Obama räumt auf

20.000 neue Mitarbeiter als “Pentagon-Prüfer”

Ausland
08.05.2009 09:33
Jedes Jahr bläst das US-Verteidigungsministerium 100 Milliarden Dollar für neue Waffen hinaus. Die Rüstungslobby gilt in den USA als eine der mächtigsten Bruderschaften, gegen die kämpferische Politiker meistens den Kürzeren ziehen. US-Präsident Barack Obama hat dennoch versprochen, den scheinbar unkontrollierten Geldfluss zwischen Staatskasse und privaten Auftragsempfängern in einen geordneten Verlauf zu zwingen. Am Donnerstag legte er einen kühnen Plan vor: In den nächsten fünf Jahren sollen 20.000 neue Arbeitsplätze im Pentagon geschaffen werden. Die einzigen Aufgaben der Mitarbeiter: bestehende Waffendeals prüfen, neue kontrollieren - und viele, viele Milliarden einsparen.

Angesichts drohender Rekorddefizite im US-Haushalt muss Obama Kürzungen in seinem aktuell zur Debatte stehenden Budget für 2010 vornehmen. Obama stellte am Donnerstag in Washington eine Liste von Ausgabenstreichungen vor, die den Haushalt im Budgetjahr 2010 um 17 Milliarden Dollar entlasten sollen. Dies entspricht etwa einem halben Prozent des bisher geplanten Budgetvolumens von 3,44 Billionen Dollar.

Etwa die Hälfte der geplanten Einsparungen an 121 Ausgabenposten soll bei den Verteidigungsausgaben erfolgen. So soll das Pentagon komplett auf die geplante Entwicklung eines neuen Langstreckenbombers verzichten. Auch die Anschaffung einer neuen Hubschrauberflotte für den Präsidenten, die allein mit mehr als elf Milliarden Dollar zu Buche geschlagen hätte, soll gestrichen werden. Doch die Pläne für eine Reform der Streitkräfte gehen weit über die Jahresplanung hinaus...

Kampfansage an die Rüstungsindustrie
"Wenn er Nein sagt, heißt das auch Nein. Das will Obama der Lobby hiermit deutlich machen", schreibt die "New York Times". Erstmals stehen die Lobbyisten kräftigen Veränderungen im Verteidigungsressort nämlich so gut wie machtlos gegenüber. Viele "Pro army"-Republikaner sind aufgrund der Wirtschaftskrise jetzt auf Obamas Seite der Budgetkürzungen. Kongressmitgliedern und Senatoren, denen die Nähe zu Rüstungskonzernen nachgesagt wird, steigt die Regierung mit Ermittlungsverfahren gegen die Lobbyisten hinter den jeweiligen Politikern auf die Zehen. Und gegen das Argument, das 20.000 neue Jobs geschaffen werden sollen, kann ein Politiker derzeit schlecht ansprechen.

Projekte durchschnittlich 22 Monate im Rückstand
Das große Problem, das Obamas Verteidigungsminister Robert Gates - ein Republikaner, der nach Donald Rumsfeld noch in der Bush-Administration dieses Amt bekleidet hatte - angehen muss: Die 96 größten Waffenprogramme der USA sind zusammen 300 Milliarden Dollar schwer. Durchschnittlich sind die jeweiligen Firmen mit den Lieferungen bzw. ihren Forschungsresultaten aber satte 22 Monate im Rückstand. Die Kosten überschreiten vielfach die Erwartungen. Den Verträgen mit Firmen wie Lockheed Martin, Boeing, General Dynamics oder BAE Systems liegen aber meistens keine Gesamtsummen zu Grunde. Oftmals fehlt sogar ein konkreter Wunsch, was bei einem Forschungsprogramm rauskommen soll.

Kürzere Verträge, mehr "brauchbare" Waffen
In Zukunft sollen die Verträge (etwa bei Munition, Fahrzeugen, Flugzeugen und "einfachen" Waffen) des Pentagons mit der Rüstungsindustrie auf zwei Jahre beschränkt werden. Längere Laufzeiten werde es nur geben, wenn dem Steuerzahler dadurch ein "spürbarer Vorteil" entsteht. Obama hatte bereits im Februar Lockheed Martin attackiert, weil das Unternehmen für die neue Helikopter-Flotte des Hauses einen üppigen Vertrag erwirkt hatte. Obama nannte diesen Ankauf durch das Verteidigungsministerium (unter Bush) einen "Amoklauf", bevor er ihn jetzt stornierte. In Zukunft sollen auch sämtliche Ausgaben durch Senat und Kongress laufen, derzeit sind es nur 25 Prozent.

Die US-Regierung ließ durchblicken, dass das Verteidigungsbudget künftig zu einem größeren Teil für "brauchbare" Waffensysteme aufgewendet werden solle. Statt futuristischer Raketenschilder (Verteidigungsminister Gates kündigte am Donnerstag an, dass das 7,5 Milliarden Dollar schwere Programm um 1,2 Milliarden gekürzt wird) soll Gerät erzeugt werden, dass von den Truppen im Irak und in Afghanistan eingesetzt werden kann.

Mehr Staatsdiener, weniger Vertragspartner
Derzeit arbeiten 127.000 Staatsangestellte und 52.000 Vertragspartner für das Pentagon. In fünf Jahren sollen es 147.000 Staatsangestellte und nur mehr 41.000 "freie Mitarbeiter" sein, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Von den 20.000 Mitarbeitern, die in Zukunft für die Abwicklung von Waffendeals sorgen werden, sollen knapp die Hälfte ehemalige Vertragsbedienstete sein, die dann in den Staatsdienst übernommen werden. Der Fünfjahresplan werde adäquat dimensionierte, fähige und in ethischer Hinsicht verantwortungsbewusste Streitkräfte hervorbringen, so die US-Regierung. Den Satz "Wir können keine zwei Kriege in Krisenregionen führen und gleichzeitig weiter Milliarden beim Fenster rauswerfen" steuerte in der Diskussion ausgerechnet ein ehemaliger Kontrahent Obamas bei: Auch Senator John McCain steht in Sachen Pentagon-Reform voll hinter dem US-Präsidenten...

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