Debatte ums Heer

Opposition setzte Minister Darabos das Messer an

Österreich
26.02.2009 18:24
Erst Anfang der Woche bekamen die Österreicher schockierende Bilder aus desolaten Kasernen des Bundesheers zu Gesicht. Die FPÖ hat jetzt am Donnerstag die budgetäre Situation des Militärs mit einem dringlichen Antrag - der abgelehnt wurde - ins Parlament gebracht. Unter dem Titel "budgetäre Zersetzung des österreichischen Bundesheeres" wurde Verteidigungsminister Darabos von der Opposition in einer zweieinhalbstündigen Debatte aber sprichwörtlich das Messer angesetzt.

Die FPÖ warf Darabos in dem Antrag vor, seine Prioritäten "sportlich genommen bei der Imageaufbesserung" gesetzt zu haben. Das Bundesheer würde seit Jahren "methodisch verunsichert". "Ursachen sind primär unausgegorene, weil nicht zu Ende geführte Reformen und, in deren Folge, ebenso unausgegorene, weil finanziell ungenügend bedeckte Reformschritte", kritisierte die FPÖ.

Damit sei die Erfüllung der verfassungsrechtlich festgeschriebenen Aufgaben des Bundesheeres nicht mehr in vollem Umfang sichergestellt. Es fehle an Ausrüstung und Material, die Modernisierung der Hubschrauberflotte und die Nachfolge der veralteten Saab-105-Flieger stünden an und der Ersatz des überalterten Fuhrparks gehe "äußerst schleppend voran". Nicht einmal jeder Soldat habe einen neuen Kampfanzug. Dazu komme die Belastung durch die Eurofighter-Beschaffung, die, entgegen den politischen Versprechungen, das laufende Heeresbudget nicht zu belasten, dennoch aus diesem finanziert werden müsse.

FPÖ kritisiert Ministeriumsumbenennung
Bezug nehmend auf den Bericht der Bundesheerreformkommission verlangten die Blauen eine Erhöhung des Budgets auf ein Prozent des BIP bzw. 2,86 Miliarden Euro. Es sei Aufgabe der Bundesregierung, dem Bundesheer einen "angemessenen Stellenwert und damit auch das notwendige Budget" zukommen zu lassen. Als "Tüpfelchen auf dem i" sehen die Blauen die Umbenennung des Ressorts auf Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport und die damit verbundenen Kosten für Schilder, Briefpapier, Email-Adressen, Visitenkarten, Ausweise, etc.

Darabos: "Weit über zwei Milliarden" - mit Kürzungen
Das Bundesheer habe für das kommende Jahr ein Budget von "weit über zwei Mrd. Euro", sagte Minister Darabos in seiner Replik zum Dringlichen Antrag der FPÖ. Er bestätigte aber gleichzeitig, dass er bei den Budgetverhandlungen Kürzungen hinnehmen musste. Angesichts der Krise könne sich kein Minister ausnehmen, das Bundesheer werde aber durch "Umschichtungen" den Aufgaben im In- und Ausland gerecht werden, so der Minister.

Das Budgetergebnis sei mit "Augenmaß" zu bewerten, so Darabos. Die Kosten für die Eurofighter, die das Heeresbudget schwer belasten, ließ sich der Minister aber "nicht umhängen". Viel mehr werden in Kürze die durch seinen Deal eingesparten 250 Mio. Euro "cash auf das Konto der Republik" landen. Für die Anschaffungskosten selbst sei er nicht verantwortlich, sondern jene, die den Vertrag ausverhandelt haben. Der Eurofighter sei ein gutes Flugzeug, koste aber viel, so Darabos.

"Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht"
Er verteidigte auch als "Burgenländer und Staatsbürger" (zuvor und auch danach hatten sich einige Abgeordnete demonstrativ als "deutsche Österreicher" bezeichnet, Darabos ist Burgenlandkroate, Anm.) den umstrittenen Assistenzeinsatz. Da könnten ihm "urbane Kreise erzählen, was sie wollen". Darabos bestritt auch, dass es im Milizbereich Probleme gebe, Freiwillige zu rekrutieren. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", so der Ressortchef.

