"Wir haben dieses Recht im Grundbuch übersehen“, gesteht der Amtsleiter der Gemeinde Kirchschlag Manfred Pichler. Auf einen Fehler des Notars schiebt Bürgermeisterin Gertraud Deim den Grund für das Versäumnis. Das Aussichtsrecht, einen unverbauten Ausblick zu haben, gibt es in Oberösterreich nur in Kirchschlag bei Linz und in Bad Ischl im Salzkammergut. "Wer das Aussichtsrecht hat, hat auch das Recht es anzuwenden. Das ist unbestritten“, ist sich die Bürgermeisterin bewusst. Den Bau stoppen oder den Rohbau wieder abreißen lassen, will sie aber auf keinen Fall.
Bäcker wird von Landwirten boykottiert
Weil der ortsansässige Bäcker als Grundnachbar jetzt sein Recht eingefordert hat, wird er von Mitgliedern der Genossenschaft wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Landwirte und die ortsansässige Landwirtschaftsschule kaufen ihm sein Brot und Gebäck nicht mehr ab. "Das ist die logische Konsequenz“, sagt der Direktor der Landwirtschaftsschule Franz Hofstadler ganz offen. Er sei lediglich daran interessiert, dass die Schule möglichst noch diesem Sommer an das Heizkraftwerk angeschlossen wird und ab Winter die Nahwärme beziehen kann. Die Rechte der Nachbarn seien zweitrangig.
Mittlerweile hat die Genossenschaft über eine halbe Million Euro in das Hackschnitzelwerk investiert. Die Grundnachbarn verlangen jetzt einen Baustopp oder zumindest eine angemessene Entschädigung. "Auch wenn ein Recht alt ist, gültig ist es noch immer", sagt der Juniorchef der Bäckerei Paul Reisenberger, der sich von der Gemeinde verraten und verkauft fühlt. "Es geht aber nicht nur allein um das Aussichtsrecht, dass einfach ignoriert wurde, auch um die Lebensqualität im Luftkurort Kirchschlag." Weil das Heizkraftwerk mitten im Ortszentrum errichtet wird, befürchtet Reisenberger eine konzentrierte Rauch- und Emissionsbelastung und mehr Schwerverkehr in Kirchschlag.
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