Krankheit erschnüffeln

Mit tierischem Spürsinn gegen Krebs

Gesund
23.02.2018 06:00

Die Fähigkeit der Hunde zum gezielten Riechen nutzt die Polizei zum Aufspüren von Drogen oder Waffen. Aber auch im Körper der Menschen „erriechen“ die klugen, gut ausgebildeten Tiere sehr früh viele Störungen.

Vorsichtig läuft Rocky im Uhrzeigersinn um den vor ihm liegenden Menschen herum. Mit seinem sensiblen Riechorgan „sucht“ er jeden Zentimeter des Körpers gleichsam ab, die Vorder- und Rückseite. In diesem Fall hat er nichts entdeckt, er wendet sich schwanzwedelnd seinem Herrchen zu. Hätte der Hund eine Krankheit erschnüffelt, würde er das mit besonderem Verhalten anzeigen, denn dann verändern sich unmittelbar die körpereigenen Gerüche. Krebszellen etwa enthalten, unabhängig von der Art des Karzinoms, typische Inhaltsstoffe, wie etwa Benzole und alkalische Ausdünstungen, die für Hundenasen eindeutig erkennbar und unterscheidbar sind.

„Unsere neueste Errungenschaft stellt eine Art Ganzkörperscreening dar“, erklärt Wolfgang Gleichweit, Leiter der weltweit ersten und einzigen Krebssuchhundestaffel in Gratwein-Strassengel (Stmk.). „Grundsätzlich können die Hunde ja aus Atemluft, Schleimhaut, Urin, Blut oder Speichel ,lesen‘, nun suchen sie – wie eingangs beschrieben – zusätzlich auch den Menschen ,als Ganzes‘ ab.“ Auf diese Weise gelingt es den Vierbeinern, Krankheiten frühzeitig zu erkennen. Manche vertrauen den Spürhunden so sehr, dass sie sich jährlich zur Abklärung „unter den Hund legen“.

Der „beste Freund des Menschen“ kann auf fast alle Geruchsstoffe trainiert werden. Bis zu zwölf Monate dauert die Ausbildung zum „Krebssuchhund“ bei Wolfgang Gleichweit, einem pensionierten Polizeidiensthundeführer, der sich seit 2003 mit der Idee beschäftigt, die Tiere als „medizinische Spürnasen“ einzusetzen. Ein Verfahren, zu dem es übrigens internationale wissenschaftliche Studien gibt. Auch zahlreiche Ärzte befürworten die doch für viele eher ungewöhnlich anmutende Vorgehensweise bereits. „Beobachtungen an den Hunden geben uns recht und können auch schon im Vorhinein ein aussagekräftiges Ergebnis liefern, denn die Tiere irren sich nicht. Oft bestätigt sich eine Vermutung, und so ist es möglich, eine Erkrankung schon im Keim zu ersticken“, bekräftigt auch Dr. Angelika Wudy, Allgemeinmedizinerin aus Mödling (NÖ).

„Wir sind uns der Verantwortung bewusst. Die Geruchsproben werden deshalb bis zu 15-mal von verschiedenen Hunden getestet, die Trefferquote ist hoch: Seitdem ich das mache, gab es kaum einen Fehler seitens der Tiere, eher wurden die Proben falsch eingeschickt“, so Wolfgang Gleichweit. Denn um sich vom „tierischen Detektiv“ untersuchen zu lassen, muss man einen „Test-Kit“ bestellen und mit diversen Proben einschicken. Erschnüffelt wurden bisher übrigens bereits verschiedenste Krebsarten, z. B. der Lunge, der Blase oder Eierstöcke, sogar Hautkarzinome oder Krankheiten wie Diabetes.

„Wer die tierischen Dienste in Anspruch nimmt, spürt, dass etwas in seinem Körper nicht stimmt. Und auch, wenn das die schulmedizinischen Diagnosemöglichkeiten noch nicht erfassen können, der Hund riecht es. Bei 90 Prozent der Untersuchten liegt allerdings keine Erkrankung vor. Wenn der Vierbeiner aber etwas anzeigt, ist das mitunter schon ein belastender Moment. Dafür erhält der Betroffene eine eindringliche Warnung, dass er unbedingt zum Arzt gehen muss“, beschreibt Herr Gleichweit. „Ebenso wollen ehemalige Krebspatienten abklären lassen, ob der Tumor nach einer Behandlung auch wirklich verschwunden ist. Während für die Möglichkeit einer Nachuntersuchung eine bestimmte Zeit verstreichen muss, ist der Geruch ja sofort da.“

Eva Greil-Schähs, Kronen Zeitung

Info: www.krebssuchhunde.at, 0664/ 9790300

 

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