Großes Vorhaben

Fiat will Weltkonzern schmieden

Ausland
05.05.2009 08:20
Fiat will zusammen mit Opel und Chrysler einen der größten Autokonzerne der Welt schaffen. Das italienische Unternehmen beabsichtige, die drei traditionsreichen Autobauer zu einem einzigen Konzern zu verschmelzen, sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne der "Financial Times" vom Montag. Marchionne stellte sein Konzept in Berlin der deutschen Bundesregierung vor. Der neue Autokonzern hätte laut Fiat einen Umsatz von rund 80 Milliarden Euro und soll jährlich bis zu sieben Millionen Autos verkaufen. Damit wäre er die weltweite Nummer zwei hinter Toyota und etwa gleichauf mit Volkswagen. Der deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hält eine Entscheidung zur Zukunft des Autobauers Opel noch in diesem Monat für möglich.

Technisch und industriell her sei der Zusammenschluss eine "Hochzeit im Himmel", sagte Marchionne. Damit nahm er die Formulierung auf, mit der einst die gescheiterte Fusion von Daimler und Chrysler gefeiert worden war.

Laut Fiat könnten für eine solche Fusion das Autogeschäft von Fiat aus dem Konzern herausgelöst und mit Chrysler und dem Europageschäft der Opel-Mutter General Motors (GM) verschmolzen werden. In die neue Gesellschaft sollten neben Opel auch die GM-Töchter Vauxhall und Saab eingebracht werden. Marchionne sagte, er wolle die Fusion schon bis Ende Mai abschließen und den neuen Konzern anschließend bis zum Ende des Sommers an die Börse bringen.

"Eine unglaublich simple Lösung"
"Es ist eine unglaublich simple Lösung für ein so ein vertracktes Problem", sagte Marchionne. Durch eine Fusion von Fiat und Opel könnten jährlich rund eine Milliarde Euro eingespart werden, berichtete die "Financial Times". Nach Berechnungen des Blatts anhand ähnlicher Fusionen in der Vergangenheit könnten bis zu 9.000 Arbeitsplätze bei einem solchen Zusammenschluss verlorengehen.

Marchionne hatte vor mehreren Monaten die Losung ausgegeben, künftig werde es nur noch fünf bis sechs große Autobauer auf der Welt geben. Sollte die Dreier-Fusion gelingen, wäre auch Fiat mit Opel und Chrysler darunter. Fiat hatte am Donnerstag, kurz nach dem Gang von Chrysler in die geordnete Insolvenz, die schon im Januar angekündigte Allianz mit dem US-Autobauer perfekt gemacht.

Magna unter den Interessenten für Opel
Fiat-Chef Marchionne traf am Montag Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), um das Konzept für einen Einstieg bei Opel darzulegen. Neben Fiat ist auch der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna unter den Interessenten für Opel. Der Opel-Betriebsrat hat sich gegen einen Fiat-Einstieg ausgesprochen. Die Arbeitnehmer-Vertreter fürchten, dass wegen der ähnlichen Modell-Palette der beiden Autobauer in Deutschland Stellen wegfallen werden.

Guttenberg sagte am Montag im Deutschlandfunk, die Konzepte der beiden Interessenten seien "von sehr unterschiedlicher Natur". Es gebe die "leise Hoffnung", dass mit den beiden Investoren die deutschen Standorte erhalten bleiben könnten. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte bei einem Besuch im Opel-Werk im thüringischen Eisenach, es komme darauf an, dass interessierte Investoren ein Konzept entwürfen, wie die Marke Opel auf dem Weltmarkt platziert werden solle. Entscheidungen seien noch nicht gefallen.

Opel-Betriebsratschef sieht Fiat-Einstieg kritisch
Nach einem Gespräch mit Fiat-Chef Sergio Marchionne steht Opel-Betriebsratschef Klaus Franz einem möglichen Einstieg der Italiener bei Opel weiter sehr kritisch gegenüber. "Wesentliche Fragen sind offen geblieben", sagte Franz am Montag zu "Spiegel Online". Verärgert habe ihn vor allem, dass vor dem Treffen durchsickerte, Fiat wolle bei einem Einstieg möglicherweise das Opel-Motorenwerk in Kaiserslautern schließen. "Das ist nicht die feine Art", sagte der Betriebsratschef.

