Geschleppte Kurden

Illegale werden zu Arbeitssklaven – Mafia casht ab

Niederösterreich
11.10.2009 19:26
Eine unvorstellbare, fast 28 Stunden dauernde Tortur in zwei Lastern ließen jene 64 Kurden freiwillig über sich ergehen, die auf der Raststation Zöbern in Niederösterreich entdeckt wurden. Und das alles, weil ihnen für 10.000 Euro ein Leben im Paradies versprochen worden ist. Doch die Realität sieht meist ganz anders aus: Die Illegalen werden zu Arbeitssklaven - und die Schleppermafia macht Millionen-Profite.

Das Wichtigste vorweg: Alle 64 türkischen Kurden, die nach fast 28 Stunden am Wechsel aus den Kühllastern befreit wurden, sind gesundheitlich wohlauf. Die Illegalen - sie haben mittlerweile allesamt um Asyl in Österreich angesucht - wurden ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (NÖ) gebracht.

Fotos der sichergestellten Lkws siehe Infobox.

Die Fahrt hat ursprünglich in Istanbul begonnen, dort wurden die 64 Personen auf die beiden Lkws aufgeteilt. Die Männer mussten ihre Notdurft in Plastikflaschen verrichten. Nach ihrer Entdeckung wurden die geschleppten Menschen vom Roten Kreuz und der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen mit Nahrungsmittel sowie Decken versorgt.

Lkws zu kühl und schlecht belüftet
Als "menschenunwürdig und gesundheitsgefährdend" bezeichnete Heinz Zimper von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen die Unterbringung der Männer in den Lastwagen. Diese seien schlecht belüftet und viel zu kühl gewesen, da zur Aufrechthaltung der Tarnung als Obst- und Gemüsetransporter die von außen erkennbare Temperatur entsprechend hinuntergefahren wurde.

Höchst lukrativer Menschenhandel
Indes haben die Ermittler am Sonntag ihre Befragungen fortgesetzt. Die zuständigen Beamten wollen unbedingt an die Hintermänner der drei verhafteten Schlepper herankommen. Denn der Menschenhandel floriert in Europa. Laut "Europol" zählt dieser neben dem illegalen Drogen- und Waffenhandel weltweit bereits zu den lukrativsten kriminellen Geschäften.

Die meisten Illegalen, wie auch im aktuellen Fall, können sich die Kosten für den Transport nicht leisten - und werden sozusagen auf Kredit mitgenommen. Ihre Schulden plus die anfälligen Zinsen müssen sie im Zielland schließlich abarbeiten. Und spätestens dann ist der versprochene Traum vom Leben im Paradies geplatzt: Die Geschleppten werden zu Arbeitssklaven - und die Schleppermafia verdient mit ihnen Millionen.

Eine Auflistung von großen Schlepper-Fällen in Österreich siehe Infobox.

Geschätzte acht Millionen Menschen werden derzeit weltweit auf diese Weise ausgebeutet. Ob Kebab-Verkauf, organisiertes Betteln, Auftragsraube, Drogen- oder Waffenschmuggel, Prostitution, Haushaltshilfe oder harte Arbeit auf Baustellen - die Geschleppten werden von der Mafia nach ganz Europa weiterverkauft und schamlos ausgebeutet. In Frankreich sollen derzeit allein in der Baubranche bereits mehr als 30 Prozent aller "Hackler" aus dem Ausland stammen - und illegal sowie gratis arbeiten. Man geht mittlerweile sogar davon aus, dass registrierte und angeblich seriöse Arbeits-Vermittlungsstellen mit den kriminellen Organisationen zusammen arbeiten.

14 Milliarden-Gewinn durch Arbeitssklaven
So sollen weltweit pro Jahr geschätzte 14 Milliarden Euro an Gewinn für die kriminellen Netzwerke herausschauen. Auf der Strecke bleiben dabei die Illegalen Einwanderer (laut "Europol" mehrere Hunderttausend allein innerhalb der EU). Sie kommen aus dem Teufelskreis nicht mehr hinaus. Auch eine Flucht ist unmöglich - die Reisepässe werden den Geschleppten noch vor dem Transport als "Sicherheit" abgenommen.

von Klaus Loibnegger (Kronen Zeitung) und krone.at

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