Alternative-Pop-Oper

“The Resistance” von Muse: We Will “Pomp” You

Musik
08.10.2009 15:34
Jetzt ist Muse im Stadion – oder besser gesagt in den Opernhäusern – dieser Welt angekommen. Viel besser lässt sich das neue Album "The Resistance" wohl kaum umschreiben. Denn auf dem siebten Longplayer der Band regieren über weite Strecken wabernde Keyboardteppiche und Orchester-Passagen. Kurz: Bombast wohin die Ohren lauschen. Daneben huldigen die drei eigenwilligen Musiker um Sänger und Gitarrist Matt Bellamy Rock- und Pop-Legenden. Das Ganze garnieren Muse natürlich mit der ihnen eigenen Schwermut und den nicht zu entfliehenden Melodien.
(Bild: kmm)

Schon beim ersten Hören fällt an "The Resistance" auf, dass die drei Briten dem Rock weitestgehend ade gesagt haben. Denn die Platte spielt zu einem großen Teil in ihrem ganz eigenen Alternative-Klassik-Pop-Kosmos mit ausgeprägtem Opern-Charakter. Davon zeugen etwa orientalisch anmutende Arrangements in "United States of Eurasia". Und auch bei klassischen Komponisten hat sich Muse ausgiebig bedient. So integriert die Band eine Nocturne von Frédéric Chopin oder spielt auch Auszüge aus der Oper "Samson et Dalila" der französischen Komponistin Camille Saint-Saéns, die Bellamy mit zerbrechlicher Stimme aus den Boxen schmachtet.

Am Ende des Albums wartet Muse dann noch mit dem Opus magnum der Platte auf: Bei der dreiteiligen Symphonie "Exogenesis"  holen die drei Musiker ein ganzes Orchester vor den Vorhang und verbinden den üppigen Klangteppich mit bedrückenden Rocksounds. Leider schaffen sie es dabei nicht, die Spannung über die ganze Zeit der Tracks aufrechtzuerhalten.

Vorbildern gehuldigt
Aber nicht nur in der Geschichte der klassischen Musik hat sich das Trio bedient. Auch bei Größen der Pop- und Rockszene haben Matt Bellamy, Christopher Wolstenholme (Bass) und Dominic Howard (Schlagzeug) zugeschlagen: Queen huldigen sie in "United States of Eurasia"(Freddy Mercury hätte wohl seine Freude daran) und klare Zuneigung für Depeche Mode sowie R'n'B der Marke Timbaland muss man den dreien nach dem Hören von "Undisclosed Desires" auch attestieren.

Trotz großer wie rotzfrecher Zitate ist auf "The Resistance" nicht alles Gold was glänzt. Denn die Platte zieht über weite Teile die große, fast überproduzierte Geste mit massigem Pomp den schrägen und vor allem ideenreichen Alternative-Rocksounds früherer Tage vor. Wohltuende Ausnahmen bilden hier wohl das Titelstück und das pumpende wie grandiose "Unnatural Selection". Ansonsten regiert über weite Strecken des Albums Kaiser Weichspüler, der dem untertänigen Hörer nicht selten das eine oder andere Gähnen als Tribut abverlangt.

Fazit: Muse haben sich auf "The Resistance" künstlerisch absolut ausgetobt und dabei keine Rücksicht auf die Erwartungshaltung ihrer Fans oder Konventionen genommen. In manchen Momenten funktioniert das wirklich gut, manchmal wirkt es aber auch zu bemüht und langatmig. Immer wieder sehnt sich der Hörer danach, einfach mal loszurocken. Stattdessen bekommt er die nächste Streicherpassage, die nächste Orgel und das nächste pompöse Arrangement serviert. "The Resistance" ist zweifelsfrei ein äußerst ambitioniertes Album, auf dem die drei aus Devon ihren Hang zur Opulenz gnadenlos austoben. Aber auch hier wäre - wie so oft - etwas weniger mehr gewesen – die Dosis macht's. "Muse: 'The Resistance' - bald in einem Opernhaus in deiner Nähe!" Es würde nicht verwundern, käme der Marketingmanager der Band bald mit diesem Spruch hausieren.

6 von 10 ausladenden Musen

von Stefan Taferner

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