Forensische Betreuung

Psychose als Auslöser für Muttermord

Oberösterreich
22.02.2018 06:31

Eine wieder akut gewordene Psychose dürfte Auslöser für den Mutter-Mord in Polling gewesen sein. Der verdächtige Sohn (28) litt seit einer Woche verstärkt an Verfolgungswahn und Angstzuständen. Der gut gemeinte Rat der Familie, sich in stationäre Behandlung zu begeben, scheint seinen Ausraster mitverursacht zu haben.

„In dem Fall gibt es nur Opfer – die Mama ist ein Opfer, ich bin ein Opfer und auch mein Bruder ist ein Opfer seiner Krankheit“, sagt Johannes Sch. (31), der ältere Sohn der Witwe Eleonore Sch. (63), die am Montag von ihrem jüngeren Sohn Matthias erwürgt worden war. Matthias Sch. war seit einem Jahr bei einem Psychiater in Nürnberg, wurde aber auch stationär behandelt. Seine Angehörigen bekamen zuletzt mit, dass es ihm nun wieder schlechter geht – aus diesem Grund nächtigte er auch bei der Mutter in Polling.  

Psychotischer Schub
Der Psychologe und Psychotherapeut Barnabas Strutz vermutet, dass bei dem Informatik-Studenten ein psychotischer Schub eingetreten sein könnte. „So etwas kann immer wieder passieren – eine Psychose ist absolut kein Klacks“, betont der Experte im Interview.

Auslieferungsverfahren
Der Verdächtige wird derzeit in der forensischen Abteilung eines bayrischen Bezirkskrankenhauses betreut. Über den Auslieferungsantrag aus Österreich gibt es noch keine Entscheidung. „Eine Auslieferung in einem vereinfachten Verfahren war bisher nicht möglich, der Beschuldigte müsste dazu sein Einverständnis geben – was er bisher nicht getan hat“, sagt Walter Feiler, Oberstaatsanwalt in Passau. Tut Sch. das weiterhin nicht, ist der Umweg über die Generalstaatsanwaltschaft und das Oberlandesgericht München erforderlich – und das kann mehrere Wochen dauern.
„Wir gehen aber schon davon aus, dass der Fall in Österreich verhandelt wird“, so Feiler.

„Betroffene leben in eigener Realität“
Laut dem Psychologen und Psychotherapeuten Barnabas Strutz aus Wilhering zeigen Psychotiker häufig keine Krankheitseinsicht.

„Krone“: Wie schwierig ist es, eine Psychose nachzuweisen?
Barnabas Strutz:
Eine Psychose ist oft schwer zu testen. Die Krankheit kann auch phasenweise zum Ausbruch kommen. Und hat ein Betroffener gerade eine gute Phase, ist das Leiden schwer zu diagnostizieren.

„Krone“: Auf welche Art und Weise äußern sich Psychosen?
Strutz:
Etwa durch Wahnvorstellungen oder Angstzustände. Der Betroffene bastelt sich dann seine eigene Realität, fühlt sich beispielsweise durch seine Umwelt gefährdet, ist davon überzeugt, dass ihm alle anderen Böses wollen.

„Krone“: Was können Angehörige in so einem Fall tun?
Strutz:
Als Angehöriger ist man einigermaßen machtlos. Man kann nur versuchen, den Betroffenen zu überreden, sich in stationäre Behandlung zu begeben und medikamentös betreuen zu lassen. Betroffene zeigen aber oft wenig Einsicht, weil sie glauben, normal zu sein, nur die Umwelt sei gestört. Ein Korrektiv ertragen sie schwer.

„Krone“: Sind Psychosen heilbar?
Strutz:
Wer einmal daran leidet, muss sein ganzes Leben lang aufpassen, keinen Rückfall  zu erleiden.

„Krone“: Wie ist das mit den Schüben?
Strutz:
Solche können immer wieder passieren, auch nach drei oder vier Jahren Pause.

 

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