Skandal-Sager

Eklat bei Demo: “Langsam ist Nazi ein Ehrentitel”

Österreich
15.05.2009 15:51
Zu einem Eklat ist es am Donnerstagabend bei der Anti-Moschee-Demo am Wiener Ballhausplatz gekommen, bei der rund 700 Teilnehmer gegen den Ausbau einer Moschee in der Dammstraße in Wien-Brigittenau protestiert haben. Laut ORF-Radio sagte die Sprecherin der "Bürgerinitiative Dammstraße", Hannelore Schuster (Bild), als Reaktion auf Nazi-Rufe von Gegendemonstranten: "Ich möchte mich auch bei den Christen bedanken, dass sie den Mut gehabt haben, mit uns Nazis zu gehen. Langsam ist das ein Ehrentitel." Nach der Demo kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mit insgesamt sechs Verletzten endeten. Unter den Verletzten ist eine persönliche Referentin von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, die von einer Flasche getroffen wurde.

Die Demonstration, an der auch Strache selbst teilnahm, löste sich nach Angaben der Polizei kurz nach 19 Uhr auf. Vor der Universität und dem Parlament hatten sich etwa 700 linke Aktivisten zu einer Gegendemonstration eingefunden.

FPÖ erstattet Anzeige
Gleich nach der Demo hat die FPÖ wegen des Flaschenwurfs gegen eine Strache-Mitarbeiterin eine Anzeige gegen "linke Gegendemonstranten" erstattet, wie Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung mitteilte. 50 "Linksextremisten" hätten Parteiobmann Strache attackiert. Während dieser samt seiner Mannschaft dem Angriff unbeschadet entkomme sei, habe eine Flasche seine Referentin getroffen, so Vilimsky. Die Frau habe eine Fleischwunde davongetragen und sei ärztlich versorgt worden.

Die Polizei muss den Fall noch prüfen: "Nach Bekanntwerden der Aussendung wurde seitens der Polizei recherchiert, und es wird bestätigt, dass von Proponenten der FPÖ eine Anzeige erstattet wird", erklärte Polizeisprecher Hans Golob. Zu weiteren Details der bei der Exekutive eingebrachten Meldung - wie über den möglichen Hergang oder die etwaigen Beteiligten - gab es zunächst keine weiteren Informationen.

Drei Polizisten verletzt
Bei den fünf anderen Verletzten handelt es sich um drei Polizisten und zwei Justizwachbeamte, die nicht im Dienst waren. Ein Polizist wurde im Zuge einer Prügelei mit den zwei Justizwachebeamten verletzt. Wo sich die beiden anderen Beamten ihre Verletzungen zuzogen, war vorerst unklar. Einer wurde nach ersten Vermutungen von einer Eisenstange getroffen, auch die Justizwachebeamten sollen unbestätigten Informationen zufolge mit Metallstangen geschlagen worden sein.

Gegendemonstranten festgenommen
Drei Verdächtige, die die Polizei der von der Sozialistischen Jugend organisierten Gegendemo zuordnete, wurden am Donnerstagabend wegen schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt festgenommen, sagte Golob. Die Festnahmen erfolgten während bzw. nach der Schlusskundgebung der Bürgerinitiative hinter dem Wiener Rathaus.

Bürgerinitiative kündigt weitere Demos an
Die "Bürgerinitiative Dammstraße" kündigte weitere Demonstrationen an, sollte die SPÖ die Bauerlaubnis aufrechterhalten und nicht auf die Forderung nach einem Standortwechsel einsteigen. "Sollte es nötig sein, sind wir monatlich da", sagte Sprecherin Hannelore Schuster.

Sie kritisierte, dass der türkisch-islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit (Atib) "unter dem Deckmantel der Religion" in einem eng verbauten Gebiet ein Veranstaltungszentrum mit Supermarkt, Frisör und Kindergarten errichten will. Der SPÖ richtete sie aus, dass Bürgermeister Michael Häupl nicht mit einem ruhigen Wahlkampf rechnen solle, nur weil er mit Atib ausgemacht habe, dass dieser trotz positivem Bescheid erst nach der Wahl mit dem Umbau beginnen solle. Und auch die ÖVP solle sich darauf einstellen, dass sie wegen ihres Nichthandelns in dieser Sache "von den Bürgern die Rechnung präsentiert bekommt".

Strache poltert gegen die "linken Klerikalen"
FPÖ-Chef Strache schoss sich in seiner Rede auf die Gegendemonstranten ein. Man müsse "unser rot-weiß-rotes Österreich" vor diesen "grünen und linkslinken Herrschaften" schützen, die die "Sorgen und Probleme (der Bürgerinitiative, Anm.) nicht ernst nehmen". Diese sollten erklären, "in wessen Hand sie unser Christenland überführen wollen", sagte er in Anspielung auf die EU-Wahlplakate seiner Partei und wiederholte seine Forderung, in Kindergärten und Schulen Kruzifixe aufzuhängen.

Er forderte die Teilnehmer außerdem auf, sich nicht "von linken Klerikalen" provozieren zu lassen. "Ich sehe hier nur anständige Menschen mit Zivilcourage. Es ist unglaublich, mit welcher Hetze die Demonstration im Vorfeld diffamiert worden ist", sagte er. In die Kundgebung hatten sich aber doch einige offensichtlich dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnende Personen gemischt.

Häupl warf Strache vor, dass dieser in Wien "eine Parallelgesellschaft subventioniert und unterstützt". Atib sprach er das Recht ab, eine Moschee zu errichten. Es handle sich dabei um einen politischen Kulturverein, nicht um eine Religionsgemeinschaft. Strache forderte für Wien und auf Bundesebene ein Gesetz ähnlich jenem in Vorarlberg, das den Bau von Moscheen mit Minarett und Kuppel deutlich erschwert.

Proteste gegen "Hassprediger" Strache
Bei der Gegendemo vor der Universität und dem Parlament wurde vor allem gegen den "Hassprediger H.C. Strache" protestiert. Die Sozialistische Jugend Wien hatte sich schon im Vorfeld "empört" darüber gezeigt, dass die "Anti-Moschee-Demo" nicht verboten worden war. Die Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) verurteilte die Demonstration gegen den Ausbau des ATIB-Kulturzentrums in der Brigittenau "auf das Schärfste" und meinte: "Das ist Verhetzungspolitik der schlimmsten Sorte."

Die Katholische Aktion bedauerte, dass der Ausbau des islamischen Gemeindezentrums zum Anlass genommen wird, um Zwietracht zu säen. Christa Buzzi, Präsidentin der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien, appellierte an die Bürgerinitiative Dammstraße, "mehr auf Dialog zu setzen".

Harte Kritik von den Grünen
Die "Anti-Moschee-Demo" war von den Grünen und der SPÖ im Vorfeld scharf verurteilt worden. Das Demonstrationsrecht dürfe nicht zur "Neonazi-Propaganda" verkommen, erklärte die Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

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