Fahrlässige Tötung

ÖBB-Mitarbeiter nach tödlichem Unfall verurteilt

Wien
04.05.2009 14:26
Ein ehemaliger Fahrdienstleiter der ÖBB ist am Montag im Wiener Straflandesgericht rechtskräftig wegen fahrlässiger Tötung verurteilt worden. Der zuletzt am Bahnhof Stadlau tätige Mann hatte am 6. Juli 2007 für den Verschubzug 75042 eine falsche Fahrstrecke gelegt. Dadurch wurde die Strecke vorzeitig wieder freigegeben, eine Schrankenanlage am Bahnübergang Hausfeldstraße in Wien-Donaustadt blieb geöffnet.

Prompt kollidierte ein Autolenker, der den Bahnübergang bei geöffneten Schranken querte, mit der Lok eines herannahenden Zuges. Der Pkw überschlug sich, der 46-jährige Lenker starb noch auf dem Weg ins Spital.

Strafe relativ gering
Die Strafe für den ÖBB-Mitarbeiter fiel mit 7.200 Euro Geldbuße, von der zudem noch die Hälfte bedingt nachgesehen wurde, allerdings recht milde aus. Begründung: Zwar war an seinem schuldhaften Verhalten nicht zu rütteln, "doch das Hauptverschulden trifft die heute nicht angeklagte ÖBB. Hätte diese eindeutigere Vorschriften erlassen, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen", so Verteidiger Edwin Mächler.

Automatische Schrankenschließung bewusst umgangen
In der Tat ließ das Verfahren das Verhalten der ÖBB für Außenstehende in einem eigenartigen Licht erscheinen. Offenbar war es nämlich jahrelang gängige Praxis, dass auf der Strecke Stadlau-Raasdorf Verschubgarnituren mit einem sogenannten Ersatzsignal und nicht mit Grünlicht abgefertigt wurden, was die automatische Schließung der Schrankenanlagen zur Folge gehabt hätte. Ein Betriebsrat der ÖBB, selbst Lokführer, gab im Zeugenstand unter Wahrheitspflicht an, ihn habe schon vor Jahren ein unbehagliches Gefühl beschlichen, weil er die Hausfeldstraße ungesichert passieren musste.

Reaktion auf Anrainerbeschwerden
Auch im zuständigen Ministerium war offensichtlich bekannt, dass auf besagter Strecke die Schrankenanlagen nur je nach Bedarf von den Fahrdienstleitern und nicht automatisch - was bei Grünlicht der Computer besorgt hätte - heruntergelassen wurden. Die Richterin zitierte aus einer Stellungnahme des Infrastrukturministeriums, wonach Züge aufgrund von Anrainerbeschwerden - motorisierten Anwohnern waren demnach die langen Wartezeiten vor den geschlossenen Schranken nicht genehm - mit Ersatzsignal Richtung Raasdorf befördert wurden. "Und das, obwohl zuletzt fünfmal täglich Züge diese Strecke genommen haben", zeigte sich der Verteidiger verwundert.

Unterlagen beim Altpapier
Noch mehr wunderte den Anwalt der Umstand, dass die ÖBB wenige Tage vor der Verhandlung seinen Mandanten entlastende Unterlagen beseitigen habe wollen, wie er behauptete. Der Betriebsrat bestätigte diese Darstellung unter Wahrheitspflicht: Am 16. April 2009 wären trotz des offenen Strafverfahrens in einem Altpapiercontainer den Unfall betreffende Dokumente, darunter Ausdrucke aus dem Protokolldrucker, entdeckt worden.

Untersuchungen gegen ÖBB brachten kein Ergebnis
Seitens der Staatsanwaltschaft hieß es, in dem Verfahren wäre ursprünglich auch gegen die ÖBB als Verdächtige ermittelt worden. Die Untersuchungen hätten jedoch keine Hinweise auf ein schuldhaft rechtswidriges Vorgehen des Unternehmens ergeben.

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