Fall Luca

Ein Jahr Haft für Lucas Mutter

Österreich
26.05.2009 07:19
Im Fall Luca sind am Montagnachmittag sowohl die Mutter des Buben als auch eine Sozialarbeiterin vom Innsbrucker Landesgericht schuldig gesprochen worden. Während die ehemalige Mitarbeiterin der Jugendwohlfahrt Schwaz eine Geldstrafe erhielt, wurde die 24-jährige Tirolerin zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Die Mutter von Luca, der im November 2007 nach schweren sexuellen Misshandlungen im Alter von 17 Monaten starb, habe die Verpflichtung zur Fürsorge grob vernachlässigt, indem sie den Kontakt zum Lebensgefährten zugelassen hat. Sie hätte wissen müssen, dass ihr Freund für die Verletzungen verantwortlich, hieß es in der Urteilsbegründung. "Sie haben Luca seinem Peiniger ausgeliefert", sagte Richter Andreas Mair. Die Wahrheit habe die Angeklagte immer so geschildert, wie es ihr gerade gepasst habe. Mair sah damit das Vergehen des "Quälens oder Vernachlässigen Unmündiger" erfüllt.

Richter: Sozialarbeiterin hätte eingreifen müssen
Die mitangeklagte Sozialarbeiterin wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro verurteilt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt hätte sie Maßnahmen zum Schutz des Kindes ergreifen müssen, wie beispielsweise nachdem bei Luca ein gebrochener Arm festgestellt wurde. Es habe keinerlei Auflagen gegeben, die es dem ehemaligen Lebensgefährten der Mutter untersagt hätten, nach Tirol zu kommen. Kritik übte der Richter vor allem daran, dass der Kontakt mit dem mittlerweile rechtskräftig verurteilten Niederösterreicher nicht verhindert wurde.

Mit Kopfschütteln und unter Tränen verfolgten die beiden Angeklagten die Urteilsverkündung. Beide legten sofort Berufung ein, sie hatten sich zu Prozessbeginn nicht schuldig bekannt.

Anwalt: "Verliebte" Mandantin konnte Gefahr nicht erkennen
Zuvor hatte der Verteidiger der Mutter, Albert Heiss, im Schlussplädoyer noch versucht, die Unwissenheit der 24-Jährigen glaubhaft zu machen. Seine damals "verliebte" Mandantin habe nicht erkennen können, dass vonseiten ihres früheren Lebensgefährten Gefahr für ihre Kinder ausging. Laut einem psychologischen Gutachten könne sich der 24-jährige verurteilte Mann (siehe Infobox!) "gut verstellen", sagte Heiss: "Er kann sich gut anpassen, ordnet sich unter, ist sehr ruhig und ordentlich." Für seine Mandantin sei der "arbeitsame, fleißige Mann mit gesicherten Verhältnissen eine gute Partie" gewesen.

Schwere Vorwürfe gegen Lucas Ärzte
Nikolaus Rast, Vertreter des Privatbeteiligten Bernhard Haaser (leiblicher Vater von Luca), erhob schwere Vorwürfe gegenüber den Ärzten und Kliniken, in denen Luca betreut worden war. Viele hätten über die Verletzungen bescheid gewusst, die Anzeigen seien jedoch ausgeblieben. Bis zu Lucas Tod sei die Polizei nicht involviert gewesen. "Anscheinend hat in diesem 'lückenlosen, engmaschigen Netz an Auflagen' doch jemand eine Lücke gefunden", kritisierte Rast und meinte, dass das Urteil eine "generalpräventive Wirkung" haben müsse.

Dieser Meinung schloss sich auch Markus Orgler, der die frühere Sozialarbeiterin der Jugendwohlfahrt Schwaz vertrat, an. Eine Klinik sollte fähig sein, eine Diagnose zu erstellen, die für bare Münze genommen werden könnte, meinte er in seinem über eine Stunde dauernden Plädoyer. "Meine Mandantin kann das nicht, sie kann sich nur an den Ärzten orientieren", so Orgler. Die 48-Jährige habe bei ihrer Vorgehensweise nicht fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt. Das Gesetz sei zu schwer zu durchblicken, um zu wissen, was wirklich zu tun sei. Anders hätte die Frau demnach nicht handeln können.

Mehr als 30 Zeugen verhört
In dem viertägigen Prozess waren mehr als 30 Zeugen - darunter Mitarbeiter der Jugendwohlfahrten in Tirol und Niederösterreich und einer Familienbetreuungsstelle, zahlreiche Ärzte aus Innsbruck und Mödling sowie Familienmitglieder des Ex-Lebensgefährten der Mutter - verhört worden. Der mittlerweile rechtskräftig verurteilte ehemalige Lebensgefährte von Lucas Mutter hatte ebenfalls ausgesagt.

Ex-Lebensgefährte von Lucas Mutter bereits verurteilt
Er war im vergangenen September nach einem zweitägigen Prozess zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt worden. Einstimmig hatten die Geschworenen am Landesgericht Korneuburg den Mann des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge für schuldig befunden. Vergangenen Mittwoch wurde das Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Unklar ist noch die Höhe der Strafe.

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