Darabos erinnerte die FPÖ an die Jahre, als Freiheitliche das Ressort geführt haben, da sei es um das Heer schlechter bestellt gewesen. Auch die aktuell diskutierten Bauzustände von Kasernen seien eine Folge von Versäumnissen in den letzten Jahrzehnten. In seiner Amtszeit seien 230 Mio. Euro in Gebäude investiert worden und 290 Mio. Euro in den Ankauf von Beschaffungselementen.

Die weitere Debatte: FPÖ-Wehrsprecher Peter Fichtenbauer sprach seinerseits von einem "Aushungern des Bundesheeres auf budgetärer Ebene". Der "Übelstand" sei zwar nicht die Schuld des amtierenden Verteidigungsministers, sondern das Erbe einer langen Kette von Versäumnissen, aber Darabos trage die politische Verantwortung. Er verlangte mehr Geld fürs Heer und ortete einen jährlichen Fehlbestand von 250 Mio. Euro, der der Zusatzbelastung durch die Eurofighter-Beschaffung entsprechen würde und dem Bundesheer zu refundieren sei. Fichtenbauer listete eine Reihe von Mängeln auf, so sei die Ausrüstung unzureichend, bei der Miliz fehlen die Mittel und der Bauzustand mancher Kasernen sei katastrophal.

Der ÖVP-Abgeordnete Norbert Kapeller erfreute sich daran, dass der Verteidigungsminister acht Millionen Euro mehr herausverhandelt habe, womit das Heer seine Aufgaben umsetzen könne.

Für das BZÖ zeigte sich der orange Abgeordnete Gernot Darmann überrascht. Seiner Information nach wird das Verteidigungsressort nämlich über 140 Millionen Euro weniger verfügen. Der BZÖ-Mandatar vermutet nun, dass Österreich in der EU mit dem Verteidigungsbudget spätestens 2010 die rote Laterne umgehängt bekommen werde. Geld frei machen könnte man seiner Ansicht nach beim Assistenzeinsatz, da die Soldaten dort mangels Einsatzmöglichkeit nur noch als bezahlte Bewegungsmelder fungierten. Da sie selbst nicht aktiv werden könnten, seien sie mittlerweile ein reiner Kostenfaktor.

Der gleichen Sache widmete sich der FPÖ-Abgeordnete Lutz Weinzinger. Er verlangte zwar keine Abschaffung des Assistenzeinsatzes, forderte aber, dass das Innenministerium die Kosten dafür übernehmen müsse.

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz betonte, dass aus seiner Sicht die Bundesheer-Reform gescheitert und auch nicht mehr zu retten sei. Es sei aber immer schon klar gewesen, dass nur entweder der Eurofighter-Kauf oder die Umsetzung der Reform finanziell machbar sei. Für Pilz steht Österreich nun am Beginn einer Krise der österreichischen Landesverteidigung. Die Verantwortung dafür trage Verteidigungsminister Norbert Darabos.

Dieser bekam dafür kräftiges Lob aus den Koalitionsreihen. SP-Wehrsprecher Stefan Prähauser betonte, dass Darabos sein Budget sehr gut verhandelt habe. Er wünsche ihm beim nächsten Mal eine besser Wirtschaftslage, um mehr Geld für das Bundesheer herauszubekommen. Kapeller erinnerte FPÖ und BZÖ daran, dass unter ihren Verteidigungsministern auch nicht das anvisierte Prozent des Bruttoinlandsproduktes für das Heer zustande gekommen sei.

Ergebnis: Antrag abgelehnt
Der Dringliche Antrag der FPÖ zum Heeresbudget ist dann am Donnerstagnachmittag nach zweieinhalbstündiger Debatte erwartungsgemäß abgelehnt worden. Mit der FPÖ stimmte lediglich das BZÖ mit - keine Erhöhung der Mittel für das Bundesheer auf mindestens 2,86 Milliarden Euro bzw. ein Prozent des BIP.

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