"Semmel-Mord"

70-jähriger Nervenklinik-Patient freigesprochen

Österreich
05.05.2009 07:50
Ein 70-jähriger Steirer, der beschuldigt wurde, im vorigen Sommer einen Patienten in der Grazer Landesnervenklinik getötet zu haben, ist am Montag vor Gericht freigesprochen worden. Die Geschworenen befanden den in psychiatrischer Behandlung befindlichen Mann für unschuldig, seinem damaligen Zimmernachbarn eine Semmel und eine kleine Streichwurstdose mit Gewalt in den Hals gesteckt zu haben, worauf der am Bett fixierte Mann hilflos erstickte. Der Staatsanwalt legte sofort Nichtigkeitsbeschwerde ein, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte, der am Montag 70 Jahre alt wurde, wirkte vor Gericht nicht verhaltensauffällig. Er beantwortete die Fragen des Richters und konnte sich sogar an die genauen Daten noch erinnern. Zur Tat selbst konnte er allerdings kaum brauchbare Angaben machen. Tatsache ist, dass der Beschuldigte seit den 60er Jahren immer wieder in die Nervenklinik eingeliefert wurde, er leidet laut Gutachter Peter Hofmann unter "hochgradiger Geisteskrankheit".

Im Juni vorigen Jahres war er gerade wieder eingeliefert worden, nachdem er in Leoben randaliert hatte. Sein Zimmernachbar, der am Bett festgebunden war und sich nicht rühren konnte, wurde am Abend von einem Pfleger halb erstickt aufgefunden. Jemand hatte ihm eine Semmel und eine kleine Dose Streichwurst in den Mund gesteckt und mit der Hälfte einer langen Semmel so lang nachgestopft, bis der Kranke keine Luft mehr bekam. Er starb trotz sofortiger Rettungsmaßnahmen.

DNA-Spuren passen nicht zum Angeklagten
Der 70-jährige Steirer stand als Täter für die Polizei bald fest, es ging daher nur um die dauerhafte Einweisung, da er sowie nicht zurechnungsfähig ist. Doch die Anwältin gab zu bedenken, dass an diesem Abend neun weitere Patienten Zugang zum Opfer hatten. Der Angeklagte bestritt die Tat. Auf der Streichwurstdose wurden zwar DNA-Spuren gefunden, diese stammten allerdings nicht vom Beschuldigten.

Nach dem Vorfall wurden in der Nervenklinik zur besseren Überwachung der Patienten weitere Sichtfenster eingebaut, außerdem gibt es jetzt neue Alarmsysteme für Patienten wie eine spezielle Armbanduhr und eine Art kleiner Ball, der im Zimmer montiert ist und einen Lichtruf auslöst. Kameras zur Videoüberwachung waren zwar seit dem Vorfall ein Thema, wurden aber noch nicht installiert: "Das wurde zwar mit der Patientenanwaltschaft diskutiert, wir haben uns aber bis jetzt nicht zur Umsetzung entschieden", so Betriebsdirektor Bernhard Haas.

Urteil nicht rechtskräftig
Die Geschworenen entschieden mit 6:2 Stimmen, dass der 70-Jährige nicht der Täter war und lehnten damit den Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ab. Der Staatsanwalt kündigte sofort Nichtigkeitsbeschwerde an, die Entscheidung ist damit nicht rechtskräftig.

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