"Botschafter-Krimi"

Polizisten sollen für Kasachstan spioniert haben

Österreich
17.02.2009 19:43
Zwei niederösterreichische Kriminalbeamte sind vom Dienst suspendiert und verhaftet worden, weil sie für Kasachstan spioniert haben sollen. Die beiden Männer sollen im Polizeicomputer "Ekis" Abfragen für die kasachische Regierung vorgenommen haben. Offenbar ging es um Informationen zum früheren kasachischen Botschafter in Wien, Rakhat Aliyev, um dessen Auslieferung ein Justizstreit zwischen Astana und Wien tobt. Laut "Krone"-Informationen soll sich einer der Kripo-Beamten mit 100.000 Euro für den Spionage-Job bestechen haben lassen.

Aliyev ist seit Monaten untergetaucht, sein Aufenthaltsort ist den österreichischen Behörden aber bekannt. Mehrmals wurde schon versucht, ihn aus Österreich zu entführen. Aber auch auf legalem Weg rückt man ihm aus Kasachstan zu Leibe: Die Frau eines vermissten kasachischen Bank-Managers, an dessen Verschleppung Aliyev beteiligt gewesen sein soll, war erst vor kurzem in Wien, um die Ermittlungen gegen den Ex-Botschafter voranzutreiben.

In seiner Heimat wurde Aliyev in Abwesenheit bereits zu insgesamt 40 Jahren Haft verurteilt. Die Auslieferung an Astana wurde seinerzeit mit der Begründung verwehrt, Aliyev könne kein faires Verfahren in seiner Heimat garantiert werden.

Nach Hausdurchsuchungen verhaftet
Die Amtshandlung gegen die beiden Beamten - einer von ihnen wurde in U-Haft genommen - sei nach Hausdurchsuchungen bereits am vergangenen Mittwoch erfolgt, heißt es. Einer der beiden Männer sei bereits in einer anderen Causa suspendiert gewesen, berichtet Innenministeriums-Sprecher Rudolf Gollia. Erst Ende Jänner war ein Polizeibeamter in erster Instanz verurteilt worden - krone.at berichtete -, weil er für Kasachstan Spitzeldienste gelistet hatte.

Handelte es sich bei dem verurteilten Polizisten noch um einen "einfachen" Beamten, so dürften die niederösterreichischen Polizisten in wesentlich höheren Positionen gesessen sein. Bei einem der beiden Suspendierten soll es sich gar um einen ehemaligen Beamten des Büros für Interne Angelegenheiten handeln, das unter anderem ausgerechnet für Korruptionsfälle im Innenministerium zuständig ist.

"Wir ermitteln wegen Amtsmissbrauchs und geheimer Nachrichtendiensttätigkeiten zum Nachteil Österreichs", sagt Gerhard Jarosch, Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft.

Ex-Botschafter fiel in Ungnade und setzte sich ab
Die kasachische Justiz wirft Aliyev, dem früheren Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, vor, in mehrere Mord- und Entführungsfälle verwickelt zu sein. Aliyev spricht jedoch von einer politischen Intrige. Als ihm der kasachische Boden zu heiß wurde, nachdem Nasarbajew seine schützende Hand von ihm genommen hatte, setzte sich Aliyev in den Westen ab.

Auch als abgesetzter Botschafter blieb er in Wien. Dennoch wurde er im Sommer 2007 auf Ersuchen Kasachstans in Wien in Auslieferungshaft genommen. Das Wiener Landesgericht entschied jedoch, dem Auslieferungsansuchen nicht Folge zu leisten, weil Aliyev in seiner Heimat mit keinem fairen Verfahren rechnen könne. Diese Entscheidung verschlechterte jedenfalls die Beziehungen zwischen Österreich und Kasachstan.

Frauen der Verschleppten machten Druck
Der in Österreich untergetauchte Ex-Diplomat wurde inzwischen von seiner Frau, der Nasarbajew-Tochter Dariga, zwangsgeschieden. Hinter der Affäre und den schwerwiegenden Anschuldigungen gegen den 45-jährigen Ex-Schwiegersohn Nasarbajews wurde vermutet, dass Aliyev Ambitionen auf das Präsidentenamt habe erkennen lassen. Mittlerweile wurde Aliyev - Ex-Botschafter, Ex-Geheimdienstmann, Arzt, Geschäftsmann und Banker - in Kasachstan in Abwesenheit zu insgesamt 40 Jahren Haft verurteilt.

Beschuldigt wird der Ex-Botschafter auch, zwei Manager der kasachischen Nurbank, verschleppt zu haben. Die Ehefrauen der beiden verschwundenen Bankmanager klagten noch vor einigen Monaten, in der westlichen Presse lasse man den Täter als "Experten in Sachen Demokratie in Kasachstan" auftreten. Zweifellos führte der Ex-Diplomat, nachdem er in Ungnade gefallen war, in der westlichen Öffentlichkeit eine sehr geschickte Kampagne.

Verfahren neu aufgerollt
Nachdem Armangul Kapasheva, Ehefrau des verschleppten Managers Zholdas Timraliev, von österreichischen Behörden Ende Jänner intensiv befragt wurde, sieht sie nun einen "Wendepunkt" im Verhalten der Justiz. Dem "Profi" Aliyev sei es zwar gut gelungen, sich in Österreich als politisch Verfolgter darzustellen. Mittlerweile habe sie aber den Eindruck gewonnen, dass die Entscheidungsträger in Kasachstan und in Österreich "jetzt wissen, mit wem sie es zu tun haben", sagte sie in Wien nach der Zeugeneinvernahme durch die Staatsanwaltschaft, die den Fall neu aufrollt.

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