Marchionne komme es offenbar vor allem auf einen Technologietransfer von Opel zu Fiat an, sagte Franz. Der Fiat-Chef habe aber nicht die Frage beantworten können, wie die Marke Opel innerhalb eines möglichen Konzerns aus Fiat, Chrysler und Opel positioniert werden solle. Opel müsste nach Ansicht des Betriebsrats preislich deutlich über der Einstiegsmarke Fiat angesiedelt sein.

Das Finanzierungskonzept von Fiat ist dem Opel-Betriebsrat auch nach dem Gespräch mit Marchionne "nicht klar", sagte Franz. Er habe den Eindruck gewonnen, dass der Fiat-Chef vor allem "beseelt ist von dem Gedanken, einen neuen Autokonzern zu schaffen, der zu den größten der Welt gehört". Die Unternehmensgröße sei aber, wie die Krise von General Motors zeige, nicht das entscheidende Erfolgskriterium.

Marchionne kontert Gewerkschaftern
Zu diesen Bedenken sagte Marchionne: "Opel kann in seiner jetzigen Größe niemals Geld verdienen, und wenn man kein Geld verdient, kann man nicht überleben. Ich verstehe die Ängste der Gewerkschaften - aber so ist die Realität." Fiat will nach einem Einstieg bei Opel nach drei Jahren mögliche Staatsbürgschaften zurückzahlen. "Opel verbrennt derzeit Geld, deswegen haben sie um Staatshilfe gebeten. Das darf aber nicht zu lange dauern. Der Staat hat bei Opel auf Dauer nichts verloren, wir müssen es ohne Steuergelder schaffen. Deshalb wollen wir die Bürgschaften in spätestens drei Jahren zurückzahlen", sagte Marchionne.

"Wir wollen keines der vier Opel-Werke in Deutschland schließen. Ich brauche die Werke in der Zukunft, um genügend Autos zu bauen. Aber natürlich müssen die Belegschaften verkleinert werden. Das wird niemand ändern können", so Marchionne im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung. Die Werke müssten aber effizienter werden. Auf eine genaue Zahl beim Abbau von Arbeitsplätzen wollte sich der Fiat-Chef aber nicht festlegen: "Ich kann ihnen heute aber noch nicht sagen, wie viele Mitarbeiter wir brauchen. Aber es werden weniger sein. Bitte vergessen sie nicht: Der erste Rettungsplan von Opel selbst sah die Schließung von zwei Werken vor."

Guttenberg: Entscheidung zu Opel noch im Mai möglich
Der deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hält eine Entscheidung zur Zukunft des Autobauers Opel noch in diesem Monat für möglich. Er halte eine Entscheidung noch im Mai nicht für ausgeschlossen, sagte der CSU-Politiker am Montagabend im ZDF-"heute Journal". Dabei dürfe man aber die Rolle der deutschen Bundesregierung nicht überschätzen: Die nächste grundlegende Entscheidung liege beim Opel-Mutterkonzern General Motors, betonte Guttenberg. Auf der Grundlage dieser Entscheidung könne die Regierung dann über das Ob und Wie einer staatlichen Hilfe entscheiden.

Eine Entscheidung sollte "nicht auf ewig hinausgeschoben werden", sagte der Minister. Ansonsten sei es möglich, dass es zu Liquiditätsengpässen komme oder dass in den USA ein Insolvenzverfahren gegen GM eingeleitet werde. Guttenberg dementierte zugleich, dass Fiat-Chef Sergio Marchionne bei seinem Gespräch in Berlin gesagt habe, die in Kaiserslautern gefertigten Opel-Motoren seien "großer Mist", an dem Fiat kein Interesse habe. Er habe ein Konzept vorgestellt, bei dem zunächst die Montageendwerke gesichert seien, dazu zähle aber objektiv nicht das Motorenwerk in Kaiserslautern.

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