

Status: es ist kompliziert
Dass bei der Durchsuchung auch ein Datenträger der Leiterin des Extremismusreferats beschlagnahmt wurde, die ihrerseits aber gar nicht als Beschuldigte, sondern lediglich als Zeugin in den besagten Ermittlungen geführt wird, tut trotz der durchaus schlüssigen Erklärung, dass die Festplatte nur im Zuge einer übergründlichen Beschlagnahmung mitgenommen worden sei, in der Verunsicherung der Medienkonsumenten ihr Übriges, ebenso die vorläufige Suspendierung des BVT-Chefs Peter Gridling.

Ein Sachverhalt – zwei komplett konträre Deutungen
Soweit die spärlichen Fakten. Bemerkenswert ist, dass ein und derselbe Sachverhalt in zwei völlig verschiedene Richtungen ausgelegt wird, je nachdem, ob der Interpret regierungsfreundlich oder -feindlich gesinnt ist. Ob ein erbitterter, interner Machtkampf zwischen den Koalitionspartnern oder ein „lupenrein durchgeführter Einsatz“ - jeder scheint sich in der Causa BVT wie in einem Zuckerlgeschäft nach Belieben das rauszunehmen, was ihm selbst am besten schmeckt. Die Fakten sind indes derzeit noch so spärlich, dass sich seriöserweise weder eine handfeste Staatskrise noch viel Eigenlob rauslesen lassen.

Umso wichtiger erscheint – auch, um die verbliebene Restseriosität des BVT wahren zu können – wieder einmal Aufklärung, Aufklärung und nochmals Aufklärung. Weder das beharrliche Schweigen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), noch der „Fake News“-Vorschlaghammer des Generalsekretärs im Innenministerium sind probate Kommunikationsmittel, um wieder Vertrauen in die österreichische Anti-Terror-Behörde zu schaffen. Angesichts der nunmehr gehäuften Meldungen über brutale Messerattacken ist die fortgesetzte Nabelschau keinesfalls angebracht. Ein funktionstüchtiger Staatsschutz wird derzeit nämlich dringend gebraucht.

Katia Wagner

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