Vor Arbeitskonflikt

Post übergibt Teile der Zustellung an Private

Österreich
15.05.2009 07:20
Bei der Post hängt wieder einmal der Haussegen schief. Das Unternehmen will rund fünf Prozent der Zustellleistung im Briefbereich an Tochterunternehmen bzw. private Firmen vergeben. Dies soll heuer Einsparungen von sechs Millionen Euro bringen. Dabei wird - zumindest 2009 - kein einziger Mitarbeiter der Post gekündigt. Die 600 Arbeitsplätze, die durch natürliche Fluktuation (im Regelfall Pensionierungen) frei werden, besetzt man nicht mehr nach. Den Job übernehmen dann Dritte. Betroffen sind 24 Regionen österreichweit. Die Postgewerkschaft hat umgehend reagiert und mit Streik gedroht. Am 20. Mai will sie sich den entsprechenden Streikbeschluss holen, um beim Start der Auslagerung Mitte Juni "kampfbereit" zu sein.

Gestartet wird die teilweise Auslagerung der Briefzustellung in Wien in den Bezirken Simmering (11.) und Brigittenau (20.), maximal zehn Prozent der Zustellbezirke sollen hier von Posttöchtern oder Privaten betreut werden, versichert die Post. Sie werden eine postähnliche Uniform erhalten und dürfen eingeschriebene Briefe nicht zustellen. Hier klingelt auch weiterhin der Postler - oder hinterlegt den bekannten "gelben Zettel".

Welche 24 Regionen Österreichs betroffen sind: siehe Infobox!

Private erheblich billiger
Für die Post ist die Faktenlage eindeutig: Ein Postler kostet das Unternehmen durchschnittlich 35.000 Euro, ein "Privat-Postler" hingegen nur 25.000 Euro. Dies resultiert unter anderem aus unterschiedlichen Kollektivverträgen, wobei die Post versichert, dass sie kein Lohndumping bei den privaten Briefzustellern dulden wird. Allerdings gibt es im Gegensatz zum Bausektor keine Generalunternehmerhaftung. Halten sich die privaten Auftragnehmer nicht ans Gesetz, ist die Post aus dem Schneider.

Post verweist auf Wirtschaftskrise
Post-Briefvorstand Walter Hitzigeram rechnete am Donnerstag vor, wie sehr sich die Wirtschaftskrise und der zunehmende E-Mail-Versand auf die Post ausgewirkt habe. So habe es im ersten Quartal im Bereich Rechnungsversand für kleine und mittlere Unternehmen einen Rückgang um vier Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres gegeben. Die Post reagiere auf die schwieriger werdende Lage auch mit einer Investitionskürzung von 20 Prozent. So werde heuer überlegt, ob überhaupt neue Fahrzeuge angeschafft werden sollen, gab Hitziger zu bedenken. Normalerweise schafft die Post jährlich 600 bis 800 Fahrzeuge an. Betroffen von dieser Sparmaßnahme wäre in erster Linie VW.

Gewerkschaft: "Jetzt ist Pröll gefragt"
Aber das letzte Wort bei den Postplänen ist ohnehin noch nicht gesprochen, denn die Post gehört zu 52 Prozent dem Staat und somit hat die Politik noch Einflussmöglichkeiten. In zahlreichen Reaktionen wurde am Donnerstag ein Einschreiten von Eigentümervertreter Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) und der für den Postversand zuständigen Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) gefordert.

Die Postgewerkschaft befürchtet, dass mittelfristig 6.000 Briefträger ihren Job verlieren. "Jetzt ist Vizekanzler Josef Pröll gefragt, endlich personelle Entscheidungen zur Sicherung der Post zu treffen. Wenn der Finanzminister jetzt zuschaut, macht er sich mitschuldig", so die Postgewerkschaft.

Weitere Appelle von verschiedenen Seiten an Pröll und Bures findest du in der Infobox!

Briefvorstand Hitziger beklagte, dass eine Einigung mit der Gewerkschaft sehr schwierig sei, da er immer zwei Verhandlungspartner habe - die Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) und die Christgewerkschafter (FCG). Und beide würden sich seit 2006 im permanenten Wahlkampf befinden.

"Rationalisierungswahn der Manager"
Wie schon in der Vergangenheit ist es auch diesmal die kleine ÖVP-nahe FCG, die bei Streikdrohungen vorprescht. FCG-Vorsitzender Manfred Wiedner hatte bereits Mittwochabend nach Bekanntwerden der Postpläne einen Streikaufruf abgegeben, am Donnerstag folgte der Salzburger Postpersonalvertreter Kurt Friedl. "Der Rationalisierungswahn unserer Postmanager macht es notwendig, umgehend einen Generalstreik der Post in Österreich auszurufen", so Friedl.

Suche nach "Post-Partnerschaften"
Bereits vor einigen Monaten hat die Post AG damit begonnen, nach Ersatz für einen Teil ihrer Postämter zu suchen. In Kooperation mit Nahversorgern sollen damit sogar mehr Postgeschäftsstellen zur Verfügung stehen als zurzeit. Laut Post herrscht reges Interesse an diesen "Post-Partnerschaften". Und auch das in Begutachtung befindlichen Postmarktgesetz geht in diese Richtung. So wird erstmalig die Zahl von Poststellen festgeschrieben, aber nicht wie viele davon von der Post selbst, sondern von Nahversorgern, Tankstellen etc. künftig betrieben werden dürfen. Die Post AG führt derzeit 1.300 Postämter und betreut 200 Post-Partner und 300 Post-Servicestellen. Nach dem Postmarktgesetz soll es künftig 1.650 Post-Geschäftsstellen (Postämter oder Post-Servicestellen) geben.

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