Google-Killer?

Start für die Wissensmaschine “Wolfram Alpha”

Web
18.05.2009 15:18
Am Montag ist die von vielen Beobachtern als "Google-Killer" gehandelte Suchmaschine "Wolfram Alpha" offiziell online gegangen. Die Anwendung werde sich dadurch auszeichnen, dass sie - anders als herkömmliche Suchmaschinen - aus Quellen im Internet Antworten berechnen und nicht einfach nur Treffer auflisten kann, versprechen die Entwickler. krone.at hat die Probe aufs Exempel gemacht.

Vermeintliche "Google-Killer" hat es in den vergangenen Jahren viele gegeben. Den Branchenprimus vom Thron zu stoßen ist ihnen allesamt jedoch nicht gelungen. Dass man dies nun ausgerechnet Wolfram Alpha (siehe Infobox) zutraut, ist auf dessen Entwickler Stephen Wolfram zurückzuführen: Der 49-jährige Brite veröffentlichte bereits im zarten Alter von 16 Jahren seinen ersten Artikel über Teilchenphysik, nur ein Jahr später begann er an der Universität von Oxford Physik zu studieren, ehe er mit 20 am California Institute of Technology promovierte. 1987 gründete er schließlich seine eigene Firma und veröffentlichte die Mathematik-Software "Mathematica" - eines der bis heute meistbenutzten mathematisch-naturwissenschaftlichen Programme, das nun auch die Basis für Wolframs Suchmaschine bildet.

Ein "Google-Killer" will die Suche jedoch nicht sein, kann sie auch gar nicht. Selbst die Bezeichnung "Suchmaschine" ist nicht ganz zutreffend, wie Stephen Wolfram erklärt. Er möchte seine Erfindung lieber als "Maschine des computerisierten Wissens" verstanden wissen. Denn, und das ist die Besonderheit, während herkömmliche Suchen wie Google und Co ihre Datenbanken nach den abgefragten Wörtern durchforsten und ihre Ergebnisse in Form von weiterführenden Links präsentieren, produziert Wolfram Alpha direkt Antworten, indem es die Fragen des Users interpretiert und selbstständig nach einer passenden Formel sucht, um die Antwort zu berechnen.

In jahrelanger Vorarbeit haben dafür über 100 qualifizierte Experten gewissermaßen in Handarbeit Daten gesammelt, diese interpretiert und automatisch bearbeitbar gemacht. "Wir versuchen, so viel Weltwissen wie möglich zu sammeln und es mit dem Computer aufzuarbeiten", sagt Wolfram. Stärke des Systems seien Fakten. Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn man nach "Wien" sucht: Während Google auf der ersten Trefferseite etwa Links zum Wiener Flughafen, dem örtlichen Tourismusbüro oder dem passenden Wikipedia-Artikel listet, präsentiert Wolfram Alpha auf einen Blick die Gesamtbevölkerungszahl, die aktuelle Uhrzeit sowie das Wetter samt Luftfeuchtigkeit und Windrichtung.

Seine wahre Stärke spielt das System allerdings erst aus, wenn es ans Vergleichen geht. Wer etwa die Bruttoinlandsprodukte von Österreich und Deutschland miteinander vergleichen will, muss sich bei Google und Co die statistischen Daten der beiden Länder mühsam zusammensuchen. Die bislang nur auf Englisch verfügbare Suche von Wolfram Alpha hingegen interpretiert die Eingabe "GDP (Gross Domestic Product, Anm.) Austria Germany" als Vergleich und präsentiert die Ergebnisse nicht nur dementsprechend übersichtlich, sondern ergänzt sie praktischerweise auch mit einer Verlaufsgrafik.

Es geht jedoch auch simpler: Wer nach "banana" und "apple" sucht, erfährt alles über Vitamingehalt und Nährwerte der beiden Obstsorten, beim Eingeben zweier Firmennamen zeigt Wolfram Alpha dem Nutzer die Entwicklung der Aktienkurse in einem Diagramm inklusive aller wichtigen Finanzkennzahlen und wer nach einem bestimmten Datum sucht,  erfährt, wie viele Tage, Wochen und Monate seitdem vergangen sind, wann die Sonne an besagtem Tag auf- und untergegangen ist und in welcher Phase der Mond gerade stand. So kommt es schließlich auch, dass die Software neben kleineren und komplexesten mathematischen Formeln berechnen kann, wie das Wetter in Wien war, als John F. Kennedy ermordet wurde - die intelligente Verknüpfung von Fakten macht's möglich.

Mit nicht objektivierbaren Meinungen oder etwa der Welt der Schönen und Reichen hat es die Wissensmaschine hingegen weniger. Wer beispielsweise nach Paris Hilton sucht, erfährt zwar, wann und wo die Hotelerbin geboren wurde und dass sie mit zweitem Vornamen Whitney heißt, wird dann aber höflich auf Wikipedia und Google verwiesen, um darüberhinausgehende Informationen – Bilder und den neuesten Klatsch - zu erhalten. Bei Wolfram Research, der Firma hinter Wolfram Alpha, ist man sich dieser Wissenslücken bewusst, betont aber zugleich, dass man in der Entwicklung noch am Anfang stehe und dass es sich um ein langfristiges Projekt handle. Die von Google gewohnte Meinungsvielfalt dürfte man jedoch ohnehin nicht anstreben, gilt es doch vielmehr, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, um so der immer größer werdenden Datenflut im Internet zumindest ansatzweise Herr zu werden.

Damit sollten sich die Wolfram-Alpha-Macher allerdings beeilen, denn Brancheninsidern zufolge arbeitet auch Google in seinen Labors bereits an einer semantischen Suche, die verwandte Begriffe und Internetseiten dem gesuchtem Zusammenhang entsprechend findet. In dem unter dem Namen "Google Squared" firmierenden Projekt will das kalifornische Unternehmen im Netz gesammelte Informationen dem Surfer künftig in Datenblättern und Tabellen übersichtlich aufbereitet präsentieren.

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